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Plasma optimiert Bauteile aus Silikon

Oberflächenbehandlung mit Niederdruckplasma
Plasma optimiert Bauteile aus Silikon für die Medizintechnik

In der Medizintechnik sind Silikone aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften ein häufig eingesetzter Werkstoff. Ein gravierender Nachteil ist jedoch der hohe Reibungskoeffizient. Durch die Behandlung mit Niederdruckplasma erhalten Silikonteile eine matte, sehr glatte Oberfläche mit guten Gleiteigenschaften.

Nicole Müller
Diener plasma, Ebhausen

Silikone (Poly(organo)siloxane) sind extrem flexibel, beständig gegen Säuren und Laugen, sehr temperaturstabil und haben eine lange Lebensdauer. Hinzu kommt die Beständigkeit gegen UV-Strahlung, Ozon und Pilzbefall. Und gerade in der Medizintechnik sind die Vorteile der Biokompatibilität und der guten Sterilisierbarkeit von großem Vorteil. Dies ermöglicht ein breites Anwendungsspektrum und qualifiziert Silikon für den Einsatz in vielen medizinischen Bereichen. Anwendungsgebiete sind unter anderem der Weichteilausgleich oder prothetische Versorgungen, Silikonschläuche, Beatmungsmasken, Schalter und Dichtungen für medizinische Geräte.

Gasphasenfluorierung – oft zu aggressiv für Medizinprodukte

Wo Licht ist, ist aber auch Schatten: Ein gravierender Nachteil von Silikon ist sein hoher Reibungskoeffizient. Die sehr schlechten Gleiteigenschaften erschweren die Handhabung direkt am menschlichen Körper und sind für den Patienten unangenehm. Die schlechte Haptik von Silikonen in der Medizintechnik führt zu einer geringeren Akzeptanz in der Prothesenanwendung. Zudem sind die teilweise als klebrig empfundenen Oberflächen sehr anfällig für Verschmutzungen, insbesondere durch Staub. Um die Oberflächeneigenschaften und damit die Haptik zu verbessern, können in der Industrie verschiedene Verfahren eingesetzt werden. Bei der Gasphasenfluorierung werden die Silikonteile in einer Batch-Vakuumprozessanlage Fluorgasen ausgesetzt. Dieser Prozess ist selbst bei schonender Durchführung eine aggressive chemische Behandlung und kann zu Materialschädigungen und Umweltbelastungen führen. Durch das Aufbringen von reibungsmindernden Schichten wird der gewünschte Reibungskoeffizient erreicht.

G-BA bewertet Behandlung mit Kaltplasma

Die Vorbehandlung der Silikonoberfläche ist entscheidend für die korrekte Verbindung von Substrat und Beschichtung. Nicht selten leidet die gute Biokompatibilität des Silikons unter der Oberflächenbeschichtung, die heute durch aufwendige Nachweispflichten bei den notwendigen Freigaben zur medizinischen Unbedenklichkeit gefordert wird. Ein wesentlich effizienterer Weg, die Oberflächenreibung zu reduzieren, ist die Behandlung mit Niederdruckplasma. Dabei wird Gas im Vakuum durch Energiezufuhr angeregt. Dabei entstehen energiereiche Ionen und Elektronen sowie andere reaktive Teilchen, die das Plasma bilden.

Niederdruckplasma: Glatte Oberflächen, weniger Reibung

Da im Anwendungsfall Silikon nur Sauerstoffgas verwendet wird, ist der Einsatz in der Medizintechnik problemlos möglich. Zudem sind keine aufwendigen Nachweise über negative Auswirkungen erforderlich, da nichts auf die Oberfläche aufgebracht wird. Anhaftende Schutzschichten wie beispielsweise Silikonöle oder Staub werden im Prozess reduziert, ohne dass die Materialeigenschaften beeinträchtigt werden. Die notwendige Oberflächenbehandlung von Silikon-/Kautschukwerkstoffen wie Fluorsilikonkautschuk (FVMQ) oder Nitrilkautschuk (NBR) mit Plasma ist ein modernes Verfahren, das sowohl ökonomischen als auch ökologischen Gesichtspunkten gerecht wird.

