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Avateramedical: Deutsche OP-Roboter als Alternative zu Davinci

Roboterassistenz im OP
Avatera: OP-Roboter aus Jena als Alternative zum Davinci-System

OP-Roboter? Da fällt zumeist nur ein Name. An einer Alternative arbeitet die Avateramedical GmbH aus Jena – und im Frühjahr 2022 hatte ihr System den weltweit ersten klinischen Einsatz. Geschäftsführer Andreas Wegner-Berndt über Ziele und künftige Aufgaben, von KI über Pay-per-Use bis Kreislaufwirtschaft.

Dr. Birgit Oppermann
birgit.oppermann@konradin.de

Können deutsche Ingenieure einen OP-Roboter auf den Markt bringen, der international erfolgreich ist? Diese Frage haben sich vor über zehn Jahren Prof. Jens-Uwe Stolzenburg und Dr. Hubertus von Grünberg gestellt. Damals war die Antwort: bisher nicht. Doch das sollte sich ändern. Denn beide – der eine Chirurg, der andere Topmanager – hatten sich zum Ziel gesetzt, mit einem in Deutschland entwickelten System robotisch unterstützte Eingriffe weltweit verfügbar zu machen. Was auch bedeutet, damit zum US-amerikanischen Marktführer Intuitive Surgical und dessen Davinci-System in Wettbewerb zu treten.

Avatera: OP-Robotersystem made in Germany

Seit der Gründung 2011 hat sich, mit entsprechender Finanzierung, die Avateramedical GmbH aus Jena zum Medizinprodukte-Hersteller entwickelt. An vier Standorten sind über 200 Mitarbeiter beschäftigt, Dutzende Stellen sind ausgeschrieben. Das OP-Roboter-System Avatera wurde im Frühjahr 2022 erstmals bei einer Operation in Leipzig eingesetzt. Es ist in fünf europäischen Kliniken installiert und besteht aus vier Medizinprodukten, die das CE-Kennzeichen tragen.

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Andreas Wegner-Berndt ist seit August 2021 Geschäftsführer der Avateramedical GmbH und seit 2016 Geschäftsführer der Avateramedical Mechatronics GmbH
(Bild: Avateramedical)

Kann man da noch von einem Start-up reden? „Diesen Status hat Avateramedical wohl schon vor drei oder vier Jahren hinter sich gelassen“, sagt Andreas Wegner-Berndt. Er leitet seit Ende 2021 als Geschäftsführer das Unternehmen. Avateramedical sei kein „Entwicklungsprojekt“ mehr. Und alles, was bei der Unternehmensgruppe läuft, ist auf die Zukunft ausgerichtet. „Wir sehen uns künftig als potenzielle Nummer 2 im internationalen Markt“, so der Geschäftsführer. Um aber eine echte Alternative zum Marktführer zu sein, müssten sich die OP-Roboter „made in germany“ rasch weiterentwickeln, sagt Wegner-Berndt.

Das OP-Roboter-System besteht aus vier Medizinprodukten

Das Avatera-System setzen Mediziner in der Urologie und Gynäkologie ein, um Eingriffe an weichen Geweben mit Roboterassistenz auszuführen. Dabei sitzt der Chirurg an einem Telemanipulator, der aus der vierarmigen Robotereinheit plus Bedienkonsole besteht. Der Telemanipulator als Ganzes ist als Medizinprodukt zertifiziert. Um das System nutzen zu können, kommen drei weitere Medizinprodukte hinzu: das Endoskop, die Single-Use-Instrumente und sterile Abdecksysteme.

Roboter-Trends in der Medizin: Was hilft, was ist schwierig

Allein die Entwicklung der Instrumente mit 5 mm Durchmesser hat vom Start bis zur Umsetzung sechs Jahre benötigt. Die Arbeit hat sich gelohnt: Die Spitzen der Instrumente lassen sich vom Operateur mit sieben Freiheitsgraden bewegen, was mehr Bewegungsfreiheit ermöglicht als bei manuell laparoskopischen Instrumenten. Die Eingaben des Operateurs werden vom System invers umgesetzt, sodass die Bewegungen des Instruments wieder „intuitiv“ sind.

