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Erst der Stiel, dann der Kopf

Zwei-Komponenten-Fertigung: Werkzeugraum inklusive Verpackung als Reinraum gekapselt
Erst der Stiel, dann der Kopf

Der portugiesische Kunststoffverarbeiter Sevlaires hat sich auf die Herstellung medizinischer Instrumente spezialisiert. Dafür wurde in eine neue Anlage zur 2K-Fertigung im Reinraum investiert, die den hohen Automatisierungsgrad mit Energieeffizienz verbindet.

Die Medizintechnik ist für das in den Siebziger Jahren gegründete Unternehmen ein noch junges Arbeitsfeld. Sevlaires, mit seiner Produktionsanlage in Marinha Grande an der Ostküste der iberischen Halbinsel, ist Anbieter von Kugelverpackungen für Verkaufsautomaten. Außerdem werden für die Haushaltsgeräteindustrie Kisten, Becher und Kleiderbügel hergestellt. Um die Produktivität und Qualität zu steigern, wurde der Maschinenpark in den letzten Jahren komplett modernisiert und das Qualitätsmanagement nach ISO 9001:2008 zertifiziert. Diese Investition ermöglichte es dem Kunststoffverarbeiter, in den Labor- und Medizinbereich zu expandieren. Innerhalb kurzer Zeit hat sich Sevlaires als Hersteller von Kassetten für Gewebeproben im Bereich der pathologischen Anatomie etabliert, und in der neuen Anlage in Marinha Grande werden inzwischen auch medizinische Instrumente unter Reinraumbedingungen hergestellt.

Die vom Kunden an den Spritzgießverarbeiter gestellte Herausforderung war die Herstellung von Bürsten für die Kolposkopie. Die Vorgabe lautete, dass die Bürsten, die der Gynäkologe zur Aufnahme von Zellmaterial zur Krebsfrüherkennung nutzt, unter Reinraumbedingungen hochautomatisiert hergestellt, einzeln luftdicht verpackt und gekennzeichnet werden. Der Stiel der Bürsten sollte aus PP und der Kopf aus PE-LD bestehen, bei einem Gesamtgewicht der Teile von 2,65 g pro Stück. Sevlaires nahm diese Herausforderung an und arbeitete zusammen mit seinem Kunden auch an der Entwicklung des Produkts. So wurde zum Beispiel die Passung zwischen den beiden Komponenten optimiert, um dem Arzt die Handhabung zu erleichtern.
Für den Auftrag richtete Sevlaires einen abgetrennten Produktionsraum ein, der nur beschränkt zugänglich ist. Die vollautomatische Fertigungszelle setzt sich zusammen aus einer Spritzgießmaschine Engel E-Victory 440H/200W/120 combi, dem Roboter ERC 33 F und einer Verpackungsmaschine. Werkzeug- und Verpackungsbereich sind als Reinraum gekapselt. Verantwortlich für das Gesamtprojekt zeichnet Equipack, die Vertretung des österreichischen Herstellers in Portugal. Für das Zwei-Komponenten-Spritzgießen wurde ein Werkzeug mit Indexplatte gewählt. Da der zweite Werkstoff für den Bürstenkopf lediglich auf einer Seite angespritzt wird, konnte nicht mit der Drehtischtechnik gearbeitet werden.
In der ersten Phase des Spritzgießprozesses wird der Stiel gespritzt. Anschließend öffnet die Form und die Indexplatte dreht sich um 180 Grad, um in der zweiten Phase den Bürstenkopf zu spritzen. Währenddessen erfolgt bereits wieder die Einspritzung der Stiele für den nächsten Zyklus. Auf diese Weise werden bei jeder Öffnung der Form komplette Teile entnommen und gleichzeitig die Stiele aus dem Folgezyklus umgesetzt.
Der Roboter führt die Fertigteile der Verpackungsmaschine zu. Dort werden die Bürsten unmittelbar nach dem Spritzgießen automatisch in Folie verpackt. Erst danach verlassen sie die Reinraumkabine und werden mit der Transportverpackung versehen. Die Zykluszeit wurde von Sevlaires auf unter 18 s optimiert.
Aufgrund der Indexplattentechnik und Hydrauliksteuerung fiel die Wahl auf eine Hybrid-Spritzgießmaschine vom Typ E-Victory mit der Servohydraulik Ecodrive. Mit Ecodrive wird die Drehzahl gemäß der Geschwindigkeit der Maschinenbewegungen geregelt, das heißt, die Pumpe ist nur bei Bedarf aktiv. Im Stillstand entsteht praktisch kein Energieverbrauch. Auf diese Weise erreichen die Hybridmaschinen Energieverbrauchswerte, die sich mit den Werten vollelektrischer Maschinen messen lassen können. Zudem bietet Ecodrive weitere Vorteile, wie eine hohe Positioniergenauigkeit, einen sehr niedrigen Kühlwasserverbrauch und eine niedrige Wärmebelastung. Das System arbeitet zudem leise und ohne Luftverwir-belungen.
Die Anlage beweist, dass die Hybridtechnologie von Engel mit der Herstellung im Reinraum kompatibel ist: Die vollständig geschlossenen Öl- und Schmierkreisläufe halten die Anlage kontaminationsfrei.
Mit der neuen Fertigungstechnik stellt Sevlaires inzwischen verschiedene Versionen der Abstrichbürste her. Die vollautomatisierte Fertigungszelle ermöglicht es den Portugiesen, Anforderungen wie Präzision, Energieeffizienz, Präzision, Qualität und Hygiene zu vereinen.
Susanne Zinckgraf Engel, Schwertberg/Österreich

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