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Die Medizintechnik ist der größte Treiber fürs Mikrospritzgießen

Mikrospritzguss
Die Medizintechnik ist der größte Treiber fürs Mikrospritzgießen

Die Medizintechnik ist der größte Treiber fürs Mikrospritzgießen
Christoph Lhota (links) verantwortet den Geschäftsbereich Medical bei der Engel Austria GmbH, Schwertberg. Leopold Praher (rechts) ist Vertriebsleiter bei dem österreichischen Spritzgießmaschinenhersteller (Bild: Engel)
Hochpräzise Kunststoffbauteile mit feinsten Strukturen finden sich in vielen medizintechnischen, optischen und mikrofluidischen Anwendungen. Was das Mikrospritzgießen leisten kann und welche Möglichkeiten ein neues Mikrospritzaggregat bietet, erklären Christoph Lhota und Leopold Praher von Engel Austria.

Susanne Schwab
susanne.schwab@konradin.de

Herr Praher, wie kommt man beim Mikrospritzguss zum perfekten Bauteil?

Leopold Praher: Beim Mikrospritzguss muss die Maschine höchstpräzise produzieren, das heißt, die Dosiergenauigkeit und der Einspritzprozess müssen auf höchstem Niveau sein. Das gewährleistet eine vollelektrische Maschine. Und natürlich spielt auch die Prozesskonstanz eine große Rolle. Dafür haben wir unsere iQ-Assistenzsysteme. Unsere vollelektrischen Maschinen ermöglichen außerdem eine hohe Reproduzierbarkeit schon beim Dosieren. Weitere Parameter sind die Werkzeuge, die Zuführtechnik und natürlich auch die Umgebungsbedingungen und das Know-how der Mitarbeiter, wobei wir hier mit intelligenter Assistenz sehr gut unterstützen können.

Wie kann die Medizintechnik vom Mikrospritzguss profitieren?

Christoph Lhota: Das Mikrospritzgießen bezieht sich nicht nur auf sehr kleine Teile, sondern auch auf Mikrostrukturen. Da sehen wir in der Medizintechnik einen Trend, auf den wir alle lange gewartet haben: Nämlich die Mikrofluidik-Bauteile, die in der Diagnostik verwendet werden. Ein Beispiel sind Schnelltests mit mikrostrukturierten Fließkanälen für Flüssigkeiten, die eine entsprechend korrekte Abformung notwendig machen. Die Spritzgießmaschine und der Prozess müssen es erlauben, diese exakte Abformung durchzuführen.

Welche weiteren Anwendungen sind in der Medizintechnik denkbar?

Lhota: Die Hauptanwendungen, die wir vor allem sehen, sind neben der Mikrofluidik der 2K-Spritzguss für den Point-of-Care wie Inhalatoren und Autoinjektoren. Wobei es hier typischerweise um Hart-Weich-Anwendungen geht und der Mikrospritzguss dabei meist eine Dichtanwendung mit TPE oder ähnlichen Materialien ist.

Welche Möglichkeiten bieten sich im Mikrospritzguss für Flüssigsilikon (LSR)?

Praher: Im LSR-Bereich sprechen wir vorwiegend von sehr filigranen Bauteilen, die in der Sensorik, in der Messtechnik und für Ministecker für Implantate in der Medizintechnik zum Einsatz kommen. Das heißt, die Spritzvolumina sind sehr klein – mit Bauteilgewichten im Bereich von 0,5 bis 0,3 Mikrogramm. Die Herausforderung beim Spritzen dieser Teile liegt dabei nicht nur am Material selbst, sondern auch an der Maschine und der gesamten Prozesstechnik.

Was ist technisch gefordert?

Praher: Wir brauchen dafür eine präzise Anlage und die höchste Reproduzierbarkeit für solch eine Anlage. Das erreichen wir durch die Integration des neuen servogetriebenen Mikrospritzgussaggregats. Dabei ist uns vor allem die Flexibilität wichtig: Wir wollten die Maschine so gestalten, dass sie nicht nur für Laborzwecke zum Einsatz kommen kann, sondern sich auch als Produktionsanlage verwenden lässt. Möglich ist dies durch einen Adapter. Damit können wir sowohl ein herkömmliches Schneckenaggregat mit Durchmesser von 15 mm verwenden als auch unser Mikroaggregat dort einsetzen. Der Wechsel dauert nicht mal 20 Minuten.

Wie kam es zur Entwicklung des Mikrospritzaggregats?

Praher: Meist kommen neue Ideen aus den Märkten, aber auch die Werkzeugbauer sind gefordert, immer nach präziseren Anlagen zu suchen. Schlussendlich war es ein Konglomerat aus diesen Anforderungen von außen und den Ideen von Engel: Was machen wir, um die ganz kleinen filigranen Bauteile spritzen zu können? Dann haben wir uns entschieden, dass wir mit dem Flüssigsilikon anfangen – und das gemeinsam mit unserem Partnerunternehmen ACH Solution, die auf Werkzeuge und Systemlösungen für die Silikonverarbeitung spezialisiert sind. Das Ganze wurde innerhalb eines halben Jahres umgesetzt, und jetzt sind wir gerade dran, in einem nächsten Schritt für Thermoplaste ein entsprechendes Aggregat zu entwickelt.

Gibt es hier bereits Anwendungen für das Mikrospritzaggregat?

Praher: Es gibt Anwendungen in der Augenoptik, wo beispielsweise kleine Implantate für Tränensäcke hergestellt werden. Aber auch für Membrane oder Dichtungen für Herzschrittmachergehäuse eignet sich das Verfahren. Ich glaube, dass die Medizintechnik für den Mikrospritzguss der größte Treiber derzeit ist. Das ist nicht nur für Flüssigsilikon der Fall, sondern gilt auch immer mehr für Thermoplaste.

Sind der Technik Grenzen gesetzt?

Praher: Im Grunde gibt es keine Limits. Wir haben jetzt das Kolbenaggregat entwickelt, das mit einem 8er-Kolben arbeitet. Wir könnten auch einen 6er-Kolben dafür nehmen, dann wären wir noch eine Nuance kleiner. Aber wir haben uns für den 8er-Kolben entschieden, weil wir damit keinen Verschleiß haben. Bei der Verwendung von abrasivem Material wäre bei einer Schnecke der Verschleiß ein Riesenthema, denn alles, was sich von der Schnecke abreibt, würde sich im Artikel wiederfinden. Das geht in der Medizintechnik natürlich überhaupt nicht.

Woran arbeitet Engel aktuell?

Lhota: Was das Abformen von Mikrostrukturen betrifft, zeichnet sich ab, dass das hochdynamische Prägen, basierend auf einer vollelektrischen Schließeinheit, zu sehr guten Ergebnissen führt. Bei einigen Projekten konnten wir das bereits beweisen. Benötigt wird dies beispielsweise beim Abformen von Fluidikbausteinen für Point-of-Care-Anwendungen, wo die gespritzten, feinen Kanäle vom Werkzeug auf das Bauteil abgeformt werden.


Kontakt zum Hersteller:

Engel Austria GmbH
Ludwig-Engel-Str. 1
A-4311 Schwertberg
www.engelglobal.com

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