Ab 2024 sind weitere Einsatzgebiete für die OP-Roboter geplant

Schon für 2024 ist die nächste Generation geplant. Das System soll dann auch in der allgemeinen Chirurgie, Thorax-Chirurgie und bei kardiovaskulären Eingriffen einsetzbar sein. Die einzelnen Medizinprodukte bekommen dafür neue Eigenschaften: „Schon jetzt erhält der Chirurg über 3D-Bildgebung einen immersiven Eindruck, fühlt sich am Ort des Geschehens.“ Gewebe lassen sich künftig durch fluoreszierende Mittel voneinander abgrenzen. Daten aus der OP-Planung und der Durchführung des Eingriffs stehen bereit und werden analysiert. „Um diese für den Chirurgen in nutzbringender Weise zur Verfügung zu stellen, wird auch KI mittelfristig ein Thema sein“, sagt Wegner-Berndt.

Mikrochirurgie: Was OP-Roboter und robotisches Mikroskop leisten

Die Instrumente werden ebenfalls weiterentwickelt. Bei der Anwendungsbeobachtung in den Kliniken habe sich gezeigt, dass die für das Avatera-System bisher verfügbaren bipolaren Scheren ihre Aufgaben sehr gut erfüllen. „Es gibt für robotische Systeme aber inzwischen monopolare Scheren, die sich als Standard herauskristallisieren. Diesem Trend werden wir folgen.“

Single-Use-Instrumente beim OP-Roboter: Nachhaltigere Lösung denkbar

Ein weiteres Thema ist die Nachhaltigkeit. Von seinem Single-Use-Konzept ist das Unternehmen überzeugt. „Mit Einmal-Instrumenten ist der Aufwand für das Krankenhaus einfach viel geringer. Die Funktionalität ist immer die gleiche, die Instrumente sind immer sauber und steril“, sagt Wegner-Berndt – und sieht diesen Aspekt als den wichtigsten, der für das Avatera-System spricht.

Wiederaufbereitung von Medizinprodukten – was geht und erlaubt ist

Nichtsdestoweniger ist der Wunsch nach mehr Kreislaufwirtschaft ein Grund, die Instrumente zu überarbeiten. „Wenn man sich den Carbon Footprint anschaut und Single-Use-Instrumente mit solchen vergleicht, die ein Dutzend Mal wiederaufbereitet werden, sind – je nach Untersuchung – zwar kaum Unterschiede zu finden.“ Dennoch ließen sich Komponenten aus den Instrumenten so gestalten, dass sie nach Gebrauch der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden könnten. Auch dafür ist bei Avateramedical das Know-how der Chirurgieinstrumentehersteller gefragt: Die Instrumentenentwicklung haben die Jenaer in Altingen – nahe Tübingen – aufgebaut.

Gute Prognosen für die roboterassistierte Chirurgie

Das Potenzial für die Avatera-Systeme ist nach Einschätzung des Geschäftsführers jedenfalls riesig. Roboterassistierte Chirurgie sei eine Weiterentwicklung der Laparoskopie, die Patienten kürzere Krankenhaus-Aufenthalte und schneller heilende Wunden ermögliche. Daher gingen „Prognosen davon aus, dass der Markt für robotische Systeme in der Chirurgie von aktuell etwa sechs Milliarden US-Dollar in den kommenden fünf Jahren auf rund 20 Milliarden US-Dollar wachsen wird.“

Laser und OP-Roboter als Team für die Knochenchirurgie

Mit der Technik will Avateramedical Mediziner überzeugen – und mit der Effizienz und Effektivität des Verfahrens auch diejenigen, die finanzielle Fragen im Blick haben. Um OP-Roboter überall verfügbar zu machen, muss ein Unternehmen laut Wegner-Berndt technisch auf dem neuesten Stand sein und seine Systeme – ganz flexibel – vom Kauf bis hin zu Pay-per-Use-Modellen anbieten. „Dann kann Roboterchirurgie international intensiver genutzt werden.“

Modularer Roboter für verschiedene medizinische Anwendungen


Über Avateramedical

Die Avateramedical GmbH bietet das OP-Robotersystem Avatera an. Hauptstandort ist Jena. Das Tochterunternehmen Avatera Medical Mechatronics GmbH in Ilmenau ist auf die Entwicklung und Fertigung robotischer Komponenten spezialisiert und beschäftigt rund 150 Mitarbeiter. Die Avatera Digital Solu‧tions GmbH in Hannover besetzt
die Felder Advanced Imaging und Datenanalyse.

www.avatera.eu


Kontakt zum Hersteller:
Avateramedical  GmbH
Ernst-Ruska-Ring 23
07745 Jena
Tel.: +49 (0) 3641-2724-0
E-Mail: info@avateramedical.com

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