Im Klinikum Hochrhein ermöglicht der OP-Roboter Rosa den Operateurinnen und Operateuren heute das genaue Positionieren von Implantaten für das Kniegelenk – abgestimmt auf die anatomischen Gegebenheiten und die Optimierung der Weichteilspannung.
Im Zentrum für Orthopädie, Wirbelsäulen- und Unfallchirurgie, kurz Zowu, hat das Klinikum Hochrhein drei orthopädisch-chirurgische Fachkliniken organisiert. Die Operierenden, die hier den Roboter nutzen, konstatieren, dass sich Position und Spannung durch die Anwendung von Rosa sehr gut optimieren lassen. Damit verbessern sich die Aussichten auf eine problemlose Heilung, Funktionsfähigkeit und Haltbarkeit des neuen Knies.
„Gut 20 Prozent der deutschlandweit operierten Patienten waren bislang unzufrieden und nicht beschwerdefrei nach einem Kniegelenksersatz“, erklärt Dr. Tamara Hesselmann, Chefärztin der Klinik für Orthopädie und Sportmedizin am Klinikum Hochrhein. „Die Robotik gibt uns die Möglichkeit, die Individualität des jeweiligen Kniegelenkes genauer zu betrachten und somit dieser Unzufriedenheit entgegenzuwirken.“
Robotergestützte Operationen unter Einsatz von Systemen wie Rosa gewinnen in diesem Kontext zunehmend an Bedeutung. Das Ziel: Zwangsführungen mit erhöhtem Kniescheibenanpressdruck, Überlastung der Weichteile und Beeinträchtigung der Funktion angrenzender Gelenke lassen sich reduzieren und so unangenehme Schmerzen weitgehend vermeiden – was die Patientenzufriedenheit erhöht.
Roboter Rosa sammelt Daten vor der OP und stellt diese dann bereit
Rosa sammelt vor und während der Operation eines orthopädischen Kniegelenkersatzes präzise Daten und zahlreiche Details, die mit der Anatomie des Patienten zusammenhängen. Diese personalisierten Daten der Operierten stehen während des gesamten Eingriffs digital auf einem Display zur Verfügung. Das Implantat kann, im Vergleich zu herkömmlichen Methoden, noch präziser positioniert werden – das Kniegelenk sowie die angrenzenden Weichteile und Gelenke werden weniger beansprucht.
Die verantwortlichen Mediziner im Zowu bestätigen, dass die Regenerationsphase nach der Operation in der Mehrzahl der Fälle nachweisbar kürzer ist als bei Operationen ohne Robotik. Das Patientenfeedback gestaltet sich durchweg positiv, berichtet Chefärztin Hesselmann: „Es werden häufig weniger Schmerzen angegeben, und die Patienten können oft schneller mobilisiert werden.“ Besonders wichtig sei das Arztgespräch im Vorfeld einer OP, sagt sie. Durch eine gezielte Aufklärung darüber, dass Rosa lediglich die Daten liefert, das Skalpell aber weiterhin durch Ärztinnen und Ärzte geführt wird, schaffe man Vertrauen und verringere die Ängste der Betroffenen.
Robotische Assistenz im OP für kürzere Regenerationsphasen
Auch für die Operierenden bietet Rosa Vorteile. Langzeitstudien gibt es heute dazu zwar noch keine, aber erste ausgewertete Mehrjahresverläufe bestätigen im Durchschnitt kürzere Regenerationsphasen bei den mit robotischer Assistenz operierten Patienten.
Eine Übersichtsarbeit bestätigt diese Aussagen für Rosa. Mit seiner FDA-Zulassung im Jahr 2019 zählt Rosa zu den jüngsten robotergestützten Assistenzsystemen. Es unterscheidet sich vor allem durch zwei Merkmale von anderen Systemen:
- Rosa verfügt nicht über einen Fräser für Knochenresektionen und
- bietet eine Software, die zweidimensionale Knieröntgenaufnahmen in ein dreidimensionales patientenspezifisches Knochenmodell umwandelt.
