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In leichtem Schaum gebettet

Thorax-Drainagegerät: Expandiertes Polypropylen schützt sensible Technik
In leichtem Schaum gebettet

Eine frühzeitige Mobilisierung kann die Heilung von Thorax-Operierten beschleunigen. Dafür benötigen die Patienten jedoch eine tragbare Lösung, um Luft und Flüssigkeit zwischen Rippenfell und Lungenoberfläche abzusaugen. Das nur 1 kg leichte Drainagegerät Thopaz soll diesen Zweck erfüllen.

Klein, leicht und vom Patienten tragbar waren die Anforderungen an das neue Thorax-Drainagegerät, das von der Medela AG, Baar/Schweiz, auf den Markt gebracht wurde. Über die Schulter gehängt, soll es dem Patienten ermöglichen, schon am Tag nach der Operation frei herumzugehen. Zum neu entwickelten Gerät gehören unter anderem eine elektrisch angetriebene Saugpumpe, ein Netzteil, die aufladbare Batterie und die Elektronikplatine mit der digitalen Steuerung, sowie ein ansteckbarer Behälter für das abgesaugte Sekret. Der Leiter der 21 Köpfe umfassenden Entwickler-Crew für das Produkt, erinnert sich: „Die Vorgaben waren hoch, sowohl was die Maße des fertigen Geräts als auch was den Komfort betraf. Wir waren bereits mit der Konstruktion des Geräteaufbaus beschäftigt, als wir auf eine neuartige Konstruktionsmethode stießen.“ Dabei werden alle Komponenten von eigens dafür gefertigten Formteilen aus einem leichten Schaumkunststoff durch Stecken und Klemmen gehalten. Das Material ähnelt im Aussehen dem bekannten Polystyrol, ist aber elastischer, mit guten Rückstellwerten zur Fixierung der einzelnen Komponenten.

Das Team begann mit expandiertem Polypropylen (EPP) zu arbeiten. Dabei wurden mit dem CAD-System die Bauteile quasi im Raum zugeordnet und die verbliebenen Zwischenräume mit dem Schaummaterial gefüllt. Schnell war klar, dass man einen Partner benötigte, der über entsprechende Erfahrungen im Umgang mit dem EPP-Material verfügt. Den fand das Team beim Spezialisten für Partikelschäume, der Ruch Novaplast GmbH + Co. KG in Oberkirch. Emil Erdrich, Konstruktionsspezialist bei dem badischen Unternehmen, erläutert den Part, den Ruch Novaplast bei der Entwicklung übernahm: „Die Schaumfüllung zwischen den Komponenten sollte auf einzelne Formteile aufgeteilt werden, damit die Bauteile möglichst einfach in ihrer Lage fixiert und die Montage erleichtert werden konnte. Außerdem wollte man mit möglichst wenigen Schaumteilen auskommen. Dafür mussten die Schaumteile fertigungsgerecht ausgelegt werden.“
Mit expandiertem Polypropylen (EPP) lassen sich Formteildichten zwischen 20 g/l und 300 g/l herstellen. Die EPP-Teile können in einem Temperaturbereich von –40 °C bis +110 °C eingesetzt werden. Als dann noch geklärt wurde, dass das Material die Zulassung nach UL 94, Brandklasse HF-2 besitzt, war der Weg frei für das neue Produkt: Nach einem Jahr Entwicklungs- und Versuchsarbeit konnte das neue Gerät mit dem Namen Thopaz dem präsentiert werden. Zwei Formteile mit einem Eigengewicht von nur 22 g halten alle Komponenten sicher in ihrer Lage und fixieren Kabel und Schläuche. Sind die Innereien erst einmal mit den EPP-Teilen zu einem kompakten Block zusammen gesteckt, werden nur noch die beiden Gehäuseschalen darüber gestülpt. Die vier Schrauben, die das Gehäuse zusammenhalten, sind die einzigen Schrauben an diesem Chassis. Die beiden Formteile für das Thopaz produziert Ruch Novaplast unter der Markenbezeichnung Novaplex aus hellgrauem EPP-Material, mittlerer Dichte, in einem Schäumwerkzeug. Dieses Schäumwerkzeug wurde erst nach Abschluss der Versuchsphase hergestellt.
Das Medela-Entwicklerteam ist davon überzeugt, dass es ohne die Schaumidee nicht so weit gekommen wäre. Die nächsten Thorax-Geräte will man in der gleichen Technik aufbauen. 2008 wurde Thopaz mit dem Zuger Innovationspreis ausgezeichnet.
Joachim Tatje Journalist in Bruchsal

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