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Laserinduziertes Ätzen: ISLE-Verfahren bringt Struktur ins Glas

Reine Formsache
Laserinduziertes Ätzen: ISLE-Verfahren bringt Struktur ins Glas

Ein innovatives Verfahren zum selektiven laserinduzierten Ätzen von Glas hat das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT vorgestellt. Mit dem ISLE-Verfahren lassen sich mikrometerfeine Strukturen in transparenten Bauteilen aus Quarzglas, Borosilikatglas, Saphir und Rubin erzeugen.

In der medizinischen Forschung werden Biochips mit Mikrokanälen von 100 µm Durchmesser für Schnelltests eingesetzt. Die Kanäle in den dünnen Plättchen fassen etwa einen Tropfen Flüssigkeit, meist Blut, die dann mit Hilfe einer speziellen medizinischen Apparatur analysiert wird. Derzeit werden für diese Zwecke Biochips aus Plastik verwendet. Diese können jedoch das Testergebnis verfälschen, da Stoffe aus dem Kunststoff in die Testflüssigkeit diffundieren können. Immer häufiger fordern Partner aus der Medizintechnik daher Biochips aus Glas. Denn diese sind chemisch neutral und eignen sich besser für medizinische Analysezwecke als Plastik-Biochips. Bislang gab es allerdings noch kein Verfahren zur Herstellung von Mikrokanälen in Glas-Bauteilen.

Mit dem ISLE-Verfahren (In-volume Selective Laser Etching) stellt das Fraunhofer ILT ein Herstellungsverfahren für Mikrokanäle, Formbohrungen und -schnitte in transparenten Glasbauteilen zur Verfügung. Beim selektiven laserinduzierten Ätzen wird das transparente Bauteil innen zunächst dort mit dem Laser bestrahlt, wo später eine Struktur, zum Beispiel ein Kanal entstehen soll. Wichtig ist, dass das Bauteil auch bis zum Rand bearbeitet wird, damit der Kanal einen Ein- und Ausgang hat. An den belichteten Stellen besitzt das Material nun eine andere Struktur als an den unbehandelten. Es weist dort eine 300 Mal höhere Ätzbarkeit auf als das unbelichtete Material. Nun wird das Bauteil in ein Bad aus spezieller, umweltschonender Ätzflüssigkeit gelegt.
Das belichtete Material wird weggeätzt. Anschließend wird das Bauteil gereinigt, und zurück bleibt die gewünschte Geometrie, in diesem Fall ein feines Kanalsystem. Auf diese Weise können aber auch Bohrungen vorgenommen, winzige Röhrchen von 1 mm Durchmesser, 1 mm Länge und einer Wandstärke von 8 µm hergestellt.
„Die größte Herausforderung besteht darin, Beschädigungen im Glas zu vermeiden“, so Dr. Jens Gottmann, Projektleiter am Fraunhofer ILT. „Denn durch das Umschmelzen im Glas entstehen Spannungen, die zu Rissen im Material führen und das Bauteil unbrauchbar machen können. Hier kommt es auf die optimale Einstellung der Strahlungsparameter an, an der wir permanent arbeiten.“ Gottmann und sein Team qualifizieren das Verfahren für kundenspezifische Anwendungen und bieten ihren Kunden einen Mikroscanner mit Laser für die Produktion der maßgeschneiderten Geometrie.
Das Forschungszentrum Jülich greift gerne auf das ISLE-Verfahren zurück, besonders für die Produktion von Prototypen und Kleinserien: Die Jülicher Forscher benötigen häufig nur ein einziges Exemplar eines Bauteils, um zu ergründen, welcher Kanalverlauf sich innerhalb eines Biochips am besten für medizinische Zwecke eignet. Bislang musste zur Herstellung dieser Prototypen eigens eine Maske angefertigt werden. Eine aufwändige und kostenintensive Vorarbeit. Beim ISLE-Verfahren lassen sich komplexe Geometrien auch ohne Maske erzeugen.
Auch für Großserien könnte das ISLE-Verfahrens künftig eingesetzt werden. Im Labor sind bereits Glasbauteile innerhalb weniger Sekunden mit einem neuen Hochleistungs-Femtosekundenlaser belichtet worden. Forscher des ILT entwickeln derzeit eine entsprechende Anlagentechnik. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Produktion von Glasbauteilen zu ähnlichen Kosten möglich ist wie die Produktion von Kunststoffbauteilen.
Die Verwendung von Float-Glas anstelle des unwesentlich preisgünstigeren Plastiks zahlt sich langfristig aus: Die Glas-Bauteile sind hochwertiger und länger haltbar als Plastik-Bauteile. su

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