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3D-Druck und Künstliche Intelligenz helfen in der Gesichtschirurgie

Rekonstruierende Gesichtschirurgie
Schnittschablone mit 3D-Druck, OP mit KI

Firmen im Artikel
3D-gedruckte Bauteile übernehmen in der Medizintechnik bereits heute vielfältige Aufgaben. Bei Schnittschablonen im Bereich der rekonstruierenden Gesichtschirurgie spielt die additive Fertigung seine Stärken in der Gestaltungsfreiheit aus. Für die Planung der OP kommt künstliche Intelligenz hinzu.

Max Wissing
Protiq, Blomberg

Anders als bei vielen konventionellen Produktionstechnologien – zum Beispiel dem Drehen, Fräsen oder Erodieren – wird bei der additiven Fertigung kein Material abgetragen, sondern gezielt hinzugefügt. Deshalb zeichnen sich die Verfahren durch eine hohe Gestaltungsfreiheit und Flexibilität aus. Die Bauteile lassen sich direkt aus den 3D-Daten des Konstrukteurs herstellen und individuell an den jeweiligen Anwendungsfall anpassen. In Kombination mit einer schnellen und wirtschaftlichen Produktion von geringen Stückzahlen macht diese Flexibilität die additive Fertigung insbesondere bei medizinischen Anwendungsfällen zum Mittel der Wahl. Ein Beispiel ist die Gesichtschirurgie. Die Bauteile lassen sich maßgeschneidert auf die Form und Bedürfnisse des Patienten adaptieren. Das ist sowohl für den Patienten als auch für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte vorteilhaft. Bekannte Anwendungsfälle am und im Körper sind speziell angepasste orthopädische Schienen aus Kunststoff, Zahnkronen aus Edelstahl oder allgemeine Implantate aus Titan.

Schnelle und vollständig digitale OP-Planung erleichtert die Gesichtschirurgie

Neben der direkten Herstellung des Implantats bieten 3D-gedruckte Schablonen, die nicht im Körper verbleiben, einen großen Mehrwert bei der Behandlung. In diesen Kontext fällt die Zusammenarbeit des Medtech-Startups Inzipio GmbH, Aachen, und des auf additive Fertigung spezialisierten Dienstleisters Protiq. Gemeinsam haben beide Unternehmen Schnittschablonen, sogenannte Cutting Guides, im Bereich der rekonstruierenden Gesichtschirurgie hergestellt. Die Protiq GmbH, Blomberg, die Teil der Phoenix Contact Gruppe ist, verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung im 3D-Druck. Der Dienstleister legt seinen Fokus auf Projekte mit besonderen Anforderungen und hohen Qualitätsansprüchen. Protiq stellt additiv gefertigte Bauteile aus einer Vielzahl an etablierten Kunststoffen und Metallen zur Verfügung. Gleichzeitig sticht das Unternehmen durch die aktive Entwicklung und Qualifizierung innovativer Werkstoffe hervor.

Gedrucktes Patientenmodell für die Gefäßchirurgie

Software erstellt 3D-Daten für die digitale OP-Planung

Als Spin-Off der Uniklinik RWTH Aachen entwickelt Inzipio eine medizinische Software, die durch den Einsatz künstlicher Intelligenz künftig eine automatische Planung von Operationen zur Gesichtsrekonstruktion ermöglicht. Mit dieser Lösung lassen sich innerhalb von wenigen Sekunden digitale 3D-Daten aus der Bildgebung der Computertomographie (CT) erstellen. Bisher handelte es sich dabei um einen aufwendigen manuellen Prozess, der zusätzliches Klinikpersonal gebunden hat oder an externe Dienstleister ausgelagert war. Die generierten 3D-Daten erlauben eine schnelle, vollständig digitale Operationsplanung vor dem eigentlichen Eingriff.

