Ein neues Verfahren kann adultes Gewebe über einen längeren Zeitraum erhalten. Wirkstoffe können so direkt in der Petrischale getestet werden. Tierversuche und klinische Studien am Menschen werden dadurch überflüssig.
Das neu entwickelte Verfahren bedeutet „einen Meilenstein in der Langzeitkultivierung von adultem Gewebe“, so vermeldet es das interdisziplinäres Forscherteam der Universität Leipzig. „Wir können erstmals spezielle nanostrukturierte Substrate aus Titandioxid-Nanoröhrchen erzeugen und die Oberflächenparameter so anpassen, dass sie eine Langzeitkultivierung adulter neuronaler Gewebeschnitte ermöglichen.“, erklärt die Leipziger Biophysikerin Dr. Mareike Zink. Sie hat das neue Verfahren gemeinsam mit der Doktorandin Valentina Dallacasagrande entwickelt. „Unsere Arbeit bietet vielfältige neue Möglichkeiten, etwa Wirkstofftests in vitro, also im Reagenzglas oder in der Petrischale.“ Ein ausführlicher Artikel dazu erschien gerade im renommierten Fachmagazin „Advanced Materials“. Im Sommer vergangenen Jahres wurde bereits ein europäisches Patent beantragt.
Die organotypische Kultivierung von entnommenem Gewebe bietet nicht nur Möglichkeiten, die Gewebestrukturen in der Petrischale zu erforschen, sondern auch den Einfluss externer Stimuli wie den Einfluss von Wirkstoffen auf Zellfunktionen zu beobachten. Bei dieser Form der Kultivierung wird das Gewebe vollständig in seiner ursprünglichen Form erhalten. Somit bilden organotypische Kulturen einen „Kompromiss“ zwischen in vivo-Experimenten und typischen Zellkulturen. Ein weiterer Vorteil ist die Kosten- und Zeitersparnis im Vergleich zu Tierexperimenten. Außerdem sind sie ethisch weniger bedenklich und bergen weniger Risiken als klinische Studien am Menschen. Ein wichtiges Beispiel ist die organotypische Kultivierung einer kompletten Netzhaut, um Augenerkrankungen zu verstehen oder von neuronalem Gewebe wie Hirnschnitten, etwa zur Erforschung von Veränderungen des Nervensystems und der Bildung von Synapsen, sowie von Regenerationsmechanismen des Gehirns.
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