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Dermatologinnen über die Vorteile des virtuellen Krankenhauses

Digitalisierung in der Medizin
Digitale Pfade für Patienten im virtuellen Krankenhaus

Digitale Pfade für Patienten im virtuellen Krankenhaus
Den persönlichen, analogen Besuch beim Arzt oder im Krankenhaus können telemedizinische Dienste wie ein virtuelles Krankenhaus ergänzen (Bild: greenbutterfly/stock.adobe.com)
Das virtuelle Krankenhaus kann die analoge Behandlung sinnvoll ergänzen und Vorteile für alle Beteiligten bieten. Zu diesem Schluss kommen zwei Medizinerinnen aus dem Bereich der Dermatologie.

Virtuelle Krankenhäuser sind die medizinische Realität von morgen. Mit virtuellen Patientenpfaden können bereits vor dem Erstkontakt beim „Onboarding“ via Chatbot, Sensorik und Bildanalyse eine Klassifikation der Erkrankung und eine Priorisierung erfolgen. Erforderlich dafür sind eine digitale Plattform und eine Nutzer-App.

Digitalisierung

Welche Vorteile die Verknüpfung analoger Patientenkontakte mit einem solchen kontinuierlichen virtuellen Pfad hat, wie sich die so gebündelten Daten für die Versorgungsforschung nutzen lassen und weshalb vor allem die Dermatologie vom virtuellen Krankenhaus profitiert, damit beschäftigen sich die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD).

Virtuelles Krankenhaus: Dazu zählen viele neue Lösungen

In Deutschland wird der Begriff „virtuelles Krankenhaus“ vor allem für innovative Lösungen im Klinikbereich verwendet. Dort sollen mithilfe zentraler Internetplattformen die telemedizinischen Versorgungsstrukturen gestärkt werden. Den Informationsaustausch mithilfe einer Plattform zu verbessern, ist laut Prof. Julia Welzel, Präsidentin der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), „ein kluger und richtiger Ansatz“. So lassen sich innerhalb der Ärzteschaft, zwischen Kliniken und auch sektorenübergreifend um Bilder und Laborwerte zu übermitteln oder Fallkonferenzen im Live-Format durchführen. Ein virtuelles Krankenhaus kann aber noch viel mehr sein.

Die Patientenpfade beispielsweise sind momentan überwiegend analog. Telemedizinische Angebote, die vor allem seit der Corona-Pandemie einen starken Entwicklungsschub erhalten haben, lassen die einzelnen Patientenkontakte hingegen virtuell stattfinden.

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Analoge Patientenkontakte soll das virtuelle Krankenhaus ergänzen

Ein großer Vorteil ist das vor allem dann, wenn die räumliche Distanz groß oder ärztlicher Rat sehr kurzfristig nötig ist. Für das Gros der Patientinnen und Patienten gilt, dass sie sich physisch zwischen den Sektoren des Gesundheitswesens und Gesundheitsdienstleistern bewegen. Diese stellen jeweils voneinander getrennte Inseln oder Blasen dar. „Ein virtuelles Krankenhaus ergänzt analoge Patientenkontakte durch einen kontinuierlichen virtuellen Pfad“, erläutert Welzel.

Die digitale „Patient Journey“ beginne bereits beim Erstkontakt mit dem Krankenhaus, dem so genannten Onboarding. Im Vorfeld des ersten Besuchs könnten mittels Chatbot – also einem KI-gestützten, dialogischen Computerprogramm –, Sensorik und Bildanalyse eine Klassifikation der Erkrankung und eine Priorisierung erfolgen. Welcher Fall ist ein Notfall, welcher dringlich und welcher elektiv?

Auch eine Allokation, also eine Zuordnung zu Abteilungen oder Sprechstunden, sei so im Vorhinein möglich. „Alle Informationen werden in einem automatisierten Report zusammengefasst, so dass beim physischen Kontakt in der Klinik der weitere diagnostische und therapeutische Pfad bereits gebahnt ist“, erklärt Welzel, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Augsburg, Medizincampus Süd.

