Für das präzise Schneiden ist der Wasserstrahl als Werkzeug bereits bekannt. Laut Walter Maurer, Inhaber der Schweizer Waterjet AG aus Aarwangen, können die Anlagen heute aber weit mehr als schneiden. „Im Rahmen eines von uns unterstützten europäischen Forschungsvorhabens haben wir die Technologie soweit verfeinert, dass wir mit dem Wasserstrahl auch gezielt Material abtragen können“, sagt der Unternehmenschef.
Das ermögliche dreidimensionale Anwendungen, indem in die Oberfläche – wie mit einem feinen Fräser – bis in eine Tiefe von mehreren Millimetern unterschiedlichste Strukturen eingebracht werden. Die Bandbreite reicht dabei von mehr oder weniger regelmäßigen Aufrauungen bis zu tiefreichenden Feinstrukturen mit Aspektverhältnissen von 10 oder mehr.
Inhaltsverzeichnis
1. Wasserstrahlschneiden ist noch nicht überall bekannt
2. Shot Peening zum Aufrauen von Implantatoberflächen
3. Schneiden mit Wasser ist für Medizinprodukte interessant
4. Wasserstrahlschneiden, um den Werkstoff zu schonen
5. Körnchen im Wasser machen den Strahl zum Werkzeug
6. Wasserstrahl schneidet gespendetes Knochenmaterial
Wasserstrahlschneiden ist noch nicht überall bekannt
„Als relativ junge Technologie ist der Einsatz des Mikro-Wasserstrahls bei vielen Anwendern und Konstrukteuren noch zu wenig bekannt“, bedauert Maurer. Da ein Konstrukteur in der Regel bevorzugt auf Verfahren zurückgreife, die er kenne, würden die Potenziale des Wasserstrahls bisher nicht immer genutzt.
Zu diesen Potenzialen gehört auch die Möglichkeit einer Oberflächenverdichtung. Um diesen Effekt zu erzielen, wird dem Wasserstrahl besonders feinkörniges metallisches Rundkorn beigegeben. Dadurch wird die Oberfläche regelrecht zusammengehämmert, ein Effekt, der auch beim „Sand“-Strahlen mit Metallkorn erzielt wird. Dieses Strahlhämmern („shot peening“) führt zu Druckspannungen, was die Dauerfestigkeit kritisch beanspruchter Bauteile erheblich verbessert.
Shot Peening zum Aufrauen von Implantatoberflächen
Das Strukturieren oder auch das Strahlhämmern mit dem Wasserstrahl werden beispielsweise dazu eingesetzt, glatte Flächen oder Partien metallischer Implantate aufzurauen, weil solche Oberflächenstrukturen das Verwachsen mit dem Knochen – die so genannte Osseointegration – verbessern. Darüber hinaus wurden auch schon winzige Vertiefungen in der Oberfläche erzeugt, die Wirkstoffe aufnehmen, die das Verwachsen mit dem Knochen zusätzlich fördern.
Schneiden mit Wasser ist für Medizinprodukte interessant
Doch auch das Schneiden mit dem Wasserstrahl ist als Form der Bearbeitung für die Medizintechnik interessant. So enthalten Beatmungsgeräte ein filigranes Ventilbauteil, das präzise aus einer äußerst dünnen Edelstahlmembran hergestellt wird. Weder Stanzen noch Laserschneiden kommen hier als Fertigungsverfahren in Frage, da beide den Werkstoff nachteilig verändern würden. Für so eine heikle Aufgabe passend ist aber das Mikro-Wasserstrahlschneiden – das Waterjet vor zwei Jahrzehnten entwickelt und seither perfektioniert hat.
Mit dem Mikro-Wasserstrahlschneiden lassen sich die extrem feinen Schnittkonturen der Ventilbauteile ohne Beeinträchtigung der gewünschten mechanischen Eigenschaften herstellen. Auch die Qualitäts-, Reinheits- und Verpackungsvorschriften im Medizintechnik-Bereich werden erfüllt. Die Ventilbauteile werden geprüft, gereinigt, in einem Isopropanol-Ultraschallbad desinfiziert und mit einem Saugheber einzeln in die vom Auftraggeber vorgeschriebenen Trays platziert.
