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Präzise bei schwierigen Werkstoffen

Mikro-Wasserstrahlschneiden: Moderne Maschinen ermöglichen wirtschaftliches Bearbeiten
Präzise bei schwierigen Werkstoffen

Präzise bei schwierigen Werkstoffen
Malte Mühlenfeld hat das Kompetenzzentrum bei der Mager & Wedemeyer Werkzeugmaschinen GmbH in Bremen mit aufgebaut
Im Bremer Kompetenzzentrum Mikro-Wasserstrahlschneiden steht ein fünfköpfiges Team bereit, um alle Fragen zu diesem Bearbeitungsverfahren zu beantworten. Wo die Vorteile liegen und welche Chancen es für die Medizintechnik bietet, erläutert Verkaufsleiter Malte Mühlenfeld.

Herr Mühlenfeld, Wasserstrahlschneiden an sich ist keine neue Technologie. Warum braucht die Industrie ein Kompetenzzentrum zu diesem Thema?

Die Technologie des Wasserstrahlschneidens hat sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt, gerade auch im Bereich des Mikro-Wasserstrahlschneidens, mit dem wir uns beschäftigen. Allerdings sind die Möglichkeiten dieses Verfahrens immer noch nicht überall bekannt – und Beratung hilft immens, das Verfahren in der Praxis wirtschaftlich zu nutzen. Hier setzen wir bei Mager & Wedemeyer Werkzeugmaschinen mit unserem Kompetenzzentrum an und haben mit dem schwedischen Unternehmen Finepart AB einen erfahrenen Partner, der sich seit den 70er Jahren mit dem Wasserstrahlschneiden befasst.
Wo steht die Technik des Mikro-Wasserstrahlschneidens heute?
Mit Mikro-Wasserstrahlschneideanlagen lassen sich präzise Schnitte führen und feinste Strukturen herstellen. Die kleinsten Schneiddurchmesser liegen standardmäßig bei 0,2 Millimetern mit einer Toleranz von 0,01 Millimeter. Weil der Schnitt kalt und mit hoher kinetischer Energie erfolgt, wird das Gefüge des Teils nicht verändert. Daher sehen wir ausgesprochen viele Anwendungsmöglichkeiten, gerade auch in der Medizintechnik. Beispiele sind Hüftgelenkschalen oder Herzklappen. Es gibt aber viele weitere Ansätze, da sich eine Vielzahl von Materialien mit dem Wasserstrahl bearbeiten lässt. Dazu zählen Keramiken, hoch vergütete Stähle, Neodym, Titan, Nitinol oder Kunststoffe – und auch ungleichartige Werkstücke, wie zum Beispiel Keramik-Metall-Mischungen. Für das Schneiden wird ein Druck von 4000 bar aufgebaut. Im Vergleich zu früheren Maschinengenerationen ist der Verbrauch an Wasser und Abrasivmedien allerdings deutlich gesunken. Das sowie die deutlich gesteigerten Schnittraten ermöglichen es heute, das Verfahren wirtschaftlich einzusetzen.
Welche Fertigungsaufgaben lassen sich damit erledigen?
Neben den schon erwähnten Gelenkimplantaten und Herzklappen gibt es Anwendungen bei Stents, Teilen für Endoskope sowie chirurgischen und zahnmedizinischen Instrumenten. Und je weiter die Anforderungen an die Präzision bei der Bearbeitung steigen und je häufiger auch aus heutiger Sicht exotische Werkstoffe verwendet werden, desto mehr wird das Mikro-Wasserstrahlschneiden gefragt sein. Und das Verfahren entwickelt sich ja auch noch weiter. Eine Drehachse ist heute schon verfügbar, so dass sich mit der drehbaren A-Achse bereits Rundteile wie die Hüftgelenkschale bearbeiten lassen. Ein um 15° schwenkbarer Fünfachsenkopf ist in der Weiterentwicklung.
Wie lässt sich das Mikro-Wasserstrahlschneiden im Vergleich mit den heute üblichen Verfahren einordnen?
