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Mehrfachdüse im Werkzeug: 64 Pipetten auf einen Schuss

Spritzguss
Mehrfachdüse im Werkzeug: 64 Pipetten auf einen Schuss

Ein unscheinbares, aber wichtiges Laborgerät für das Dosieren kleiner Flüssigkeitsmengen ist die Pipette. Bei der Fertigung dieses Präzisionswerkzeuges im Spritzgussverfahren ist Genauigkeit und Effizienz gefragt. Ein Heißkanalsystem mit bis zu acht Spitzen pro Düse bietet eine effiziente Lösung für neue Werkzeugkonzepte.

Horst-Werner Bremmer
Günther Heisskanaltechnik, Frankenberg

Pipettier-Prozesse sind im Labor allgegenwärtig. Sie finden sich in der Probenpräparation, beim Erstellen von Verdünnungsreihen oder beim Hinzufügen von Reagenzien. In der klassischen Form aus Glas bestehend, wird die Pipette heute meist als Wegwerfartikel aus Kunststoff hergestellt. In Laboren, in denen Daten zur Diagnose und zur Entwicklung neuer Wirkstoffe verwendet werden, müssen Unsicherheiten in engen Toleranzen bleiben. Für hochwertige Laborergebnisse muss die Funktion von Pipetten schon bei ihrer Fertigung sichergestellt werden. Auch entsprechende Pipettenspitzen sollten so konstruiert werden, dass sie ein Höchstmaß an Präzision, Genauigkeit und Reproduzierbarkeit erreichen.

Deshalb bedarf es für eine prozesssichere Herstellung von Pipetten, neben der genauen Einhaltung der entsprechenden Werkzeugtoleranzen, auch eines exakten und wiederholgenauen Spritzprozesses. Bereits ein zu hoher Kernversatz hat zur Folge, dass die sehr kleine Bohrung am Ende der Pipette nicht mehr im Zentrum liegt und die Flüssigkeit während des Gebrauchs der Pipette nicht mehr definiert abfließen kann.

Gleichzeitig ist die Reproduzierbarkeit des Füllvorgangs die wichtigste Grundlage einer hohen Gewichtsstabilität. Die Toleranz des Schussgewichtes ist ein gutes Maß für die Wiederholgenauigkeit des gesamten Spritzprozesses. Hier kann das eingesetzte Heißkanalsystem seine Stärken einbringen. Die Günther Heisskanaltechnik GmbH, Frankenberg (Eder), hat mit der Mehrfachdüse Oktaflow zur seitlichen Anspritzung eine effiziente Lösung für neue Werkzeugkonzepte entwickelt. Sie eignen sich in Verbindung mit einer beheizten Aufnahme oder in Verbindung mit einem Verteiler für hochfachige Spritzgusswerkzeuge oder Kavitäten mit geringen Nestabständen.

Die richtige Heißkanaltechnik fürs Etagen- und 2K-Werkzeug

Konstruktionsvorteile im Werkzeugaufbau nutzen

In der Pipettenfertigung sind ein hoher Ausstoß sowie maximale Werkzeugverfügbarkeit bei minimalen Stillstandzeiten für Routinewartungen wichtig. Auch die hohe Wiederholgenauigkeit und eine perfekte Anschnittkosmetik sind im Produktionsprozess von Bedeutung. Um eine sehr gute Werkzeugleistung zu gewährleisten, ist die Auswahl der passenden Heißkanalkomponenten deshalb genauso entscheidend wie eine werkzeugoptimierte Wartungsauslegung.

Für ein leistungsstarkes 64-fach Pipetten-Präzisionswerkzeug eines Schweizer Medizintechnik-Herstellers empfahl sich eine seitliche Direktanspritzung mit der Mehrfachdüse Oktaflow in radialer Ausführung mit verlängerten Spitzen. Bei hülsenförmigen Bauteilen wie Pipetten, Spritzen, Kappen, Kanülen, Röhren oder technischen Komponenten ist eine seitliche Anspritzung von Vorteil. Für diese Einsätze hat Günther die Oktaflow-Düsen entwickelt. Bei dieser wirtschaftlichen Lösung entfallen Anguss oder kalte Pfropfen. Kalte Pfropfen führen in der Regel dazu, dass der Schmelzefluss durch einen oder mehrere Anschnitte zunächst blockiert oder beschränkt wird und sich dann während des Einspritzens löst.