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3D-Darstellung eines Patienten mit entzündetem Unterkiefer. Der betroffene Bereich wird vor der Rekonstruktion präzise mithilfe digital geplanter und 3D-gedruckter Resektionsschablonen entfernt
(Bild: Inzipio)

Von der Präzision und Vorbereitung anstehender Operationen profitiert vor allem die Gesichtschirurgie. Das Gesicht erfüllt nicht nur lebenswichtige Funktionen wie Atmung und Nahrungsaufnahme, sondern ist aufgrund der möglichen Darstellung von Emotionen auch eng mit der Identität des Menschen verknüpft. Muss wegen einer Tumorerkrankung oder eines Unfalls ein großer Teil des Kieferknochens und des Weichgewebes entfernt werden, ist neben der funktionellen auch die ästhetische Rehabilitation wichtig. Zur Wiederherstellung des Ober- oder Unterkiefers können die Chirurgen auf ein so genanntes mikrovaskuläres Fibulatransplantat zurückgreifen. Dazu ersetzt der Mediziner den Kieferknochen durch Teile des körpereigenen Wadenbeins (Fibula). Die komplexe U-förmige Geometrie des Kiefers lässt sich durch eine Segmentierung des Transplantats in mehrere Längen und Winkel rekonstruieren.

Abgesehen von den knöchernen Teilen der Fibula werden der Wade außerdem Haut und Muskeln – so genannte Weichgewebeinseln – mit dem anzuschließenden Gefäß zur Versorgung des Transplantats entnommen. Die Weichgewebeinseln kommen zum Einsatz, um das durch die Resektion verlorene Gewebe des Gesichts bestmöglich zu rekonstruieren.

Präzise Ermittlung von Schnittwinkel und -position

Der hierfür benötigte Schnittwinkel und die Schnittposition zur Hebung des Transplantats werden in der digitalen OP-Planung für die Gesichtschirurgie ermittelt. Der Eingriff lässt sich auf diese Weise so schnell und effizient wie möglich durchführen, was die Erfolgschancen der Operation erhöht. Die Verwendung der Fibula als körpereigenes Transplantat eignet sich besonders gut für einen derartigen Eingriff. Der lange Röhrenknochen bietet genug Material für eine flexible Segmentierung des Knochenmaterials und verfügt darüber hinaus über eine ausreichende Stabilität für die Wiederherstellung der Kieferfunktion.

Bald geht 3D-Druck jedes Unternehmen an

Patientenindividuell: Additiv gefertigte Cutting Guides für die Gesichtschirurgie

Zur präzisen Übertragung der digitalen Planung auf den OP-Situs generiert Inzipio patientenindividuelle Cutting Guides. Diese kommen sowohl bei der Resektion des betroffenen Unterkieferanteils als auch bei der Hebung des Fibulatransplantats zur Anwendung. Die digital geplanten Schnittschablonen können vor der Operation innerhalb von kurzer Zeit von Protiq im 3D-Druck hergestellt werden. Die Bauteile bestehen aus dem technischen Kunststoff PA12, sind sterilisierbar und erfüllen alle  Anforderungen der Medizinproduktklasse 1 für einen kurzzeitigen Wundkontakt. Diese Cutting Guides zeigen die genaue Position der zu setzenden Schnitte, die Länge der zu hebenden Transplantate und den benötigten Schnittwinkel an, damit sich die Kieferform wie geplant rekonstruieren lässt. Ein entsprechender Eingriff ohne diese Hilfsmittel – quasi „freihändig“ – wäre prinzipiell auch möglich, beschränkt sich aber auf kleinere Defekte.

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Rekonstruktion des Unterkiefers durch segmentiertes mikrovaskuläres Fibulatransplantat. Die digital geplanten und 3D-gedruckten Cutting Guides reduzieren die Operationszeit
(Bild: Inzipio)

Bis zum erfolgreichen Einheilen der transplantierten Segmente werden diese mit einer Titanplatte verschraubt und so in Position gehalten. Dabei handelt es sich in der Regel um ein Standardprodukt, das anhand einer weiteren 3D-gedruckten Hilfsgeometrie in Form gebogen wird. Alternativ lassen sich mittlerweile ebenfalls direkt 3D-gedruckte Titanimplantate nutzen, die bereits digital auf den Patienten angepasst werden können.

www.protiq.com

Zum Experten für den 3D-Druck:
Protiq GmbH
Flachsmarktstr. 54
32825 Blomberg
www.protiq.com

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