Mit dem Wasserstrahl lässt sich vieles ausführen, was heute ein Kerngebiet für die Lasertechnik ist. Allerdings ist für das Wasserstrahlschneiden das Spektrum der Werkstoffe, die ohne thermisch bedingte Gefügeveränderungen bearbeitet werden können, viel größer. Auch Aufgaben im Werkzeug- und Formenbau, die klassisch durch das Erodieren ausgeführt wurden, können mit Hilfe des Wasserstrahls erledigt werden. Im Bereich Glas und Feinoptik wiederum lässt sich manche Schleifaufgabe auch mit einer Wasserstrahlschneidanlage umsetzen.
Wo sind die Grenzen des Verfahrens?
Es gibt tatsächlich Werkstoffe, die sich mit dem Wasserstrahl nicht bearbeiten lassen: nämlich diejenigen, die Wasser aufsaugen oder sich verformen wie zum Beispiel weichgepresstes Papier. Solche Materialien spielen aber meines Wissens in der Medizintechnik keine Rolle, so dass wir in dieser Branche praktisch grenzenlose Möglichkeiten haben.
Welche Anwendungen für das Mikro- Wasserstrahlschneiden setzen Sie im Kompetenzzentrum um?
Mitte 2014 ist das Zentrum mit seinem fünfköpfigen Team an den Start gegangen. In den ersten sechs Monaten haben wir auf der bei uns installierten Anlage vom Typ Finecut WMC 500II bereits 30 Projekte bearbeitet, hauptsächlich aus der Industrie. Etwa ein Drittel davon kam aus der Medizintechnik.
Welche Leistungen können Unternehmen vom Kompetenzzentrum bekommen?
Typischerweise erstellen wir Machbarkeits- oder Zeitstudien, um zu zeigen, wie sich eine bestimmte Aufgabe auf der Maschine konkret umsetzen lässt. Mit einer Vorlaufzeit von etwa drei Wochen können wir dazu meist schon Auskunft geben. Bei besonderen Anforderungen ergeben sich eventuell längere Vorbereitungs- und Testzeiten. Entscheidet sich ein Anwender dann zum Kauf einer Maschine, bekommt er von uns vor Ort Starthilfe beim Einsatz des neuen Verfahrens, und wir übernehmen die Wartung der Maschine und das Beschaffen von Ersatzteilen. Wenn das gewünscht ist, fertigen wir auch Kleinserien im Auftrag eines Kunden.
Wie ist das Feedback aus der Industrie?
Mikro-Wasserstrahlschneiden ist noch immer ein eher unbekanntes und daher beratungsintensives Verfahren, und wir sind mit der Resonanz auf unser Angebot aus dem Kompetenzzentrum bisher sehr zufrieden. Ich rechne allerdings damit, dass die Nachfrage für die Beratung stark ansteigen wird – da die Zahl der Werkstoffe zunimmt, die sich mit herkömmlichen Verfahren nicht zufriedenstellend bearbeiten lassen.
Was wäre aus Ihrer Sicht die spannendste Anwendung, die Sie gern mit einer Mikro-Wasserstrahlschneideanlage umsetzen würden?
Das Bearbeiten von Magnesium-Legierungen mit dem Mikro-Wasserstrahl finde ich eine sehr interessante Anwendung. Wir wissen, dass die Maschinen grundsätzlich dazu in der Lage sind. Nun hoffe ich, dass die Forschung in naher Zukunft geeignete Materialien zur Verfügung stellt, so dass dann degradierbare Implantate aus diesen Werkstoffen gefertigt werden können.
Welche Nischen könnte das Wasserstrahlschneiden in Zukunft besetzen?
Wo Gefügeveränderungen oder Verunreinigungen nicht auftreten dürfen, spielt das Mikro-Wasserstrahlschneiden seine Vorteile aus. Und in diesen Nischen wird es über kurz oder lang das dominierende Verfahren werden.
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de
Weitere Informationen Im Kompetenzzentrum steht eine Mikro- Wasserstrahlschneidanlage des schwedischen Anbieters Finepart für die Machbarkeitsstudien zur Verfügung. www.finecut.se Über Mager & Wedemeyer: www.mager-wedemeyer.com/

Ihr Stichwort
  • Präzise Schnitte an kleinen Teilen
  • Metall, Kunststoffe, Keramik und Materialmix bearbeiten
  • Gesteigerte Schnittgeschwindigkeit
  • Sinkender Verbrauch an Wasser und Abrasivmedium
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