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Brandsichere Kabel nach CPR-Gesetz für die Tumortherapie

Kabeltechnologie
Brandsichere Kabel nach CPR-Gesetz für die Tumortherapie

Brandsichere Kabel nach CPR-Gesetz für die Tumortherapie
Ein Synchrotron ist eine spezielle Art von Teilchenbeschleuniger, der geladene Teilchen auf einem geschlossenen Ringweg mit Hilfe von Magnetfeldern und elektrischen Wechselfeldern auf hohe Energien bringt. In der Protonentherapie kann er die Protonen auf hohe Energien beschleunigen und sie gezielt auf den Tumor lenken, um ihn zu zerstören (Bild: RFBSIP/stock.adobe.com)
In Pavia, Italien, steht eines von weltweit nur sechs Synchrotrons zur Tumortherapie. Weil sich in dem Gebäude Personen aufhalten, kommt das europäische CPR-Gesetz ins Spiel, nach dem Kabel strengen Brandschutzanforderungen genügen müssen. Der Betreiber der Einrichtung suchte daher für die Instrumentierung der Anlage entsprechende Kabel. Fündig wurde er bei der Lapp-Tochter Camuna Cavi.

Irmgard Nille
Fachjournalistin in Hamburg

Manche Regelungen und Gesetze der EU werden beschlossen, treten in Kraft – und werden erstmal nicht richtig verstanden. Das ging auch der Construction Production Regulation (CPR) so. Dieses EU-Gesetz gilt für alle Produkte, die fest in Gebäuden installiert werden, in denen sich Menschen aufhalten. CPR ordnet diese Produkte unterschiedlichen Klassen zu, die sich in ihrem Brandverhalten unterscheiden. Am 1. Juli 2017 trat das Gesetz in Kraft. „Uns war sofort klar, dass das viele unserer Kunden betreffen würde“, erinnert sich Luigi Sterli, Manager für Innovation und Technologie bei Lapp Camuna Cavi in Edolo, Italien.

Sichere Leitung – auch bei Rauch und Hitze

Leider war dies jedoch nicht allen Kunden klar. Viele winkten ab und behaupteten, CPR betreffe sie nicht. Ein Irrtum, wie sich jetzt herausstellt. Zahlreiche Kunden meldeten sich bei Camuna Cavi, weil sie CPR-klassifizierte Kabel bräuchten, so Sterli. Vor allem von Raffinerien oder aus der Chemieindustrie gebe es verstärkt Nachfrage. Einer dieser Kunden ist das Nationale Zentrum für Onkologische Hadronen-Therapie (CNAO) in Pavia in Italien. Das CNAO betreibt ein Synchrotron, das Atomkerne auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt, um mit ihnen Tumorzellen im Gehirn zu zerstören.

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Beim Aufbau der komplexen Maschine erkannte das ausführende Unternehmen, dass sie in dem Bunker, wo das Synchrotron steht, CPR-klassifizierte Rechnerkabel benötigt. Das Unternehmen erkundigte sich bei Sterli, ob er denn ein Produkt empfehlen könne, das die geforderten Eigenschaften der Datenübertragung erfülle und außerdem nach CPR geprüft sei. Er konnte. Im Sommer 2022 lieferte Lapp 1,6 km Unitronic RE-2Y(ST)Yv PiMF. Hinter der Produktbezeichnung verbirgt sich eine Rechnerleitung, die mit einer Isolierung und einem Mantel auf Polyolefinbasis hergestellt und statisch gepaart wird.

Umfangreiche Tests für die Brandschutz-tauglichen Kabel

Die Rechnerleitung erfüllt die Anforderungen der CPR-Klasse Ca-S1b,d1,a1, darunter EN 50399 zur Bestimmung der Abgabe von Hitze und Rauch im Flammtest, oder IEC 60332-1-2, ein Test, der die Flammenausbreitung auf einem einfach isolierten Kabel prüft. Hinzu kamen weitere Tests nach IEC 60754-2 (Bestimmung der Gase, die in der Flamme entstehen) oder IEC 61034-2 (Bestimmung der Rauchdichte).

Die Anfrage aus Pavia, wie auch von zahlreichen anderen Kunden, traf das Team von Camuna Cavi nicht unvorbereitet. Das Unternehmen betreibt schon länger Prüfstände zu den oben genannten Normen und bietet bereits eine breite Palette von CPR-klassifizierten Produkten an. Weil durch CPR die Anfragen zugenommen haben, hat das Management entschieden, eine Halle auf dem Gelände des Unternehmens zu einem hochmodernen Labor umzubauen, welches das alte Labor ersetzt.

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Auf 300 m2 Fläche gibt es künftig alle erforderlichen Testmöglichkeiten, darunter eine 4 m hohe Kammer, in der Kabel vertikal aufgehängt und einer Flamme ausgesetzt werden. Ein Lichtsensor misst die Dichte des Rauchgases. Das Labor führt auch Tests aus, die in CPR nicht gefordert sind, wie zum Widerstand gegen Entflammen. Weil bei solchen Prüfungen toxische Gase und Rauch entstehen können, ist das Labor mit einem Aktivkohlefilter ausgestattet sowie mit einem Abgaswäscher. Das neue Labor ist derzeit im Aufbau und soll im Sommer 2023 eingeweiht werden.

www.lapp.com


Nationales Zentrum für Onkologische Hadronen-Therapie (CNAO)

Das CNAO im italienischen Pavia ist eines von nur sechs Zentren weltweit, die diese Art der Tumortherapie anbieten. Es erzeugt Kohlenstoff-Ionen – Atomkerne ohne Elektronenhülle – und beschleunigt diese auf eine sehr hohe Geschwindigkeit, wodurch sie eine große Energie gewinnen.

In einem Synchrotron kreisen die Atomkerne, bis sie schließlich zum Therapieplatz ausgeschleust werden, wo der Patient auf einer Liege fixiert ist. Durch elektrische Felder werden die Atomkerne an den Ort des Tumors dirigiert, zum Beispiel im Inneren des Gehirns. So kann man jeden Punkt in einem dreidimensionalen Volumen genau ansteuern.

Auf ihrem Flug durch das Gewebe werden die Atomkerne abgebremst, die meiste Energie verlieren sie aber erst auf den letzten Millimetern. Deshalb wird nur das Erbgut der Tumorzellen zerstört, während das Gewebe auf dem Weg dorthin unbeschädigt bleibt. Durch Variation der Energie der Atomkerne kann man die Eindringtiefe bestimmen.

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