Letzteres macht die Bildgebung im CT für die präoperative Planung obsolet. Doch auch die Operationsplanung auf Basis eines CT-Scans ist möglich.
Das System wurde unter dem Namen Rosa Knee System mit anderen Robotersystemen verglichen.
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Robotersystem Rosa sagt Implantatgröße vorher
Die Übersichtsarbeit zitiert Studien, denen zufolge Rosa in 93,1 % der Fälle die Implantatgröße präzise voraussagt. Das ist mehr, als die klassische 2D-Planung leisten kann. Die Autoren der Publikation gehen außerdem davon aus, dass die Prinzipien des Rosa-Kniesystems den chirurgischen Ablauf sorgfältig unterstützen. Der Verzicht auf eine im Robotersystem integrierte Säge und der manuelle Einsatz einer Standardsäge vermeidet eine längere Operationszeit, da Einstellzeiten für die Säge am Roboterarm entfallen können und mögliche Komplikationen wie Kalibrierungsfehler so reduziert oder sogar ausgeschlossen werden.
Im Zowu des Klinikums Hochrhein geht man davon aus, dass die Robotik in den kommenden Jahren stark zunehmen wird. „Die Zukunft liegt in der patienten-individuellen Positionierung der Knieprothese“, führt Tamara Hesselmann aus. Daher würden Assistenz-Systeme in der Knie-Endoprothetik immer wichtiger werden. Zudem prognostizieren die Ärztinnen und Ärzte, dass auch Künstliche Intelligenz weitere Veränderungen im Operationssaal mit sich bringen werde. Trotz allen technologischen Fortschritts betonen aber die Operateurinnen und Operateure, dass Robotik immer nur als Unterstützung zu den manuellen Fähigkeiten der Operierenden gesehen werden kann, nicht aber als deren Ersatz.
Über den Hersteller des Robotersystems Rosa: www.zimmerbiomet.com
Über den Roboter und das System
Das Operationssystem Rosa hat Zimmer Biomet auf den Markt gebracht und für neurochirurgische und orthopädische Operationen konzipiert. Darin im Einsatz sind Roboter der Stäubli Tec-Systems GmbH Robotics, Bayreuth.
Das System soll das Operationspersonal entlasten und über lange OP-Zeiten Präzision und Steifigkeit garantieren. Im Jahr 2023 hat Stäubli seinen Roboter mit einer zusätzlichen Handguiding-Funktion ergänzt. Diese ermöglicht es, den Roboter per Hand an die gewünschte Position zu fahren oder den anzufahrenden Punkt vorzugeben, sodass dieser später selbstständig vom Roboter angefahren werden kann.
Über Kniegelenk, Gonarthrose und Implantate
Das Kniegelenk zählt zu den komplexesten Gelenken im menschlichen Körper. Charakteristische Bewegungen wie Drehen, Rollen oder Gleiten basieren auf der harmonischen Interaktion von Knochen, Muskeln, Bändern und Sehnen. Die Bewegungen sind entscheidend für die Belastbarkeit und Funktionalität des Kniegelenks. Jede Veränderung innerhalb dieser fein abgestimmten Mechanik kann Auswirkungen auf die Gelenkfunktion haben. Verletzungen und Erkrankungen wie die Gonarthrose sind solche Veränderungen.
Die Gonarthrose zählt zu den häufigsten Erkrankungen und hat einen starken Einfluss auf die Lebensqualität der Betroffenen. Auch belastet die Erkrankung das Gesundheitssystem und die Gesellschaft in ökonomischer Sicht.
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Eine Knieendoprothese einzusetzen, zählt heute zu den etablierten OP-Verfahren, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Allein in Deutschland erhielten 199 527 Menschen im Jahr 2022 eine Endoprothese am Kniegelenk.
Ausgehend von der demographischen Entwicklung und der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft, kann für die kommenden Jahre von einem zunehmenden Bedarf an Kniegelenkersatz ausgegangen werden.