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Damit sich alle vertragen

Ambient Assisted Living: Leitfaden für genormte Schnittstellen
Damit sich alle vertragen

Die deutsche Normungs-Roadmap soll den Fortschritt im Bereich Ambient Assisted Living (AAL) beschleunigen. Den entsprechenden Leitfaden haben Experten vom VDE|DKE entwickelt.

Deutschland altert. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung wird bis 2025 die Hälfte der Bevölkerung älter als 47 Jahre sein und die Zahl der über 80jährigen gegenüber heute um 70 % zunehmen. Der Anteil der Hochbetagten an der Gesamtbevölkerung steigt damit auf über 8 %.

Solche Erkenntnisse, die es im übrigen nicht nur für Deutschland gibt, sind eine wesentliche Triebfeder für die rasante Entwicklung des Ambient Assisted Living (AAL): Systemen, die insbesondere älteren Menschen im Alltag helfen sollen. Als eigenständiges Forschungs- und Arbeitsgebiet wurde AAL erst vor wenigen Jahren definiert. Inzwischen wird es schon von zahlreichen nationalen und internationalen Akteuren vorangetrieben.
Typisch für dieses Gebiet ist die interdisziplinäre Arbeit mit vielen Partnern aus verschiedenen medizinischen, technologischen, soziologischen und wirtschaftlichen Sektoren. Entsprechend groß ist die Zahl der bereits vorhandenen Normen und Spezifikationen, die schon aus Medizintechnik, Gebäudeautomation, Signal- und Alarmgebungssystemen bekannt sind und fortgeführt werden müssen.
Vor diesem Hintergrund hat die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE (VDE|DKE) eine Deutsche Normungs-Roadmap AAL aufgestellt. Sie soll ein übergreifendes Verständnis des Themas AAL bei allen Beteiligten herbeiführen. Die Hersteller unterstützt sie beim Entwurf von Produkten, indem sie die Berührungspunkte und Schnittstellen unterschiedlicher Bereiche erläutert. Auch sollen vorhandene Lücken bei der Integration und Interoperabilität der Einzelsysteme geschlossen werden. Vorgestellt wurde dieser Leitfaden im Januar 2012 zum AAL-Kongress. Elektronisch kann er über die Homepage der DKE bezogen werden.
Um im Ambient Assisted Living erfolgreich zu sein, sind die Hersteller im eigenen Interesse auf Zusammenarbeit angewiesen. Denn ein funktionierendes System ist hier immer ein hybrides Produkt: Einerseits wird eine technische Basisinfrastruktur im häuslichen Umfeld gebraucht, die Sensoren, Aktoren und Kommunikationseinrichtungen umfasst. Andererseits sind Dienstleistungen durch Dritte erforderlich, um vor allem der alternden Bevölkerung ein selbstständiges Leben zuhause zu ermöglichen.
Von technischer Warte aus formuliert, lässt sich AAL als verteiltes Hardware-Software-System mit bis zu vier Standorten beschreiben. An erster Stelle steht die Wohnung des Anwenders, in der Sensorik und Aktorik installiert sind. An zweiter Stelle folgen mobile Komponenten, die der Anwender mit sich führt, also körpernahe Sensorik und mobile Endgeräte, die auch unterwegs Hilfe bieten. Darüber hinaus wird das Rechenzentrum des Service-Providers benötigt. Dort werden externe Rechenaufträge ausgeführt, aber auch Dienste wie Fernwartung, Fernkonfiguration, Backup oder ein App-Store mit nachladbaren Softwaremodulen für AAL-Systeme angeboten. An letzter Stelle sind dritte Parteien involviert. Sie bieten elektronische Dienste oder eben Dienstleistungen an, die durch das AAL-System genutzt werden. Dazu zählen IT-Systeme von Leistungserbringern des Gesundheitswesens oder auch elektronische Dienste, mit denen die Wettervorhersage abgefragt oder Waren und Dienste online bestellt werden.
