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Serviceroboter mit Maxon-Antrieben und einer Herkunft aus dem All

Service-Robotik mit neuem Gesicht
Serviceroboter mit Maxon-Antrieben – und einer Story aus dem All

Serviceroboter mit Maxon-Antrieben – und einer Story aus dem All
Der Roboter Miroki kann bis zu 3 kg tragen. Seine Entwickler möchten, dass er sich in Betreuungsinstitutionen, Durchgangsräumen oder Freizeiteinrichtungen nützlich macht. Aufgestellte Ohren signalisieren, dass der Roboter bereit ist für neue Befehle (Bild: Enchanted Tools)
Nur wenn ein Roboter für Menschen wirklich nützlich ist, wird er sich in der Anwendung durchsetzen. Das französische Start-up Enchanted Tools orientiert seine Technik daran und nutzt dafür präzise Antriebe des Schweizer Herstellers Maxon. Am auffälligsten aber ist das manga-ähnliche Aussehen des Helfers.

Marie Veronesi
Fachjournalistin in Lyon/Frankreich

Im Gesundheitswesen, in der Gastronomie oder an Flughäfen könnten Patienten, Gäste und Reisende künftig einem Wesen aus dem Weltraum begegnen. So zumindest lautet die Geschichte, die die Entwickler des französischen Start-ups Enchanted Tools rund um ihre neue Robotergeneration gestrickt haben.

Mit dieser Sichtweise auf die Robotik wollen sie die Welt verzaubern, statt sie zu entmenschlichen. Und sie wollen die Robotik revolutionieren, indem sie die Akzeptanz verbessern, um Roboter großflächiger einsetzen zu können. Unternehmensgründer Jérôme Monceaux, bekannt als Mitentwickler der beiden Roboter Pepper und Nao, hat mit seinem Pariser Start-up eine komplette Evolutionsgeschichte für die neuen Roboter erdacht: Ihr „Volk“, die Mirokai, lebten demnach auf einem fernen Planeten und haben die Menschheit von der Höhlenmalerei an begleitet und inspiriert. Nun hat es eine dieser Lichtgestalten bis auf die Erde geschafft und will die Menschen hier – in Gestalt des Roboters Miroki – unterstützen. Sein Motto: „Ich bin nicht perfekt, aber ich werde mein Bestes geben.“

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Ohren nach oben: Damit signalisiert der Roboter Mirokai, dass er aufmerksam für neue Befehle ist. „Diese Elemente hauchen ihm die Extraportion Lebendigkeit ein, die Maschinen im Allgemeinen fehlt“, erklärt Jérôme Monceaux. Er ist CEO des Start-ups Enchanted Tools, das die neuen Roboter entwickelt
(Bild: Enchanted Tools)

 

Serviceroboter mit eigener Persönlichkeit

CEO Monceaux erzählt: „Dieser Ansatz ermöglichte es, eine regelrechte Roboter-Persönlichkeit zu schaffen, mit einer Tiefe, wie sie bislang keine Maschine besaß.“ Das sei ein disruptiver, innovativer Ansatz. Zur Geschichte passt auch das Aussehen: Mirokis freundliches Gesicht zeigt interaktive Mimik, die in Echtzeit mittels Videoprojektion übertragen wird.

Doch zu menschenähnlich dürfen humanoide Roboter gar nicht aussehen, sonst erleben Menschen sie als unheimlich. Der Robotiker Masahiro Mori prägte dafür den Begriff des Uncanny Valley. Denn: Je stärker ein Roboter dem Menschen gleicht, desto ungeheuerlicher erscheinen uns seine Unzulänglichkeiten.

Bei Miroki wollten die Entwickler das vermeiden und haben menschliche Attribute – zwei Arme plus Kopf – mit tierischen Merkmalen – langen Ohren – in einer manga-ähnlichen Figur kombiniert. Der Roboter ist 1,23 m groß, bewegt sich aufrecht und kann die Ohren verstellen. Die Entwickler arbeiten daran, dass Miroki künftig ein Lächeln erwidern kann.

Wenn der Serviceroboter die Ohren bewegt

Gerade die Ohren sind dabei in wertvolle Verbündete, die positiv erlebt werden, heißt es. „Durchquert Miroki einen Flur mit gesenkten Ohren, zeigt dies, dass er auf seine Aufgabe konzentriert ist. Ruft man ihn, und er stellt ein oder beide Ohren auf, so hört er zu und man kann ihm eine Anweisung geben. Diese Elemente hauchen ihm die Extraportion Lebendigkeit ein, die Maschinen im Allgemeinen fehlt“, erklärt Monceaux.

