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Holmlose Spritzgießmaschine ermöglicht präzise Inhalatorenfertigung

Kunststoffspritzguss
Geprüfte Präzision für Inhalatoren in einer holmlosen Spritzgießmaschine

Weit über 100 Millionen Inhalatoren in verschiedenen Ausführungen stellt Gerresheimer im Jahr her. Das Unternehmen setzt dabei auf die E-Victory von Engel. Das Vertrauen in die holmlosen Spritzgießmaschinen haben sich die Gerresheimer Entscheider zuvor hart erarbeitet.

Susanne Zinckgraf
Engel Austria, Schwertberg

Die Inhalatoren von Gerresheimer bestehen jeweils aus einer Vielzahl anspruchsvoller Spritzgießteile, die am Standort Pfreimd, 40 Autominuten nördlich von Regensburg, produziert werden. E-Victory Spritzgießmaschinen des Herstellers Engel Austria GmbH aus Schwertberg sichern dem Unternehmen dabei eine hohe Effizienz.

„Maßhaltigkeit und Prozessstabilität sind unser oberstes Gebot“, macht Peter Felber, Global Senior Director Operational Excellence von Gerresheimer, beim Rundgang durchs Produktionswerk deutlich. Eine hohe Maßhaltigkeit sei nicht nur für die automatisierte Montage wichtig, sondern vor allem für die zuverlässige Funktion der Produkte. Bei bestimmten Erkrankungen kann davon das Leben der Patienten abhängen. Die von Gerresheimer produzierten Inhalatoren enthalten zum Beispiel Medikamente gegen Asthma, COPD oder Mukoviszidose.

Auf E-Victory-740/180-Spritzgießmaschinen werden für solche Inhalatoren unter anderem so genannte Antriebsrohre produziert. Die zylindrischen Bauteile aus PBT weisen verschiedene Montage- und Funktionselemente auf und umschließen im fertig montierten Inhalator die Wirkstoffpatrone. Mit der neuen Inhalator-Generation hat ein Kunde von Gerresheimer auf ein umweltfreundliches, wiederverwendbares System mit austauschbaren Wirkstoffpatronen umgestellt. Einige funktionsrelevante Spritzgießteile mussten dafür neu konzipiert und konstruiert werden. Als Systemanbieter begleitet Gerresheimer seine internationalen Kunden von der Produktentwicklung und Industrialisierung über die Produktion und Montage unter GMP- und FDA-Bedingungen bis zur Funktionsprüfung, Verpackung und Logistik.

Holmlose Schließeinheit hält Produktionszellen kompakt

Die Antriebsrohre werden nach dem Spritzgießen automatisiert aus dem Werkzeug entnommen, in Trays gestapelt und ins Zwischenlager gebracht. Da auch das Hochregallager Teil des Reinraums ist, müssen die Teile nicht aufwendig verpackt werden. Sie stehen für die Montage jederzeit schnell wieder zur Verfügung. Das Besondere im Werk Pfreimd ist, dass alle Reinraum-Produktionsbereiche, die zusammen über 20 000 m2 umfassen, miteinander verbunden sind. Somit entfallen für das Personal während der Arbeit alle Ein- und Ausschleusvorgänge.

„Wichtig im Reinraum ist, dass die Produktionsfläche optimal genutzt wird“, macht Felber deutlich. Zur Steigerung der Flächenproduktivität setzt Gerresheimer deshalb immer mehr hoch belegte Mehrkavitätenwerkzeuge ein, die üblicherweise entsprechend große Spritzgießmaschinen erfordern. Die E-Victory-Maschinen mit ihrer holmlosen Schließeinheit können hier ihre Stärken voll ausspielen. Da keine Holme stören, lassen sich die Werkzeugaufspannplatten bis an den Rand vollständig ausnutzen. Damit passen große Werkzeuge auf vergleichsweise kleine Spritzgießmaschinen, was bei engen Platzverhältnissen eine deutlich bessere Raumnutzung ermöglicht.

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Der barrierefreie Zugang zur Schließeinheit der holmlosen E-Victory macht manuelles Arbeiten am Werkzeug besonders einfach
(Bild: Engel)

Dieser Vorteil kommt gleichermaßen beim Einsatz von Mehrkavitätenwerkzeugen und der Produktion von geometrisch komplexen Bauteilen, die im Werkzeug Schieber und Kernzüge erfordern, zum Tragen. Die zum Abformen der Teile benötigte Schließkraft ist in beiden Fällen kleiner als die installierte Schließkraft einer Holmmaschine, deren Holmabstände groß genug wären, ein solches Werkzeug aufzuspannen. „Beim Einsatz einer Holmmaschine bräuchten wir für unsere Mehrkavitätenwerkzeuge eine höhere Schließkraftklasse“, sagt Helmut Neuper, Expert Injection Molding Technology bei Gerresheimer. „Die Holmlostechnik hilft uns, kleinere Maschinen mit einem niedrigeren Energieverbrauch auszuwählen.“

Da Handlingsysteme zum Entformen der Spritzgießteile direkt von der Seite aus in den Werkzeugbereich einfahren können, ist beim Einsatz holmloser Spritzgießmaschinen oft auch die Anlagenhöhe geringer als beim Einsatz von Holmmaschinen. Dies ermöglicht den Einsatz von Standardrobotern auch in niedrigen Produktionshallen.