Nach der OP folgt die Überwachung auf virtuellem Weg, ohne Besuch im Krankenhaus

Bei Patientinnen und Patienten, die bereits in stationärer oder ambulanter Behandlung sind, lässt sich dann der weitere Verlauf virtuell begleiten und überwachen. Das ist sinnvoll im Nachgang einer Operation oder bei chronischen Erkrankungen. „Das bringt viele Vorteile. Bei einer Verschlechterung können wir rasch reagieren. Im umgekehrten Fall eines unauffälligen Verlaufs können Kontrollbesuche eingespart werden“, betont Welzel.

Auf einen weiteren ökonomischen Aspekt verweist Prof. Dr. med. Silke Hofmann, Direktorin des Zentrums für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie am Helios Universitätsklinikum Wuppertal. „Ein analoges System birgt immer die Gefahr, dass Daten unvollständig oder aufgrund fehlender Interoperabilität nicht einbezogen werden.“ Es komme dann mitunter zu Doppeluntersuchungen, Fehlallokationen und falschen Priorisierungen.

Aus Sicht der Wuppertaler Dermatologin sind die sehr häufigen Hauterkrankungen besonders für virtuelle Patientenpfade geeignet. Dermatologische Diagnosen werden vor allem aufgrund der optischen Erscheinungsbilder gestellt und könnten sehr gut mittels Chatbot und Bildanalyse klassifiziert und priorisiert werden.

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Behandlungswege im virtuellen Krankenhaus bieten neue Möglichkeiten für die Forschung

Für die Versorgungsforschung sind diese neuen Behandlungswege von großem Interesse, denn so lassen sich Hauterkrankungen kontinuierlich beobachten. Dadurch können Mediziner neue Erkenntnisse zu Verlauf, Therapieansprechen, Auslösefaktoren und sogar zur Prävention ableiten. Auch die medizinische Ausbildung könne profitieren. „In der Lehre können dann ‚virtuelle Patientinnen und Patienten‘ insbesondere bei seltenen oder exemplarischen dermatologischen Erkrankungen beliebig skalierbar eingesetzt werden“, ergänzt DDG-Präsidentin Welzel.

Die Nutzung von Apps im Alltag ist heute sehr vielen Menschen vertraut. Daher sind die technischen Voraussetzungen aus Sicht der beiden Dermatologinnen als sehr niedrigschwellig einzustufen. Das virtuelle Krankenhaus ist eine rund um die Uhr erreichbare Plattform, zu der alle Beteiligten örtlich und zeitlich ungebunden Zugriff haben. Man muss also nicht mittels VR-Brille in das „Metaversum“ einsteigen und sich dort wie in einem Computerspiel bewegen, sondern kann die Arztkontakte bequem von zu Hause aus erledigen.

Hybride Versorgung: Kein Patient muss das virtuelle Krankenhaus nutzen

Nicht alle Patientinnen und Patienten werden diese Form der medizinischen Betreuung nutzen können oder wollen. Daher werde es langfristig bei einer hybriden Versorgung bleiben, die analoge und digitale Kontakte miteinander verknüpft und keinesfalls die zwischenmenschliche Arzt-Patienten-Beziehung ersetzt, sondern diese eher ergänzt. Wie bei allen Digitalisierungsprozessen seien die Themen Privatsphäre und Datenschutz von großer Wichtigkeit.

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„Das virtuelle Krankenhaus ist keine Zukunftsvision, sondern wird bald schon unseren Versorgungsalltag prägen“, sagt Welzel. Ängste sind aus Sicht der DDG-Präsidentin unbegründet. Ein Teil der Diagnostik und das Monitoring lassen sich auf den virtuellen Pfad verlagern, klinische und apparative Diagnostik sowie therapeutische Verfahren wie Operationen, Infusionen und Wundbehandlungen blieben hingegen analog.

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