Wie Serviceroboter künftig in Klinik und Pflege helfen

Pepper und Nao, zwei ältere Robotergenerationen, wurden als erste humanoide Roboter weltweit bekannt. Dennoch schafften es diese beiden nicht in den Alltag der Menschen, denn sie waren nicht „nützlich“ genug, sagt der Entwickler. Damit das bei Miroki anders ist, galt es, drei Aufgaben in der Robotertechnik zu lösen:

  • Automatisierte Navigation in halbstandardisierten Räumen
    Der auf einer rollbaren Kugel stehende Miroki kann sich frei bewegen und bewegt werden. Steht er im Weg und man tippt ihn leicht mit dem Finger an, rollt er weg – eine für die Mobilität in sozialen Bereichen notwendige Funktion.
  • Automatisiertes Greifen
    von Gegenständen

    Mirokis Hände können nur spezielle Griffe fassen – diese werden an den Gegenständen befestigt, die der Roboter hochheben soll, und sind über Tags erkennbar. So erreicht Miroki eine Erfolgsquote von 97 % beim Greifen, während der Marktstandard bei etwa 60 % liegt.
  • Semantische und emotionale Interaktionen mit unbedarften Nutzern
    Miroki kann Sprachbefehle verstehen und ausführen.

„Das Konzept setzt auf Vereinfachung: Miroki gehört nicht zu den Spitzenreitern in Sachen Greifen, Navigation oder Interaktion, aber er ist in allen drei Bereichen ausreichend gut, um seine Aufgabe zu erledigen, und zwar Gegenstände in einem sozialen Umfeld zu bewegen“, erläutert der CEO.

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Vom Krankenhaus bis hin zum Hotel: Die Mirokai-Roboter sollen sich bei den Menschen besonders nützlich sein
(Bild: Enchanted Tools)

Was der Serviceroboter greifen soll, hat spezielle Griffe

Mit den Universalgriffen lassen sich künftig beispielsweise alle Zimmer einer bestimmten Krankenhausstation ausstatten. Die Pflegefachfrau kann Frühstückstabletts vorbereiten und muss dem Roboter lediglich sagen: „Hier das Tablett für Frau Meier. Ich möchte, dass du jeden Morgen um 8 Uhr das Tablett von Frau Meier ins Zimmer 103 bringst und es um 9 Uhr wieder abholst.

Innerhalb eines Jahres sollte der Prototyp entstehen. Dafür wurden zuverlässige Produkte gesucht, unter anderem Antriebslösungen. Die Teams des Elektromotorenspezialisten Maxon AG, Sachseln/Schweiz, unterstützten Enchanted Tools beim Auslegen der Produkte und Auswählen der Antriebe. Für den „Ball Bot“, mit dem sich Miroki fortbewegt, fiel die Wahl auf die EC-I-40-Motoren mit Planetengetriebe, während die anderen Achsen mit den bürstenlosen ECX Torque mit 22 mm Durchmesser ausgerüstet wurden.

Antriebe von Maxon sind für das selbsttragende System wichtige Komponenten

Kevin Schwartz, Vertriebsingenieur bei Maxon France, und Max Erick Busse-Grawitz, Technology Transfer Manager bei Maxon International, haben Motoren mit hoher Leistungsdichte und geringer Trägheit bezogen auf das Drehmoment empfohlen. Denn in selbsttragenden Systemen sind die Stellantriebe Teil der Lösung, aber auch des Problems: Sie müssen leicht, klein und wenig träge sein. „Das bedeutet, sie haben eine niedrige mechanische Anlaufzeitkonstante, Reduktionsgetriebe mit hohem Wirkungsgrad und hohe Drehmomentdichte, so Schwartz.

Exoskelett mit Therapie-Protokoll: Antriebe unterstützen bei Bewegungsstörungen

Auf Grundlage der erfolgreichen Prototyping-Phase unterstützt Maxon nun das französische Start-up bei der Analyse dieser neuen Spezifikationen, um die technische Lösung für die Serienfertigung zu definieren. Das Ziel? Die perfekte Balance zwischen technischer Leistungsfähigkeit und Serienkosten.

Nach dem Prototyp lernen die Serviceroboter weiter – auch im Krankenhaus

Nach der erfolgreichen Vorstellung des ersten Prototyps widmet sich Enchanted Tools 2023 einer zweiten Mittelbeschaffung, um mit der Produktion der ersten Modelle zu starten. Sobald diese in Betrieb gehen, werden die Mirokaï unter realen Bedingungen lernen und ihren Feinschliff erhalten, damit sich ihr Nutzen kontinuierlich vergrößert.

Eine entsprechende Partnerschaft gibt es bereits mit dem auf Geriatrie spezialisierten Krankenhaus Broca der französischen Spitalgruppe AP-HP. Enchanted Tools plant anschließend die Vermarktung seiner Roboter bis 2025/2026. Geplant ist, 100 000 Roboter innerhalb von zehn Jahren herzustellen. Dann soll gelegentlich ein kleiner, rollender Roboter mit fuchsähnlichem Kopf eine Erfrischung anbieten.

Über das Start-up: https://enchanted.tools/
Über Maxon: www.maxongroup.ch


Über das Start-up

Enchanted Tools wurde 2021 von Jérôme Monceaux, Multiunternehmer und Mitgründer von Aldebaran, sowie Samuel Benveniste (PhD), früherer Leiter des französischen Kompetenzzentrums für kognitive Stimulation CEN Stimco, gegründet. Beim Projektstart hatte das Start-up 15 Millionen Euro als Kapital. Damit wurden 50 Expertinnen und Experten unterschiedlichster Fachrichtungen eingestellt, um den Roboter Miroki zum Leben zu erwecken.

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