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Verpackungsgesetz gilt auch für Medizinprodukte

Verpackungsgesetz
Hersteller in der Pflicht

Hersteller in der Pflicht
Auch Medizinprodukte unterliegen – trotz besonderer rechtlicher Anforderungen – den verpackungsrechtlichen Pflichten (Bild: Song_about_summer/stock.adobe.com)
Verpackungsgesetz | Auch Medizinprodukte unterliegen den rechtlichen Bestimmungen des Verpackungsgesetzes, dessen Regelungen 2022 noch einmal verschärft wurden. Für Hersteller systembeteiligungspflichtiger Medizinprodukte bestehen verpackungsrechtlich vor allem eine Registrierungs- und eine Systembeteiligungspflicht – bei Nichtbeachtung drohen hohe Bußgelder.

Dr. Frederik Fiekas, Justus Heske
Möhrle Happ Luther, Hamburg

Das Verpackungsgesetz (VerpackG) gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Mit Wirkung vom 1. Juli 2022 wurden die Regelungen noch einmal verschärft. Mit ihrer Einordnungsentscheidung vom 29. März 2022 hat die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) unter anderem entschieden, dass auch Medizinprodukte den rechtlichen Bestimmungen des VerpackG unterliegen. Dies gelte unabhängig davon, dass Medizinprodukte bereits aufgrund des Medizinproduktgesetzes (MPG), nunmehr Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG), besondere regulatorische Anforderungen erfüllen müssen.

Systembeteiligungspflichtig oder nicht?

Gegenstand der Entscheidung nach § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 23 VerpackG war die verpackungsrechtliche Einordnung eines Kontaktlinsenbehälters für formstabile Kontaktlinsen (Medizinprodukt der Klasse IIa). Mit Antrag vom 20. Januar 2021 begehrte der Hersteller (Antragstellerin) die Feststellung, ob die Verpackung eines Medizinprodukts systembeteiligungspflichtig im Sinne von § 3 Abs. 8 VerpackG ist.

Eine Verpackung ist grundsätzlich dann systembeteiligungspflichtig, wenn sie mit Ware befüllt ist und typischerweise beim Endverbraucher als Abfall anfällt. Nach Ansicht des Herstellers ist der Kontaktlinsenbehälter für Hygiene und Schutz des Medizinprodukts erforderlich. Der Kontaktlinsenbehälter sei demnach Produktbestandteil, welcher zum Medizinprodukt „Kontaktlinse“ gehöre und folglich diversen Tests und Nachweisen unterläge. Die Klassifizierung als Medizinprodukt der Klasse IIa müsse bei der verpackungsrechtlichen Einordnung Berücksichtigung finden, sodass bereits die Anwendung des VerpackG fraglich sei.

Nach Ansicht der ZSVR sind die Ziele der für Medizinprodukte geltenden Regelungen insbesondere die Sicherheit von Medizinprodukten und der Gesundheitsschutz der Anwender. Diese würden Verbraucherschutznormen darstellen, mit denen keine verpackungsrechtlichen Wertungen oder Schlussfolgerungen verbunden seien. Demgegenüber habe der Gesetzgeber mit dem VerpackG seine ökologischen und abfallwirtschaftlichen Ziele als Rechtsnorm formuliert.

Wechselwirkungen der gesetzlichen Vorschriften für Medizinprodukte als Verbraucherschutznormen mit abfallrechtlichen Vorschriften, insbesondere mit dem VerpackG, seien weder intendiert noch würden sich diese aus Rechtsvorschriften ergeben. Folglich sei der Kontaktlinsenbehälter eine systembeteiligungspflichtige Verpackung im Sinne des § 3 Abs. 8 VerpackG. Dies hat zur Folge, dass der Hersteller die von ihm in Verkehr gebrachten Verpackungen lizenzieren muss, um die Kosten der Entsorgung zu decken (vgl. § 7 VerpackG).

Medizinprodukte unterliegen Pflichten nach dem VerpackG

Nachdem die ZSVR bereits mit der Einordnungsentscheidung vom 29. Juli 2020 entschieden hat, dass das VerpackG grundsätzlich auf Arzneimittel anwendbar ist, stellt diese Einordnungsentscheidung nun unmissverständlich klar, dass auch Medizinprodukte – trotz besonderer rechtlicher Anforderungen – den verpackungsrechtlichen Pflichten unterliegen. Für Hersteller systembeteiligungspflichtiger Medizinprodukte bestehen verpackungsrechtlich vor allem eine Registrierungs- und eine Systembeteiligungspflicht:

  • Die Registrierungspflicht nach § 9 VerpackG bestimmt, dass Hersteller von mit Ware befüllten Verpackungen sich vor Inverkehrbringen der Verpackungen bei der zentralen Stelle (Lucid) registrieren müssen. Hierbei sind neben den Angaben zum Unternehmen beispielsweise aufgeschlüsselte Angaben zu den Mengen zu machen, die der Hersteller in Verkehr bringt. Auch die Markennamen, unter denen Verpackungen in Verkehr gebracht werden, sind zu nennen. Das Register ist öffentlich und für alle einsehbar. Eine fehlende Registrierung hat nach dem VerpackG erhebliche Konsequenzen: Gemäß § 9 Abs. 5 VerpackG ist es Herstellern untersagt, Verpackungen ohne ordnungsgemäße Registrierung in Verkehr zu bringen. Bei einer fehlenden Registrierung besteht daher ein faktisches Vertriebsverbot.
  • Die Systembeteiligungspflicht nach § 7 VerpackG bestimmt, dass sich Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen an einem „System“ beteiligen müssen. Dies betrifft Verpackungen, die mit Ware befüllt sind und typischerweise beim Endverbraucher als Abfall anfallen (§ 3 Abs. 8 VerpackG). Eine solche Systembeteiligungspflicht wurde für die in der Einordnungsentscheidung genannten Kontaktlinsenbehälter bestätigt. In der Praxis bedeutet dies, dass die betroffenen Unternehmen die von ihnen in Verkehr gebrachten Abfälle lizenzieren, also einen Beitrag bezahlen müssen, um die Kosten der Entsorgung zu decken.

Bei Nichteinhaltung drohen Sanktionen

Diese aktuelle Entscheidung der ZSVR unterstreicht erneut die Bedeutung und die Auswirkungen des VerpackG auf die Life Science- und Healthcare-Branche. Auch wenn es sich bei der Einordnungsentscheidung um keine gerichtliche Entscheidung handelt, sollten die Kernaussagen mit Blick auf die drohenden Sanktionen nach dem VerpackG beachtet werden. Denn ein Bußgeld kann – etwa im Falle der unterbliebenen Systembeteiligung – bis zu 200 000 Euro betragen.

www.mhl.de


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Die Wirtschaftskanzlei Möhrle Happ Luther kennzeichnet eine multidisziplinäre Aufstellung: Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte arbeiten Hand in Hand. Mit mehr als 350 Beschäftigten berät die Kanzlei Unternehmen sowie Unternehmer im Tagesgeschäft und bei komplexen Fragestellungen.

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