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Sauber im Schongang

Gas-Plasma-Sterilisation: Kunststoffe ohne Nebenwirkungen behandeln
Sauber im Schongang

Vertragen empfindliche Werkstoffe keine hohen Temperaturen, kann die Gas-Plasma-Sterilisation mit Temperaturen bis 55 °C eine Alternative sein. Der Verfahrenspezialist Meise liefert nicht nur das entsprechende Know-how, sondern bietet bei kleineren Stückzahlen auch die Lohnsterilisation an.

Mit Arbeitstemperaturen bis maximal 55 °C empfiehlt sich die Gas-Plasma-Sterilisation mittels Wasserstoffperoxid (H2O2) als das geeignetere Verfahren, wenn die zu sterilisierenden Produkte temperaturempfindlich sind. Die Heinz Meise GmbH Medizintechnik aus Schalksmühle bietet unter dem Namen Steriplas eine solche Anlage an, die insbesondere für den Einsatz in der Industrie gedacht ist. „Wir behandeln in unserer Anlage hauptsächlich Blutschlauchsysteme für die Dialyse, aber auch Adapter für chirurgische Zwecke“, erläutert Nicole Kinze, zuständig für das Projektmanagement Sterilisation. „Gut geeignet ist das Verfahren auch für Implantate mit Navigationssystem oder für Membranen.“

