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So läuft die Aufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

Medical Remanufacturing
So läuft die Aufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

So läuft die Aufbereitung von Einmal-Medizinprodukten
Die Wiederaufbereitung an sich wird begleitet von zahlreichen vorbereitenden Schritten sowie von Kontrollen, die die Qualität des Produktes sicherstellen sollen (Bild: Vanguard)
Wie lassen sich Medizinprodukte aufbereiten, die vom Hersteller für den einmaligen Gebrauch vorgesehen sind? Der Prozess des Medical Remanufacturing ist komplex. Dieser Artikel beschreibt die Abläufe, wie sie bei der Vanguard AG, einem Berliner Experten für Aufbereitung, etabliert sind.

Rebecca Schneider
Fachjournalistin in Berlin

Medical Remanufacturing ist ein Verfahren, in dem ein gebrauchtes medizinisches Einmalprodukt so aufbereitet wird, dass Ärzte oder Pflegepersonal es erneut einsetzen können – bei gleicher Sicherheit und Funktionalität, die auch ein neues Medizinprodukt aufweist. Produkte, für die das in Frage kommt, sind in der Regel hochkomplex. Anschauliche Beispiele dafür sind Elektrophysiologie-Katheter für Herzuntersuchungen oder Ultraschallscheren für chirurgische Eingriffe. Solche Produkte enthalten wertvolle Bestandteile wie Edelmetalle oder Mikrochips und sind im Einkauf dementsprechend teuer.

Aufbereitung von Medizinprodukten gemäß EU-MDR

Damit sich ein aufbereitetes Medizinprodukt tatsächlich gleichwertig zum Originalprodukt einsetzen lässt, ist ein aufwendiger und gesetzlich stark regulierter Prozess erforderlich. Entsprechend des aktuell gültigen Artikels 17 der europäischen Medical Device Regulation (EU-MDR) gibt es zwei mögliche rechtliche Rahmenbedingungen für die Aufbereitung von Einmal-Medizinprodukten:

  • Das aufbereitete Medizinprodukt kommt als CE-zertifiziertes Medizinprodukt in Umlauf. Hier übernimmt der Aufbereiter die Rolle des Inverkehrbringers, muss also alle Auflagen einhalten, die auch der ursprüngliche Hersteller für das neue Produkt erfüllen musste.
  • Ein Medizinprodukt gehört einem Krankenhaus, wurde verwendet und wird an den Aufbereiter weitergegeben. Dieser übernimmt die Aufbereitung als Dienstleistung für das Krankenhaus – wo das aufbereitete Medizinprodukt dann erneut eingesetzt werden kann. Das Einhalten der Ende 2022 von der EU veröffentlichten Common Specifications (CS) ist die Grundlage für diese Variante.

In sechs Abschnitten zum wiederverwendbaren Medizinprodukt

Unabhängig von der rechtlichen Betrachtung ist der Prozess der Aufbereitung an sich. Bei 3D-Mapping- und Ablationskathetern für Herzuntersuchungen beispielsweise können bis zu 27 einzelne Schritte für die Aufbereitung erforderlich sein. All diese einzelnen Stationen, die Einmalprodukte zur Aufbereitung durchlaufen, lassen sich aber sechs Kategorien zuordnen.

  • Kategorie 1: Abholung der vorbereiteten Medizinprodukte

Die verwendeten Einmalprodukte werden vom geschulten Fachpersonal einer Gesundheitseinrichtung nach einem festgelegten Ablauf vorgereinigt. Anschließend werden sie in eine vom Aufbereiter bereitgestellte und gekennzeichnete Sammelbox gelegt. Das Logistik-Team des Aufbereiters holt diese Boxen in einem abgestimmten Turnus ab.

  • Kategorie 2: Eingangskontrolle und Identifizierung

An den Produktionsstätten des Aufbereiters angekommen, werden die abgeholten Medizinprodukte zunächst am Wareneingang dekontaminiert. Genauer gesagt: Es wird eine desinfizierende Vorreinigung vollzogen, um das Personal vor möglichen Kontaminationen zu schützen. In der IT-gestützten Wareneingangskontrolle werden die Medizinprodukte identifiziert und durch eine individuelle Lasermarkierung gekennzeichnet. Jedes Produkt erhält eine eigene Seriennummer, um die Rückverfolgbarkeit über den ganzen Lebenszyklus sicherzustellen. Defekte oder nicht wiederherstellbare Produkte werden an dieser Stelle bereits ausgesondert.