Wasserstrahlschneiden, um den Werkstoff zu schonen
„Mit unserem Verfahren bearbeiten wir nicht nur Bauteile für diverse biomedizinische Apparaturen, sondern auch Implantate für den vorübergehenden oder dauerhaften Einsatz im Körper“, erläutert Maurer. Um den jeweiligen Werkstoff zu schonen, werden auch Kniegelenkprothesen, Rekonstruktionshilfen für schwere Knochenverletzungen im Gesichtsbereich, Schraubplatten zum Fixieren von Knochenteilen bei Trümmerbrüchen oder chirurgische Werkzeuge mit dem Wasserstrahl bearbeitet.
Bei einem Durchmesser von 0,2 Millimetern lassen sich mit dem Höchstdruck-Wasserstrahl sehr feine Schnitte ausführen, wobei die Bauteile bis zu 25 Millimeter dick sein können. Herkömmliche mechanische Bearbeitungsverfahren können das laut Maurer nicht oder nur zu vergleichsweise deutlich höheren Kosten leisten.
Körnchen im Wasser machen den Strahl zum Werkzeug
Beim Wasserstrahlschneiden wird die Schneidwirkung des reinen Wassers verstärkt, indem feinkörniger Sand aus dem Mineral Granat beigemischt wird. Da winzige Partikel davon nach dem Schneiden im Metall eingebettet bleiben können, wurde für das Schneiden von Implantaten ein Alternative gebraucht, um die Biokompatibilität zu erhalten. Die Lösung sind biokompatible beziehungsweise bakterizide Abrasivstoffe.
Wasserstrahl schneidet gespendetes Knochenmaterial
Auch Knochenersatz aus menschlichem Spendermaterial lässt sich mit einem feinen Wasserstrahl schonend und hygienisch einwandfrei zu kleinen Würfeln verarbeiten. Diese werden, nach Weiterbehandlung, für Rekonstruktionen nach schweren Unfällen eingesetzt und verwachsen mit dem noch vorhandenen Knochen. Mehrere von Waterjet gelieferte Maschinen stehen bei einem Anwender in einem Benelux-Land, der Krankenhäuser in Europa mit diesem Material beliefert.
„Unsere selbst entwickelten Maschinen mit patentierter Technologie sind viel genauer als die üblicherweise am Markt verfügbaren Systeme“, erläutert Maurer. Das Verfahren arbeite mit einem Wasserstrahl, dessen Durchmesser um bis zum Faktor 5 unter dem der am Markt gängigen Systeme liege. Die Präzision des Schnitts sei um den Faktor 10 besser. Erreicht werden nach Angaben des Inhabers eine Schneidgenauigkeit von ± 0,01 Millimeter und eine Positioniergenauigkeit von ± 0,005 Millimeter. Die Rauheit der Schnittkanten Ra kann erforderlichenfalls auf bis zu 0,1 µm bis 0,2 µm reduziert werden.
Anwender, die sich für die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten interessieren, berät sie, unterstützt Waterjet, führt Materialtests sowie Probebearbeitungen durch und stellt Prototypen oder Vorserien her – bevor die Entscheidung für den Kauf einer Anlage gefällt werden muss.
Die Maschinenbasis für die Wasserstrahlschneidanlagen von Waterjet liefert ein Schweizer Werkzeugmaschinenhersteller. Bei Waterjet werden sie dann mit speziell entwickelten Schneidköpfen und Steuerungen ausgerüstet. Einsatzfelder sind neben der Medizintechnik die Feinmechanik, Mechatronik, Messtechnik, Luft- und Raumfahrt oder die Uhrenindustrie.
Waterjet AG
Mittelstrasse 8
CH-4912 Aarwangen
Tel.: +41-62-919-428
E-Mail: info@waterjet.ch