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Reinraumfertigung: Kunststoffspritzguss für Medizinkomponenten

Reinraum
Wie RKT die hohen Hygieneanforderungen im Kunststoffspritzguss erfüllt

Die Fertigung bestimmter medizintechnische Kunststoff-Komponenten wie Insulinpens oder mikrofluidische Testträgersysteme, stellt hohe Bedingungen an den Reinraum. Die RKT meistert die Herausforderungen beim Spritzguss und der anschließenden Montage und Verpackung in der Serienfertigung.

Michaela Wassenberg
Fachjournalistin in Nürnberg

Die Rodinger Kunststoff-Technik GmbH (RKT) ist darauf spezialisiert, anspruchsvolle Medizinkomponenten unter Reinraumbedingungen im Kunststoffspritzgussverfahren herzustellen. Mit der Implementierung eines eigenen ISO-7-/GMP-C-Reinraums im Jahr 2005 musste eine Möglichkeit gefunden werden, die auf einer Spritzgussmaschine gefertigten Teile in einen Reinraum zu überführen, ohne dabei Kontaminationen einzubringen. Im ISO-7-Reinraum sind 352 000 Partikel pro Kubikmeter Luft mit einer Größe von ≤ 0,5 µm erlaubt. Die Lösung war, die Maschine außerhalb zu platzieren und mit einem entsprechenden Schutzkonzept in den Reinraum hinein produzieren zu lassen – was nach wie vor auch mit modernen Maschinen gängige Praxis ist.

Eine weitere Herausforderung ist die analysenfreie Produktion, zum Beispiel von PCR-Testkartuschen zum Nachweis von Sars-CoV-2-Erregern. Hier kommt es nicht nur auf die Einhaltung bestimmter Partikelparameter an, sondern insbesondere auf die Vermeidung des Eintrags von Fremd-DNA oder -RNA. Damit die Luft die geforderte Reinheit und Analytenfreiheit erreicht, müssen bestimmte Filter eingebaut werden, die sowohl die Zuluft als auch die Luft im Innenraum regelmäßig filtern. Um zu verhindern, dass die nicht erwünschte Ziel-Nucleinsäure-Sequenz der Erreger, die es mit den Testkartuschen später zu detektieren gilt, in den Reinraum gelangt, wird jeder Mitarbeiter, der mit dem Produkt in Berührung kommt, mit seiner Einverständniserklärung auf den Ziel-Keim im Vorfeld getestet – im Fall der Sars-CoV-2-Erreger per täglichem Antigen-Schnelltest.

Planung des Reinraums hängt vom Produkt ab

Bei der Planung und Auslegung eines Reinraums kommt es auf das Produkt an, weiß Matthias Lindner, der bei RKT für die Qualitätssicherung zuständig ist: „Viele Kunden können sehr genaue Vorgaben zur Klassifizierung und den Hygieneanforderungen machen, während manches Start-up-Unternehmen ohne Erfahrung in der industriellen Serienfertigung unsere Beratung hinsichtlich der geeigneten Prozesse benötigt.“

Reinraum: Zu kostspielig für die Nutzung als Lagerfläche

Bei komplexeren Fertigungen, die mehrere Vorgänge wie den Spritzguss und die weitere Montage umfassen, ist es von Vorteil, wenn alle Arbeiten innerhalb eines Reinraums ohne Aus- und Einschleusen durchgeführt werden. Wenn die Arbeitsschritte nicht direkt aufeinander folgen, sondern beispielsweise die Befüllung vorproduzierter Kunststoffkartuschen mit biochemischen Reagenzien erst später erfolgen soll, müssen die Kunststoffteile zunächst in Doppelbeuteln verpackt ausgeschleust werden. Der Reinraum kann nicht als Lagerfläche, sondern nur als Produktionsfläche genutzt werden, da saubere Lagerfläche innerhalb des Reinraums viel zu kostspielig wäre.

Neben der Partikel- und Analytenfreiheit gibt es bei der Herstellung von Medizinprodukten wie auch bei PCR-Tests weitere Anforderungen, die im Reinraum kontrolliert werden müssen: die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur. In die mikrofeinen Kanäle der Testkartuschen werden Lyophilisate eingebracht, gefriergetrocknete Substanzen, die später beim Test mit dem Probenmaterial der Testperson reagieren sollen. Lyophilisate sind extrem brüchig und hygroskopisch. Bei einer Luftfeuchtigkeit von mehr als 50 % nehmen sie Wasser auf und lösen sich sofort auf. Daher darf die Luftfeuchtigkeit im Reinraum nicht mehr als 50 % betragen und die Temperatur darf 25 °C nicht überschreiten. Insgesamt erfordert die Reinraumproduktion ein hohes Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Kerstin Fischer, ebenfalls Qualitätsbeauftragte bei RKT, erklärt: „Unsere Mitarbeiter identifizieren sich mit den strengen Reinraumanforderungen; das spiegelt sich auch in unseren sehr guten Monitoring-Ergebnissen wider.“ Allein das korrekte Anlegen der Schutzkleidung, ohne dabei die Außenseiten der Anzüge zu kontaminieren, will geübt sein. Auch die langsamen und gleichmäßigen Bewegungen, die das Arbeiten im Reinraum erfordert, müssen trainiert werden.

Gezieltes Monitoring und Dokumentation im Reinraum

Je nach Reinraumklasse werden beim Monitoring Partikel oder Keime überwacht. Die ISO-7-Reinräume des Unternehmens sind sowohl partikel- als auch keimgeprüft, da hier je nach Anforderung unterschiedliche Bauteile gefertigt werden. Für ISO 7 sind Luftpartikelmessungen ausschlaggebend. Die Keimbelastung für die GMP-Klasse C wird über Abklatschproben an definierten Probenplätzen im Reinraum durchgeführt, um zu kontrollieren, ob sich koloniebildende Einheiten (KBE) im definierten Rahmen bewegen.

Gerade bei neuen medizintechnischen Produktideen ist es oft wichtig, diese vom Entwicklungsstadium in die industrielle Serienfertigung zu überführen – und das unter professionellen Reinraumbedingungen. Hierfür werden bei RKT für jedes Produkt individuell angepasste Prozesse und Kontrollmechanismen entwickelt, die eine kontaminationsarme Fertigung auch bei hohen Stückzahlen ermöglichen.

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