Dabei werden alle Kavitäten gefüllt, jedoch unter verschiedenen Bedingungen. Solche Pfropfen sind stark von der Gestaltung der Düsenspitze abhängig und treten häufig bei teilkristallinen Materialien auf. Je kleiner die Öffnung an der Düsenspitze ist, desto eher friert die Schmelze in der Düsenspitze ein und bildet den kleinen kalten Pfropfen, der zu Unregelmäßigkeiten bei der Düsenöffnung führen kann. Die Heißkanal-Spezialisten aus Frankenberg haben bei der Konstruktion der Oktaflow-Düsenspitze ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, so dass diese Problematik ausgeschlossen werden konnte.

Das richtige Material für das Pipetten-Präzisionswerkzeug

Verarbeitet werden sollte bei dem 64-fach Pipetten-Präzisionswerkzeug Polypropylen (PP). Die besonderen Eigenschaften von Polypropylen führen zu einem außerordentlich weiten Einsatzgebiet. Es reicht von der Medizintechnik, über Lebensmittel- und Kosmetikverpackungen bis hin zu Druck- und Abwasserrohren. Viele medizinische Produkte werden aus Polypropylen hergestellt oder enthalten Bestandteile aus PP. Beispiele dafür sind verschiedene Wegwerfartikel wie Spritzen, Masken oder Spatel, medizinisches Nahtmaterial, Membrane oder medizinische Verpackungen. Aber auch in der Corona-Pandemie kamen sehr dünne Polypropylen-Fasern als Gewebematerial für FFP-Masken und medizinische OP-Masken zum Einsatz.

Verarbeitungsgrenzen von modifiziertem POM-Copolymer austesten

Der Düsentyp Oktaflow ermöglicht einen kostengünstigen, kompakten Werkzeugaufbau mit ungeteilten Einsätzen. Zur Verarbeitung von gefüllten Materialien, welche häufig in der Medizintechnik vorkommen, können die Oktaflow-Düsenspitzen auch verschleißgeschützt ausgeführt werden. Dies war im Falle des 64-fach Pipetten-Werkzeuges jedoch nicht notwendig. Das Schussgewicht für die Pipettenspitzen lag pro Düse bei 9,76 g, was pro Spitze 1,22 g (1,075 cm³) entsprach. Der Teilkreis-Durchmesser betrug 54 742 mm, und der Anspritzpunkt-Durchmesser wurde entgegen einer ersten Auslegung mit 0,6 mm gewählt. Für die erste Musterung wurde eine Werkzeugtemperatur von etwa 70 °C gewählt. Die Verarbeitungstemperatur wurde nach der ersten Musterung auf 230 °C eingestellt, da bei der Starttemperatur von 250 °C ein leichter Materialaustritt am Anspritzpunkt zu erkennen war. Nach diesen geringen Änderungsmaßnahmen lief das Werkzeug bereits zur vollen Zufriedenheit des Kunden.

Mehrfachdüse für Pipetten – ganz im Sinne des Werkzeugbauers

Günther legte seine Aufmerksamkeit bei der Entwicklung der Mehrfachdüse Oktaflow zur seitlichen Anspritzung auf eine praxisgerechte Möglichkeit, mit einem einteiligen Formeinsatz zu arbeiten. Somit kann der Werkzeugbauer auf einen aufwendigeren geteilten Einsatz verzichten. Die Düsenspitzen können aus Richtung der Trennebene montiert und demontiert werden, ohne dass die Düsenseite des Werkzeuges komplett zerlegt werden muss. Die Oktaflow-Düse ist mittels beheizter Aufnahme auch als Einzeldüse in radialer und linearer Ausführung einsetzbar.

Auf der Messe Fakuma: Halle A2, Stand 2207

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