Da demographischer Wandel in allen Industriestaaten stattfindet, ist zu erwarten, dass der Markt für AAL-Produkte zumindest ein europäischer, wenn nicht sogar ein globaler sein wird. Internationale Normen für AAL wären daher sinnvoll. Dafür benötigt die DKE die Mitarbeit der Fachleute in den europäischen und internationalen Normungsgremien und Standardisierungsaktivitäten.
International gibt es schon erste Bemühungen zu identifizieren, welche AAL-Komponenten gleichzeitig Medizinprodukte sind und demnach den Normen und Spezifikationen für Medizinprodukte unterliegen. Auch ist bei der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) eine Strategic Group „Ambient Assisted Living“ (SG 5) eingerichtet. Sie lenkt die aktuellen Entwicklungen im AAL-Umfeld und auch die Standardisierungsaktivitäten in den Technischen Komitees der IEC. An entsprechenden Schritten auf europäischer Ebene wäre sie ebenfalls beteiligt.
Wer in diesem innovativen Geschäftsfeld Hürden durch inkompatible Produkte verschiedener Hersteller aufbaut, wird es schwer haben, eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Sinnvoller ist es, durch innovative Ideen die Entwicklung und Förderung von AAL-Systemkomponenten zu unterstützen.
Verwirklichen lässt sich das am besten , wenn „typische“ AAL-Systeme oder -Anwendungen identifiziert und die dafür notwendigen Normungsschritte für Komponenten, Schnittstellen, Datenformate und so weiter gemacht sind. Das Modellieren solcher Anwendungsszenarien ist übrigens nichts Ungewöhnliches: Es entspricht dem Konzept der Integrationsprofile, die in der Medizintechnik seit mehreren Jahren sehr erfolgreich eingesetzt werden. So ist es schon gelungen, die Interoperabilität komplexer heterogener IT-Systeme zu verbessern.
Die Erfahrungen im Bereich der Medizintechnik haben aber auch gezeigt, dass es nicht ausreicht, Integrationsprofile zu definieren. Vielmehr ist eine systematische Konformitätsprüfung von Systemen und Komponenten erforderlich: Entsprechen sie wirklich den relevanten Spezifikationen und Normen? Ist die Interoperabilität tatsächlich sichergestellt? Dafür werden Prüfwerkzeuge, Testfälle und geeignete organisatorische Strukturen benötigt, wie sie in der Medizintechnik von IHE (Integrating the Healthcare Enterprise) und der Continua Health Alliance aufgebaut wurden.
Damit sich AAL auf lange Sicht durchsetzt, müssen die Systeme kostengünstig, flexibel und besonders sicher sein. Normungs- und Standardisierungsarbeiten haben hierbei große Bedeutung. Lücken gibt es noch
  • im Bereich Fehlerdiagnose und Fernwartung von Systemen,
  • bei der Entwicklung einer abstrakten Normschnittstelle, über die Komponenten der Gebäudeautomation unabhängig vom zugrunde liegenden Feldbus angesteuert werden können, oder
  • in der Kommunikation zwischen AAL- und IT-Systemen des Gesundheitswesens sowie der Anbindung von AAL-Systemen an Hausnotrufdienste.
Darüber hinaus muss die Sicherheit für den Anwender durch allgemein akzeptierte Regeln und Prüfverfahren gewährleistet und objektiv nachgewiesen werden. Für all diese Aufgaben ist die AAL-Roadmap eine wertvolle Richtschnur.
Janina Laurila-Epe Projektmanagerin AAL in der DKE, Frankfurt/M.
Weitere Informationen Die Deutsche Normungs-Roadmap steht auf der Homepage der DKE zum Herunterladen bereit. www.dke.de/de/std/AAL/Documents/Deutsche_Normungs-Roadmap_AAL.pdf
Auch im internationalen Umfeld entwickeln sich Vorgaben

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