Durch die Behandlung entsteht eine matte, sehr glatte Oberfläche mit sehr guten Gleiteigenschaften, die den Reibungskoeffizienten je nach Gewicht und Materialbeschaffenheit von 28° auf 14° und damit um bis zu 50 % reduzieren kann. Dies lässt sich leicht mit einem Rutschwinkelmessgerät kontrollieren. Insbesondere die Ausfallraten im nachfolgenden Montageprozess können stark reduziert werden. Bereits nach 180 Minuten Plasmabehandlung sinkt die Ausfallrate. Der nachfolgenden Endmontageprozess wird beschleunigt, ohne zusätzliche Trenn- und Schmiermittel.

Auf dem Markt der Maschinenbauer und Prozessoptimierer – wie der Diener Electronic GmbH + Co. KG, Ebhausen – sind verschiedene Anlagen sowie Sonderanlagen verfügbar. Meist erfolgt die Behandlung in Drehtrommelanlagen, die eine sehr hohe Durchsatzleistung bei gleichbleibender Behandlungsqualität gewährleisten. Es liegt in der Natur der Sache, dass das Plasma im Vakuum in jeden Hohlraum eindringen kann und somit eine nahtlose Beschichtung erreicht wird. Allerdings sollten Anbauteile wie Metallstifte oder ähnliches geschützt oder erst später montiert werden, um Beschädigungen während der Plasmabehandlung zu vermeiden.

Was Plasma durch eine neue Technik im Katastrophenschutz leisten könnte

Plasma-Behandlung in flexiblen Kammersystemen

Großvolumige Produkte werden in flexible, in der Größe nahezu beliebig veränderbare Kammersysteme eingelegt und erhalten dort ihre Plasma-Oberflächenbehandlung. Die Anlagen sind mit USB- und LAN-Anschlüssen ausgestattet, um die Rückverfolgbarkeit der Vorbehandlungsprozesse durch Ausdruck von Prozessprotokollen und Etiketten zu gewährleisten. Weitere Kontrollmechanismen im Qualitätsmanagementsystem sind nasschemische Prüfverfahren wie LABS-Test oder Testtinten. Als Alternative zur Investition in eine Niederdruckplasmaanlage lassen immer mehr Hersteller in der Medizintechnik die notwendige Oberflächenbehandlung von Silikonen extern durchführen. Die Plasma-Lohnbehandlung der Diener Plasma GmbH & Co. KG erfolgt „just in time“ und optimiert den Fertigungsprozess. Das Unternehmen ist zertifiziert nach DIN ISO 13485:2016.

www.plasma.com


Plasma – der vierte Aggregatzustand

Plasma ist der vierte Aggregatzustand der Materie, neben den bereits bekannten festen, flüssigen und gasförmigen Zuständen. Es unterscheidet sich grundlegend von den anderen Aggregatzuständen durch die hohe Energie seiner Teilchen sowie der Tatsache, dass es aus positiven Ionen, negativen Elektronen und neutralen Atomen besteht, die alle in einem geladenen Zustand vorliegen. Im Gegensatz zu den anderen Aggregatzuständen ist Plasma elektrisch leitfähig, da die geladenen Teilchen frei beweglich sind. Die Verwendung von Niederdruckplasma für die Oberflächenbehandlung von Silikon eine präzise und effektive Methode zur Verbesserung der Haftung, Benetzbarkeit und Interaktion mit anderen Materialien, ohne die strukturelle Integrität oder die empfindlichen Eigenschaften des Silikons zu beeinträchtigen.


Plasma und Silikon

Das sind die Vorteile von Plasma in der Oberflächenbehandlung von Silikon:

  • Es kommt nur Sauerstoffgas zum Einsatz
  • Keine aufwendigen Freigabeverfahren notwendig
  • Es entsteht eine matte, sehr geschmeidige Oberfläche mit optimaler Gleiteigenschaft.
  • Die Reibung kann um bis zu 50 % reduziert werden.
  • Die Anhaftung von Schmutz wird verringert.
  • Geringe Ausfallrate
  • Positive Eigenschaften des Substrats wie Biokompatibilität, Flexibilität, Temperaturstabil, Widerstandsfähigkeit und Haltbarkeit bleiben erhalten.
  • Die Umweltbelastung durch dieses Verfahren ist sehr gering.
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