Startseite » Technik » Forschung »

Nervenstimulation und 4D-Druck: Elektroden wickeln sich um Nerven

Nervenstimulation
4D-Druck: Feine Nerven stimulieren

4D-Druck: Feine Nerven stimulieren
Mit Hilfe von Laserpulsen wird die aufgedampfte Goldschicht in leitfähige Bahnen strukturiert (Bild: Andreas Heddergott / TUM)
Forschende entwickeln flexible Elektroden. Nach dem 3D-Druck falten sich diese bei Kontakt mit Feuchtigkeit von selbst und umschließen so sehr dünne Nervenfasern. Diese Form des 4D-Drucks ermöglicht eine künstliche Stimulation, die zum Beispiel zur Schmerzbehandlung interessant ist.

Formen sich 3D-gedruckte Objekte nachträglich gezielt um, zum Beispiel durch Feuchtigkeit oder Wärme, nennt man das 4D-Druck. Forschende der Technischen Universität München (TUM) und des Medical & Health Informatics (MEI) Lab von NTT Research haben 4D-gedruckte Elektroden entwickelt. Sie umschließen von selbst hauchdünne Nervenfasern, sobald man die Elektroden ins feuchte Körpergewebe bringt.

Tissue Engineering: Roboter für automatisierten 4D-Druck von Gewebe

Mit feinen Elektroden Nerven künstlich stimulieren

Das Nervensystem steuert unsere Bewegungen durch elektrische Impulse. Sie werden von Nervenzelle zu Nervenzelle weitergegeben, bis schließlich beispielsweise eine Muskelkontraktion ausgelöst wird. Nervenzellen lassen sich jedoch auch künstlich stimulieren. Dafür werden Nerven über angelegte oder implantierte Elektroden mit Stromimpulsen angeregt.

Implantat könnte Medikamente ersetzen

Eingesetzt wird die so genannte periphere Nervenstimulation beispielsweise, um chronische Schmerzen oder Schlafapnoe zu behandeln. Auch für Depressionen und Epilepsie gibt es bereits klinische Anwendungen, bei denen der Vagusnerv stimuliert wird. Dieser ist mit einem Durchmesser von mehreren Millimetern verhältnismäßig dick. Schwieriger wird die Stimulation bei haarfeinen Nerven mit zehn bis zu mehreren hunderten Mikrometern, da hier auch die Elektroden entsprechend fein und präzise hergestellt werden müssen. Auch das Einsetzen und Anbringen der Elektrode am Nerv ist im Mikrometerbereich komplizierter.

Living Materials und Hydrogele – verblüffend einfache Lösungen

Im 3D-Druck gefertigt, aber veränderlich im flüssigen Milieu

Die neue Elektrode wird zunächst per 3D-Druck gefertigt. Dadurch lassen sich Form, Durchmesser und weitere Merkmale flexibel justieren. Die äußere Seite besteht aus einem biokompatiblen Hydrogel, das bei Kontakt mit Feuchtigkeit anschwillt. Das Material auf der Innenseite ist flexibel, schwillt jedoch nicht mit an. Durch diesen Aufbau schließen sich die Elektroden bei Feuchtigkeit von selbst ringförmig um die Nerven.

Die strukturierte Titan-Goldbeschichtung auf der Innenseite der Elektroden überträgt die elektrischen Signale zwischen Elektroden und Nervenfasern. „Durch den engen Kontakt zwischen den gefalteten Manschetten und den Nerven können wir mit den Elektroden sowohl Nerven stimulieren, als auch Nervensignale messen“, sagt Bernhard Wolfrum, Professor für Neuroelektronik am Munich Institute of Biomedical Engineering (MIBE) der TUM und Leiter der Studie. Dies erweitert die Möglichkeiten für potentielle Einsatzbereiche.

Bluthochdruck, Epilepsie oder Depressionen mit einem Implantat behandeln

Neue Elektroden sind robust und einfach zu handhaben

Für die neuen Elektroden sind zukünftig verschiedene biomedizinische Anwendungen denkbar, so zum Beispiel eine Verbesserung von Implantaten für Schlafapnoe. Bei dieser Erkrankung fällt die Zunge nach hinten Richtung Rachen und verschließt kurzzeitig die Atemwege. Stimuliert man die Muskeln, die die Zunge nach vorne ziehen, lässt sich das Problem beheben.

Die selbst faltenden Elektroden sind einfach zu handhaben und robust. Das Forschungsteam konnte ihren Einsatz bereits in Heuschrecken demonstrieren, bei denen feine Nerven mit einem Durchmesser von 100 µm ummantelt wurden, ohne die Nerven zu beschädigen. So konnten die Wissenschaftler deren Muskeln gezielt stimulieren.

Aktuell noch im Grundlagenstadium, könnten die Elektroden zukünftig ein wichtiges Mittel sein, um die periphere Nervenstimulation in die breitere klinische Anwendung zu bringen.

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/adma.202210206
www.bioengineering.tum.de

Unsere Webinar-Empfehlung
Aktuelle Ausgabe
Titelbild medizin technik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Titelthema: PFAS

Medizintechnik ohne PFAS: Suche nach sinnvollem Ersatz

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Aktuelles Webinar

Multiphysik-Simulation

Medizintechnik: Multiphysik-Simulation

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de