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Ist da jemand?

Kamera-basierte Schutzsysteme: Personal und Dienstleister sind vor (zu vielen) Strahlen sicher
Ist da jemand?

Um Strahlenschutz sicherer zu gestalten, bietet sich eine Überwachung des Behandlungsraumes mit Kameras an. Dabei läuft vieles schnell und automatisch. Nur die Entscheidung, ob die Bestrahlung starten darf, bleibt in menschlicher Verantwortung.

In der Strahlentherapie werden Tumor-Erkrankungen mit hochenergetischer, ionisierender Strahlung aus Linearbeschleunigern behandelt. Bei der Applikation der Strahlen wird hoher Aufwand betrieben, um möglichst nur das erkrankte Gewebe zu treffen und das gesunde weitestgehend zu schonen. Weil die Strahlen für die Gesundheit eines Menschen so gefährlich sind, muss aber auch sichergestellt sein, dass sich insbesondere beim Einschalten der Bestrahlungsvorrichtung außer dem Patienten keine weiteren Personen unbefugt im Bestrahlungsraum aufhalten und so einer unbeabsichtigten Strahlenexposition ausgesetzt werden.

Diese Forderung stellt die Richtlinie zur Strahlenschutzverordnung in der Medizin, ergänzt um den Hinweis, dass dies zum Beispiel durch den Einsatz geeigneter technischer Personenschutzsysteme sichergestellt werden muss. Solche Systeme sind wichtig, weil durch steigendes Patientenaufkommen, Unachtsamkeit bei Routinevorgängen und Ablenkungen durch paralleles Arbeiten die Gefahr einer Fehlbestrahlung steigt. Dies betrifft sowohl das Abteilungspersonal als auch Servicetechniker, Begleitpersonen, Hilfs- und Reinigungspersonal.
Auf dem Markt werden verschiedene Systeme angeboten, die den Sicherheitsbereich im Umfeld des Behandlungsraums überwachen und den Start der Bestrahlung solange verhindern, wie Personen detektiert werden. Je weniger diese Systeme den Arbeitsablauf des medizinischen Personals beeinflussen, desto besser werden sie akzeptiert. Das erfüllen die verfügbaren Systeme in unterschiedlicher Ausprägung.
Das medXguard-System der Mannheimer Opasca-Systems GmbH zum Beispiel arbeitet Kamera-basiert. Mindestens zwei strahlungsresistente Weitwinkel­Farbkameras werden im Sicherheitsbereich untergebracht. Sie erfassen alle diesen Bereich betretenden Personen und verfolgen ihre Bewegungen. Das System wertet die Videodaten aller Kameras dreidimensional kontinuierlich in Echtzeit aus. Es arbeitet vollautomatisch und rechnergestützt und informiert den Bediener über das Geschehen im Sicherheitsbereich. Auf eine Aufzeichnung des Videosignals wird aus Datenschutzgründen verzichtet: Die detektierten Personen sind in den qualitativ hochwertigen Kamerabildern gut zu sehen. Eine auf dem Behandlungstisch liegende Person wird automatisch als Patient erkannt.
Die Interaktion des Anwenders mit der Personenschutzanlage erfolgt intuitiv über Bedienterminals mit berührungsempfindlichen Monitoren. Ob der Bestrahlungsraum freigegeben ist, zeigt die Bedienanzeige am Strahlenschutztor-Terminal über eine Farbcodierung. Der Schließbefehl für das Tor initiiert die Personenschutzabfrage, das heißt, die zentrale Auswerteeinheit startet die Auswertung der Videodaten und fragt alle anderen zu überprüfenden Einrichtungen ab.
Der Bestrahlungsraum wird als sicher eingestuft („grün“), wenn außer dem Patienten keine weitere Person im Raum erkannt wird und das Schutztor sowie Türen zum Betriebsraum geschlossen sind. Sobald die grüne Taste zum Schließen des Tors betätigt ist, wird das Freigabesignal direkt an den Linearbeschleuniger gegeben, und der Bestrahlungsvorgang kann starten.
Ist nur eine der abgefragten Bedingungen nicht erfüllt („rot“), stoppt das Schließen des Tors. Der Bestrahlungsvorgang ist gesperrt, und der Anwender wird gewarnt.
Sowohl Personen als auch unbekannte Objekt, die nach dem Schließen des Strahlenschutztors im Sicherheitsbereich zu sehen sind, werden in einem Standbild gekennzeichnet. In der Verantwortung des Anwenders liegt es nun, bei Anwesenheit einer Person die Freigabe mit der roten Taste zu sperren und das Tor wieder zu öffnen. Wird ein unbekannter Gegenstand, sei es ein Messphantom oder Gerät, erkannt, ist es dem Bediener möglich, mit der grünen Taste die Bestrahlung freizugeben.
Das System lernt aus solchen Erfahrungen. Bei der nächsten Initialisierung wird das fragliche Objekt als Gegenstand erkannt und ignoriert. Diese Aktion wird immer protokolliert und kann mit der Abfrage eines Sicherheitscodes hinterlegt werden.
Auf einem separaten Arbeitsplatz-Terminal können die Bilder aller Kameras in verschiedenen Ansichten gezeigt werden. Das System lässt sich auch ergänzen: Eine oder mehrere schwenk- und neigbare sowie zoomfähige Kameras ermöglichen ein Monitoring des Patienten während der Behandlung. Auch das Ansprechen eines Patienten während der Bestrahlung ist möglich, wenn eine Gegensprechfunktion zwischen Behandlungsraum und Arbeitsplatz-Terminal installiert ist. In das audiovisuelle Überwachungskonzept können Anmeldung und Warteräume einbezogen werden.
Das Überwachungssystem arbeitet sehr zuverlässig. Dennoch können die integrierten Automatismen den menschlichen Verstand nicht ersetzen, sondern sollen den Bediener in seiner Tätigkeit unterstützen. In sicherheitskritischen Bereichen muss der Mensch als letzte Instanz die Verantwortung tragen. Daher sind die Personenschutzsysteme so konzipiert, dass sie keine eigenständige Entscheidung treffen, die die Sicherheit eines Menschen gefährden könnte.
Georg Hampel Fachjournalist in Reinheim
Weitere Informationen Über den Anbieter des kamera-basierten Schutzsystems: www.opasca.com

