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Zerlegen ist gut fürs Reinigen, aber schlecht für die Nerven

Chirurgische Instrumente: Wie hygienefreundliche Konstruktionen aussehen könnten
Zerlegen ist gut fürs Reinigen, aber schlecht für die Nerven

Wie schafft man es, chirurgische Instrumente so zu bauen, dass sie gut zu reinigen sind, das Wissen und die Zeit des Personals aber nicht zu stark beanspruchen? Bestehende Lösungen haben Vor- und Nachteile. Neue Ideen sollen helfen.

Die Instrumentenhygiene wird zu einem immer wichtigeren Thema. So fordert zum Beispiel die ISO 17664 den Nachweis eines manuellen Reinigungs- und Desinfektionsprozesses für resterilisierbare Medizinprodukte.

Vor allem für endoskopische Instrumente, die mehrteilig konstruiert sind, ist die Reinigung oft ein Problem. Ihre Rohrschäfte bilden Hohlräume, in denen sich Blut und andere Sekrete ablagern, von wo sie, vor allem im eingetrockneten Zustand, schwer wieder entfernt werden können. Viele Hersteller sehen eine Lösung für dieses Problem darin, Spülanschlüsse an den Rohrschäften anzubringen. Diese sollen es ermöglichen, das Schaftinnere mit möglichst hohem Druck zu durchspülen.
Hygieniker sind von dieser Idee nicht immer begeistert. Denn die Reinigungswirkung hängt von der Spüldynamik ab. Da sich die Spülflüssigkeit jedoch vor den verengten Ausgängen staut, wird die Dynamik entsprechend reduziert. Daher sind die Ergebnisse solcher Verfahren nicht immer befriedigend. Das gilt insbesondere dann, wenn sich eingetrocknete Ablagerungen gebildet haben.
Ein weiterer gedanklicher Ansatz sind Lösungen mit zerlegbaren Konstruktionen. Hier kann man den aufgeschraubten Instrumentenschaft demontieren und gegebenenfalls sogar die darin verlaufende Stellstange samt Maulteil aus dem Rohrschaft entnehmen. Dann kann der Rohrschaft mechanisch mit einer Rohrbürste gereinigt werden, und auch die Stellstange mit Arbeitsteil ist für die Reinigung zugänglich.
Aus hygienischer Sicht ist das eine weitgehend befriedigende Lösung. Ihr Nachteil: Sie erfordert erheblichen Aufwand, der noch dazu beim Personal Fachkenntnisse oder entsprechende Ausbildung voraussetzt. Darüber hinaus gibt es Produkte wie die Kreuzhebelinstrumente, die in der offenen Chirurgie meist als Ringbrancheninstrumente eingesetzt werden. Deren einfache Bauweise erleichtert zwar die Reinigung. Das gilt jedoch nicht für die integrierten Gelenkmechaniken, deren sich überdeckende Gelenkflächen nur bedingt bespülbar sind. Das ist eine Problematik, die sich vor allem bei Doppelgelenkkonstruktionen wie Hohlmeißelzangen und anderen kaum lösen lässt.
Eine interessante Problemlösung zeigt sich durch neuerdings angebotene Stangenschaftinstrumente. Bei dieser Bauart gibt es zwei, praktisch parallel und mit Zwischenraum nebeneinander verlaufende Schaftstangen, die eine offene Schaftkonstruktion bilden. Diese ist sowohl gut für eine Reinigung zugänglich als auch gut spülbar. Solche Instrumente bieten im Einsatz darüber hinaus noch einen Vorteil für den Chirurgen und den Patienten: Der Stangenschaft behält seine schlanke Form bei Betätigung bei und ist dadurch auch unter beengten Raumverhältnissen, wie beispielsweise in der Kardiochirurgie, gut zu nutzen.
Darüber hinaus sind Überlegungen im Gange, endoskopisch einsetzbare, zweiteilige Massivrundschäfte mit ausschwenkbarer Stellstange einzusetzen. Im Falle endoskopischer Instrumente ergeben sich daraus verbesserte Reinigungsbedingungen, da die bei Rohrschäften unvermeidbaren Hohlräume entfallen.
Alle hier vorgestellten Konstruktionsmöglichkeiten, die in etwa den Stand der Technik widerspiegeln, zeigen noch keine Lösung für die Reinigung der Griffmechaniken von Schaftinstrumenten. Da diese proximal angeordnet sind, bei der Operation also außerhalb des Patienten verbleiben, geht von ihnen aber auch kein großes Infektionsrisiko aus.
Wichtiger ist in diesem Zusammenhang die distal angeordnete Maulmechanik, also das Arbeitsteil des Instrumentes. Es trägt das höchste Infektionsrisiko, da dieser Instrumententeil tief in den Körper des Patienten eindringt. Aus dieser Sicht ist die zuverlässige Reinigung der Maulmechanik das wohl größte, aber noch immer ungelöste Hygieneproblem heutiger chirurgischer Instrumente.
Eine fortschrittliche Lösung zeigt sich hier in einer neuartigen Maulmechanik: Sie umfasst eine Hakengelenklasche in Verbindung mit einer griffseitig ausschwenkbaren Stellstange. Sie ermöglicht es, das aktive Maulteil von seinem Drehpunkt zu lösen, es auszuheben und mit der daran angelenkten Stellstange nach aussen auszuschwenken. Damit sind nicht nur die Schaftkomponenten, sondern auch die Maulmechanik offen und für die Reinigung besser zugänglich ist, als dies bisher möglich war.
Martin Storz Martin Storz Design, Tuttlingen
Weitere Informationen Über den Designer: www.storz-design.de

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  • Medtech-Design
    Für Hersteller medizintechnischer Produkte, insbesondere von chirurgischen Instrumenten oder Implantaten, bietet Storz Design Produktideen auf Lizenzbasis an. Die Tuttlinger haben Ideen für komplette chirurgische Instrumente oder Komponenten wie ergonomische Griffe, Maulmechaniken, Sperrenkonstruktionen oder ähnliches entworfen. Alle Vorschläge sind im Internet in verkleinerter Darstellung zu sehen, sodass der Betrachter eine gewisse Vorstellung vom Produkt und der zur Verfügung stehenden Auswahl bekommt, Konstruktionsdetails aber nicht erkennbar sind. Auch für verschiedene Implantate stehen Ideen zur Verfügung – und eine Neugestaltung von Produkten oder das Redesign nach ergonomischen Gesichtspunkten unterstützen die Tuttlinger ebenfalls.
    Im Jahr 2011 wurde Storz Design für die Gestaltung einer Gipsschere mit dem Red Dot Award ausgezeichnet. Entwicklungsideen für die Medizintechnik-Branche sind jedoch nicht das einzige Standbein des Unternehmens, in dem auch Werbemittel gestaltet werden.
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