Dabei vermeidet die Gas-Plasma-Sterilisation die Nachteile anderer Verfahren. So gibt es etwa bei der Dampfsterilisation Probleme mit Kunststoffen, die die hohen Temperaturen nicht vertragen. „Dadurch kommt es zu einer Migration von Weichmachern aus den Kunststoffen und damit zur Versprödung – es können sich Risse bilden, im schlimmsten Fall brechen die einzelnen Komponenten auseinander“, so Kinze weiter. Auch bei der Bestrahlung mit Elektronen- oder Gammastrahlen gebe es Probleme mit Kunststoffen. „Teile der Struktur können zerstört werden, was zu Versprödungen oder Verfärbungen – gelb bis braun bei PVC mit einem deutlich wahrnehmbaren Chlorgeruch – führen kann.“ Besonders unangenehm dabei sei, dass die Folgen erst im Laufe der Jahre aufträten. „Sehen die Produkte zuerst aus wie vor der Sterilisation, bekommt man einen Schreck, wenn man sie nach drei Jahren aus dem Lager holt.“ Nikotingelbe Teile wolle schließlich keiner am Patienten verwenden.
Bei der Gas-Plasma-Sterilisation gebe es diese Probleme nicht, fährt die Sterilisations-Expertin fort. „Die Produkte behalten ihr Aussehen, Verfärbungen gibt es nicht und auch die Elastizität bleibt erhalten.“ Zudem gebe es keine bedenklichen Rückstände, nur ein kleiner Rest H2O2 sei noch rund drei Tage lang nachweisbar. „Wir kennen die Grenzen unseres Verfahrens gut und bieten dieses Know-how unseren Kunden an, damit diese beurteilen können, ob sich das Verfahren sinnvoll einsetzen lässt.“ Dazu fertigen die Schalksmühler Anlagen auch individuell nach Kundenwunsch, einschließlich der Assistenz bei der Prozessvalidierung.
Alternativ offeriert Meise aber auch die Lohnsterilisation. „Wir behandeln Produkte, die Gas-Plasma-sterilisiert werden sollen, auch in unserer Anlage“, so Nicole Kinze weiter. Die Kosten pro Kammerfüllung mit einem Volumen von 430 l lägen um die 200 Euro. „Sicherlich ein interessantes Angebot – gerade für Anbieter hochwertiger, thermolabiler Produkte.“ Gehe es hingegen um jeden Zehntel Cent, lohne sich das Verfahren weniger. „Je wertvoller aber das einzelne Produkt ist, umso interessanter wird die Gas-Plasma-Sterilisation – insbesondere weil das Verfahren so schonend arbeitet.“
Die Steriplas ist als Durchladeanlage ausgelegt. Wie in den Sterilisationsnormen gefordert, kommen die unsterilen Produkte nur auf der einen Seite in die Anlage und verlassen sie ausschließlich auf der anderen. Um der Norm zu genügen, führt Meise zudem eine Validierung nach dem so genannten Halbzyklusverfahren durch. „Das bedeutet, wir weisen nach, dass wir Bioindikatoren mit einer Population von 106 Keimen an der Worst-Case-Stelle des Medizinproduktes abtöten können.“ Um den Bioburden zu berücksichtigen und zusätzlich die erforderliche Sicherheit von drei log-Stufen zu erreichen, führe man den Prozess zwei Mal durch. „So kommen wir wie bei allen anderen Sterilisationsverfahren auf die theoretische Abtötung von 1012 Keimen und erfüllen so die Anforderung an den statistischen Wert steril nach DIN 556.“ Das Wasserstoffperoxid wird während des Prozesses verbraucht und nicht regeneriert. Für den längsten Prozess benötige man maximal 0,25 l, erläutert die Projekt-managerin.
Auch der Energieverbrauch halte sich in Grenzen und liege unter der Menge, die beim Sterilisieren per Ethylenoxid oder mittels gespanntem Dampf aufzubringen sei. „Ansonsten benötigt man eine spezielle Verpackung, die das Gas durchlässt – nicht aber die Keime.“ Normales Sterilisationspapier sei hierfür nicht geeignet, da Zellu- lose das H2O2 abbaue. „Deswegen nehmen wir Tyvek, das man bei jedem Anbieter von Sterilverpackungen beziehen kann, auch wenn es etwas teurer ist als Sterilisationspapier.“ Und für Produkte, die in einem sterilen Bereich wie etwa dem OP Verwendung finden, arbeitet das Verfahren auch mit einer doppelten Sterilverpackung. Die erste Verpackung wird dann in der Schleuse zum OP entfernt, die zweite erst im OP. „Da die Verpackung keinen allzu großen Widerstand für das Gas darstellt, ist eine Mehrfachverpackung in Tyvek kein Problem.“
Ein Nachteil des Verfahrens ist dagegen die Reihenfolge der Arbeitsschritte, wie Kinze abschließend einräumt. „Bei Ethylenoxid oder Gammastrahlen lassen sich ganze Paletten, fertig gepackt und gewickelt, in die Kammer geben und sterilisieren.“ Das gehe bei Gas-Plasma nicht, weil die Zellulose aus dem Karton das H2O2 abbauen würde, womit beim Sterilgut nichts mehr ankäme. Die Sterilisation würde dann nur zwischen Sterilverpackung und Umverpackung erfolgen.
Michael Corban Fachjournalist in Nufringen

Ihr Stichwort
  • Gas-Plasma-Sterilisation
  • Thermolabile Kunststoffe
  • Chlorgeruch
  • Rückstandsfreiheit
  • Lohnsterilisation

  • Das Verfahren

    Bei der Gas-Plasma-Sterilisation werden die Keime nicht über die Temperatur, sondern über eine chemische Reaktion abgetötet. Dazu wird in eine evakuierte Kammer ein sehr reaktionsfreudiges Gas eingeleitet, hier Wasserstoffperoxid (H2O2), welches dann für die Sterilisation sorgt. Einer der Hauptvorteile ist die geringe Arbeitstemperatur, die 55 °C nicht übersteigt. Abschließend muss das Gas wieder entfernt werden. Dazu wird ein Teil abgesaugt, der Rest als Plasma gezündet – als ideale Abbauprodukte bleiben Wasser (H2O) und Sauerstoff (O2) übrig. Ein Plasma wird auch zu Beginn des Prozesses genutzt, um die optimale Temperatur in der Kammer zu erreichen.
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