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3D-Druck in der Medizin: Vor der OP am Modell üben

3D-Druck in der Medizin
Gedrucktes Patientenmodell für die Gefäßchirurgie

Gedrucktes Patientenmodell für die Gefäßchirurgie
Transparente, 3D-gedruckte Modelle eines patientenspezifischen Aortenbogens – wie hier zu sehen – nutzen Mediziner von der Universitätsklinik Mainz, um komplexe endovaskuläre Operationen vor dem Eingriff z planen Bild: Stratasys
Gefäßchirurgie kann in manchen Fällen das Leben eines Patienten retten. Mit gedruckten 3D-Modellen, die die Gewebesituation eines Individuums im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar machen, hat auch ein deutsches Krankenhaus in Mainz die Behandlung verbessert.

Am Johannes-Gutenberg-Universitätsklinikum Mainz wurde der 3D-Druck in der Medizin in mehrere Bereiche der Patientenversorgung integriert. Eingesetzt wird er vor allem bei der chirurgischen Planung, wenn es darum geht, komplexe Fälle schneller zu visualisieren und zu diagnostizieren.

Prof. Dr. Bernhard Dorweiler, Leiter der Abteilung für Herz-Thorax- und Gefäßchirurgie, und sein Team verwenden additiv gefertigte Modelle, um die Behandlung sehr komplexer, lebensbedrohlicher Gefäßerkrankungen zu optimieren. Die hochpräzisen, transparenten 3D-Modelle unterstützen dabei, das Krankheitsbild des Patienten besser zu verstehen. Die Modelle dienen aber ebenso der Ausbildung künftiger Gefäßchirurgen.

Bisher wurden vor allem CT-Scans verwendet, um den chirurgischen Eingriff zu planen und durchzuführen. „Im Schnitt werden pro Patient mit gefäßchirurgischem Behandlungsbedarf 1000 bis 2000 CT-Aufnahmen gemacht, damit die Chirurgen die Krankheit analysieren und diagnostizieren können“, erläutert Dorweiler. Dieser Prozess könne aber ein mehrdeutiges Ergebnis erbringen und zeitaufwendig sein, wenn die Krankheit komplex ist. „Mit 3D-gedruckten Modellen können wir die Ursache des Problems schnell verstehen und die beste Behandlungsart ermitteln.“

3D-Druck zeigt mehr als CT-Scan allein

Kürzlich wurde eine Patientin, die wegen der Komplexität ihrer Erkrankung von mehreren Krankenhäusern abgelehnt wurde, am Universitätsklinikum Mainz behandelt. Aufgrund einer Aortenfehlbildung in der Nähe ihres Herzens litt die Patientin an einem hervortretenden Blutgefäß an ihrem Hals.

„Beim Durchsehen der CT-Scans war es unmöglich, die Anatomie eindeutig zu visualisieren“, so Dorweiler. „Also beschlossen wir, ein 3D-Modell zu drucken, durch das dann zum ersten Mal klar wurde, woher das Problem kommt und wie groß es ist.“ Die Ärzte haben das Modell nicht nur verwendet, um der Patientin die Befunde zu erklären – es diente auch als Referenz während jeder der drei Operationen, die erforderlich waren.

3D-Druck: Am Modell den Eingriff üben

Bei der Behandlung komplexer Aortenerkrankungen mit der endovaskulären Methode wird das betroffene Blutgefäß durch einen endovaskulären Stent, eine Art Implantat in Form eines kleinen Drahtgeflechtröhrchens, ersetzt und unterstützt. Der Stent wird durch die Arterien eingeführt und an dem betroffenen Bereich der Aorta platziert. Bei diesem sehr präzisen und schwierigen Verfahren arbeitet der Chirurg mit einem Monitor und hat keinerlei Spielraum für Fehler. Daher muss der Stent selbst perfekt auf die Anatomie des Patienten abgestimmt sein, um Risiken zu minimieren. „Durch das 3D-gedruckte Modell des Blutgefäßes eines Patienten, in das der Stent platziert werden muss, sparen wir viel Zeit und Geld, da wir die Operation am Modell wiederholt üben können, bis wir sicher sind, dass alles korrekt zusammenpasst und das Verfahren perfektioniert wurde“, so Abteilungsleiter Prof. Dorweiler.

Bei der Planung eines weiteren sehr komplexen Falles eines Aortenbogenaneurysmas wurde eine präoperative Simulation der Operation durchgeführt, mit Hilfe eines Stent-Prototypen und eines 3D-gedruckten Aortenbogenmodells des Patienten. Dies gewährleistete das korrekte Design und die optimale Passform des Stents und half dem Team, genau zu erkennen, wo dieser platziert werden sollte. Diese Vorarbeit hat die Operationszeit signifikant verkürzt.

3D-Modell verkürzt die Operationszeiten

„Basierend auf aktuellen Studien werden durch die Verwendung von 3D-gedruckten Modellen vor der Operation Einsparungen bei der Operationszeit von fünf bis 45 Minuten erzielt“, so Prof. Dorweiler. Die Forschungen seien noch nicht abgeschlossen, aber bei einer durchschnittlichen OP-Zeit von zwei bis vier Stunden ginge es um eine Zeitersparnis von bis zu 40 %. „Wenn Sie jeden Tag mit komplexen Gefäßerkrankungen zu tun haben, kann eine solche Zeitersparnis den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.“

Das Universitätsklinikum Mainz verfügt zudem über eine umfangreiche Forschungs- und Ausbildungseinrichtung, in der 3D-Druck integraler Bestandteil ist und den angehenden Chirurgen eine praxis- und realitätsnahe Ausbildung ermöglicht. „Wir verwenden den 3D-Drucker Eden260VS von Stratasys in unserer Biomatics-Forschungsplattform“, erläutert Prof. Dorweiler. Damit werden Modelle von Aortenanatomien aus realen Fällen erstellt. Daran lässt sich zukünftigen Gefäßchirurgen zeigen, wie sie komplexe endovaskuläre Operationen erfolgreich durchführen. „Mit der Möglichkeit, höchst realistische Aortenmodelle aus transparentem Material in 3D zu drucken, können die Studenten endovaskuläre Verfahren üben und komplexe Drahtführungsfertigkeiten erlernen, indem sie exakte Nachbildungen der Blutgefäße verwenden.“ Für das Gesundheitswesen sei es entscheidend, dass „wir die Möglichkeiten des 3D-Drucks für die medizinische Ausbildung, Weiterbildung und Forschung einsetzen, um zukünftige bahnbrechende Entwicklungen zu ermöglichen.“ (op)


Weitere Informationen

Über das Unternehmen Stratasys: www.stratasys.com

3D-Druck, Start-ups und die FDA-Guidance (Titelthema der Ausgabe medizin&technik 3/2018)

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