Schutz vor Strahlen
Neben dem beschriebenen kamera-basierten System sind Lösungen mit RFID- oder Radar-Technik verbreitet.
RFID-basierte Systeme detektieren Personen, die einen Transponder im Scheckkartenformat tragen müssen. Die Erfassung erfolgt berührungslos über Funk mit Lesegeräten. Wenn alle beim Betreten des Sicherheitsbereichs gezählten Personen diesen auch wieder verlassen haben, wird das Bestrahlungsgerät freigegeben. Personenschutz entsteht also nur dann, wenn jeder einen Transponder trägt und dieser immer sicher erkannt wird. Betriebsfremde Personen ohne Transponder können über zusätzliche Bewegungsmelder erkannt und in den Überwachungskreis integriert werden.
Radar-Flächensensoren erfassen sicher alle Bewegungen im Überwachungsbereich. Damit wird nicht nur der Schutz des routinierten Personals, sondern auch betriebsfremder Personen gewährleistet. Um Fehlinformationen durch bewegliche Teile des Beschleunigers zu verhindern, kann nur in einem Raumsegment von 0,3 bis 0,6 m oberhalb des Fußbodens detektiert werden. Das System ist durch Einsatz von Standard-Baugruppen einfach installierbar und läuft im Hintergrund mit Anzeige des Freigabestatus auf einem LC-Display am MTRA-Arbeitsplatz.

Ihr Stichwort
  • Strahlentherapie
  • Schutz des medizinischen Personals und betriebsfremder Personen
  • Kamera, RFID oder Radar
  • Automatisierungspotenzial
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