Kernprozess der Aufbereitung – Prüfungen inklusive

  • Kategorie 3: Remanufacturing-Prozess

In der Phase des eigentlichen Remanufacturing folgt das Reinigen und Desinfizieren der Medizinprodukte über verschiedene, teilweise patentierte Maschinen und Methoden. Die Mitarbeiter prüfen den Reinigungsprozess stetig auf seine Effektivität – durch mehrere visuelle, mechanische, taktile und mikrobiologische Untersuchungen.

  • Kategorie 4: Funktionalität & Sicherheit

Im nächsten Schritt prüfen die Fachleute beim Wiederaufbereiter die Funktionalität der Medizinprodukte. Für Elektrophysiologie-Katheter beispielsweise sind bei Vanguard nicht nur Stichproben-Kontrollen vorgesehen, sondern eine 100-Prozent-Prüfung: Jedes einzelne Produkt durchläuft diese Schritte. Dazu gehört beispielsweise das Prüfen aller beweglichen Komponenten des Produkts. Auch die Dichtheit untersuchen die Mitarbeiter und prüfen das Produkt mikrobiologisch, um die Qualität des Reinigungsprozesses zu belegen. Besteht das Medizinprodukt auch noch die abschließende Prüfung der elektrischen Funktionalität, erhält es die so genannte „Vanguard Product Verification“.

  • Kategorie 5: Sterilgutverpackungen & Sterilisation

Nach dem erfolgreichen Remanufacturing und der bestandenen Funktionsprüfung folgt das Versiegeln der Medizinprodukte in einer Sterilverpackung aus Tyvek. Eine Sichtprüfung stellt sicher, dass ein einwandfreies Sterilbarrieresystem vorliegt. Die Sterilisation mit einem Niedertemperatursterilisationsverfahren schützt die hochwertigen und thermolabilen aufbereiteten Medizinprodukte.

Sterilisation von Medizinprodukten: Tod den Keimen

  • Kategorie 6: Versand anwendungsbereiter Medizinprodukte

Nach der Sterilisation platzieren Mitarbeiter die Medizinprodukte in einer artikelspezifischen Schutzpackung, etikettieren sie und geben sie nach einer finalen Inspektion für die Auslieferung frei.

Medical Remanufacturing für die Medizin der Zukunft

Die Aufbereitung von Medizinprodukten umfasst also viele Stufen und ist ein aufwendiger Prozess. Dennoch ist er als deutlich ressourcenschonender anzusehen als eine Neuproduktion. Eine Studie des Oberhausener Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht zeigte, dass der CO₂-Fußabdruck eines wiederhergestellten Elektrophysiologie-Katheters nur etwa 50 % des Wertes beträgt, den eine Neuproduktion mit sich brächte. Der Ressourcenverbrauch ist ebenfalls um 28 % geringer. „Das Medical Remanufacturing ist also ein wichtiger Ansatz, der die Kreislaufwirtschaft in der Medizintechnik ermöglicht und den Medizinsektor nachhaltiger gestaltet“, fasst Ulrike Marczak zusammen, Vorstandsvorsitzende der Vanguard AG.

Einkäufer will wissen, ob sich ein Medizinprodukt aufbereiten lässt

Mehr Informationen zur Studie des Fraunhofer Umsicht: Schulte, A., Maga, D., & Thonemann, N. (2021). Combining Life Cycle Assessment and Circularity Assessment to Analyze Environmental Impacts of the Medical Remanufacturing of Electrophysiology Catheters. Sustainability, 13(2), 898. https://doi.org/10.3390/su13020898

Wiederaufbereitung von Medizinprodukten schont Klima und Ressourcen


Über den Aufbereiter

Die Vanguard AG setzt sich seit 25 Jahren dafür ein, das Gesundheitswesen nachhaltiger zu gestalten. Ihr Weg dazu: den Lebenszyklus komplexer Medizinprodukte zu verlängern. Das so genannte Medical Remanufacturing stellt ein gebrauchtes Medizinprodukt für einen erneuten Einsatz bei gleicher Sicherheit, Hygiene und Funktionalität wieder her. Das schont Ressourcen und senkt die Kosten im Gesundheitssystem. Derzeit sind mehr als 200 Beschäftigte am Berliner Hauptsitz und in den Produktionsstätten tätig.

www.vanguard.de

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