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Spinnen-Greifer passt sich an

Formgedächtniswerkstoffe: Künstliche Muskeln für Anwendungen in Industrie und Prothetik
Spinnen-Greifer passt sich an

Flexibel, schnell und punktgenau bewegt er seine Gliedmaßen: Ein neuartiger Saug-Greifer für Roboterarme ist mit seinen Muskeln aus haarfeinen Formgedächtnisdrähten überaus gelenkig.

Greift sich ein Roboter ein flaches Werkstück, etwa ein Blech, das im nächsten Verarbeitungsschritt an genau markierten Stellen Bohrungen erhalten soll, passiert es nicht selten, dass just dort, wo sich sein starrer Saug-Greifer festsaugt, ein Loch geplant ist. Gerade in vollautomatisierten Prozessen kostet dann das Umplanen und Ummontieren Zeit und Nerven. Hier kann künftig ein flexibler Saug-Greifer weiterhelfen, den die Forschergruppe von Prof. Stefan Seelecke an der Universität des Saarlandes und am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik entwickelt hat.

Der so genannte Spinnen-Greifer bewegt sich mit Hilfe von Muskeln aus haarfeinen Formgedächtnisdrähten. Bislang übliche Vakuum-Saugsysteme greifen flache Werkstücke immer gleich starr oder werden mühsam von Hand eingestellt. Der Spinnen-Greifer lässt sich während des Betriebs mühelos und leicht umprogrammieren. Möglich wird dies durch die feinen Drähte mit „Formgedächtnis“, die ihre alte Form wieder annehmen können, nachdem sie verformt wurden. Dieses Phänomen beruht darauf, dass die Legierung Nickel-Titan zur Phasenumwandlung in der Lage ist: Fließt Strom und der Draht erwärmt sich, wandelt sich seine Gitterstruktur um, er zieht sich zusammen – und dehnt sich nach Abkühlung wieder aus.
Im Greifer sind mehrere der hauchfeinen Drähte gebündelt. Die größere Oberfläche gibt schneller Wärme ab als ein einzelner dickerer Draht. So kann das Bündel schneller abkühlen und wieder lang werden.
Die schnelle An- und Entspannung, die dem menschlichen Muskel nachempfunden wurde, ermöglicht flinke Bewegungen der Greifer-Gliedmaßen – und das mit hoher Zugkraft. Auf kleinem Raum lassen sich so kraftvolle Bewegungen ausführen. Auch ist der Greifer leicht, geräuschlos und – abgesehen von dem ihn führenden Roboterarm – unabhängig von weiteren Apparaturen, Elektromotoren oder Druckluft.
Die Steuerung erfolgt über einen winzigen Halbleiterchip. Damit der Saug-Greifer passgenau greifen kann, sind auch keine Sensoren erforderlich. Die Regelungseinheit ordnet den Messwerten des elektrischen Widerstands, die ohnehin erhoben werden, exakt die jeweilige Deformation der Drähte zu. Dadurch erfasst das System zu jeder Zeit, in welcher Position welches der Drahtbündel steht. So lassen sich künftig äußerst präzise Bewegungsabläufe programmieren.
Auch eine künstliche Hand wurde mit Muskeln aus Formgedächtnis-Draht ausgestattet. Die neue Technik macht flexible und leichte Roboterhände für die Industrie ebenso möglich wie neuartige Prothesen. Mehrere Drahtstränge verbinden die Fingerglieder und übernehmen an der Finger-Vorderseite die Beuge-Muskulatur und an der Rückseite die Streck-Muskulatur. Um die menschliche Hand genauer nachzubilden, werden Bewegungsmuster modelliert.
Weitere Informationen Am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik ZeMA in Saarbrücken arbeiten Saar-Uni, Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie Industriepartner zusammen. www.zema.de Kontakt Prof. Stefan Seelecke: stefan.seelecke@mmsl.uni-saarland.de
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