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Dynamische Plattenparallelität dauerhaft stabil

Mehr als 30 holmlose Spritzgießmaschinen betreibt Gerresheimer, und auch für viele zukünftige Projekte ist diese Bauart gesetzt. Der Weg dorthin war jedoch lang. „Es gab anfangs deutliche Vorbehalte gegenüber der holmlosen Schließeinheit bei uns im Haus“, berichtet Neuper. „Wie ist es mit der Plattenparallelität beim Öffnen und Schließen der Form? Kann man ohne Holme Präzisionsteile produzieren? Führt die Holmlostechnik zu einem schnelleren Verschleiß des Werkzeugs? – Diese Fragen beschäftigten unsere Fachexperten.“

Die Verantwortlichen wollten es dennoch wissen und nahmen 2016 Kontakt mit Engel auf. Nicht um eine holmlose Maschine für die Produktion zu bestellen, sondern zum Messen der dynamischen Plattenparallelität der holmlosen Schließeinheit. Über ein ganzes Jahr lang testete Gerresheimer eine E-Victory-Maschine auf Herz und Nieren. Hierfür wurde ein XD-Lasermessgerät an der Oberseite des Werkzeugs befestigt und jeweils die Entfernung zur beweglichen Aufspannplatte erfasst. Und das mehrfach über den gesamten Spritzgießzyklus bei verschiedenen Öffnungszuständen des Werkzeugs und bei verschiedenen Werkzeugtemperaturen.

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„Das Ergebnis hat uns überzeugt“, so Neuper. 2017 wurde am Standort Pfreimd eine erste E-Victory-Spritzgießmaschine für den regulären Produktionsbetrieb installiert. Das Messen jedoch ging weiter. Eine erste Testreihe an der neuen Maschine begleitete die Inbetriebnahme. Es wurde sowohl kurz vor Auslieferung der Maschine im Engel-Werk in Schwertberg als auch kurz nach Installation in Pfreimd gemessen. Ein weiterer, abschließender dynamischer Parallelitätstest fand 2019 statt. Das Ergebnis: Nach zweieinhalb Jahren Produktionsbetrieb hat sich die Parallelität der Werkzeugaufspannplatten nicht verschlechtert. „Wir haben mit den fundierten Tests nachweisen können, dass die Führungsgenauigkeit auf holmlosen Maschinen mindestens so gut ist wie auf Holmmaschinen“, betont Felber.

Hohe Flexibilität bei kurzen Projektlaufzeiten

Holmlose Spritzgießmaschinen von Engel besitzen einen massiven Rahmen. Die Schließeinheit wird dadurch sehr gut abgestützt und biegt sich auch bei sehr schweren Werkzeugen nicht durch.

Mit zusätzlich erhältlichen Führungsschuhen für die bewegliche Werkzeughälfte, wie sie auch Gerresheimer nutzt, lässt sich das Werkzeuggewicht beinahe unbegrenzt erhöhen. Die zentralen Biegeelemente sorgen dafür, dass die bewegliche Aufspannplatte auch unter Schließkraft dem Werkzeug exakt folgt und sich der Parallelität der beiden Werkzeughälften anpasst.

Eine dritte konstruktive Besonderheit der holmlosen Schließeinheit sind die Force Divider, die die Schließkraft gleichmäßig über die gesamte Aufspannfläche verteilen. Für die konstant hohe Qualität der Antriebsrohre ist die Schließeinheit aber nicht allein verantwortlich. „Polybutylenterephthalat ist schwierig zu verarbeiten“, berichtet Neuper. Engel hat die Plastifiziereinheit der Spritzgießmaschinen gezielt an die Anforderungen von PBT angepasst und die Schnecken mit einem entsprechenden Schermischkopf ausgeführt. „Wir erwarten von unseren Lieferanten sehr viel Flexibilität“, sagt Felber. „Bei uns bestimmt das Werkzeug die Maschine; nicht die Maschine das Werkzeug.“

Konnektivität definiert neue Anforderungen

Viel Flexibilität für Sonderlösungen auf einer weitgehend standardisierten Maschinenbasis – so lautet die Strategie von Gerresheimer, die Engel unterstützt. Wenn es die Situation erfordert, auch mit einem kopfüberhängenden Knickarmroboter, von dem Mario Oppelt von Engel Deutschland berichtet. „Der Platz für das ursprünglich geplante Linearhandling reichte einfach nicht aus.“ „Bei Engel steht bei jedem Projekt von Beginn an die gesamte Mannschaft dahinter. Das ist es, was unsere Partnerschaft auszeichnet und schnelle Entscheidungen ermöglicht“, sagt Peter Felber.

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Haben die holmlose Schließeinheit gemeinsam auf Herz und Nieren getestet: Peter Felber von Gerresheimer, Mario Oppelt von Engel Deutschland, Helmut Neuper von Gerresheimer, Markus Malleck und Franz Pressl, beide von Engel Austria (von links)
(Bild: Engel)

Für die Zukunft haben die beiden Partner gemeinsam viel vor. „Formula D“ lautet das Programm, das Gerresheimer in die digitale Zukunft führt. „Die Konnektivität und die erweiterte Nutzung von Prozessdaten der Spritzgießmaschine spielen in Zukunft eine ganz zentrale Rolle“, so Felber. „Wir wissen, dass Engel auch beim Thema Digitalisierung gut aufgestellt ist und diesen Weg mit uns gehen kann. Sowohl hier in Pfreimd als auch an allen anderen Standorten in der Welt.“

Digitalisierte Spritzgießmaschine arbeitet künftig autark

Zum Spritzgießmaschinenhersteller:
Engel Austria GmbH
Ludwig-Engel-Str. 1
A-4311 Schwertberg
www.engel.at

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