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Einzelzimmer ohne Zuschlag

Oberflächentechnik: Längliche Teile einfach und schnell glätten
Einzelzimmer ohne Zuschlag

Ein neues Maschinenkonzept ermöglicht einfaches Trockenschleifen und -polieren auch von schweren Implantaten oder langen Instrumenten. Diese müssen nicht fixiert werden, sondern durchlaufen den Prozess einzeln in Röhren.

Ob Chirurgieinstrument oder Osteosynthese-Implantat für die Behandlung eines gebrochenen Schienbeins: Manchmal müssen auch sehr lange oder schwere Teile auf den im Medizinbereich üblichen Hochglanz gebracht werden. Technische Verfahren dafür gibt es zwar. Allerdings mussten Anwender bisher Einschränkungen bei der Qualität in Kauf nehmen und hohen manuellen Aufwand betreiben. Mit ihrem neuen Maschinenkonzept Medical Line hat die Dr. Ing. Manfrid Dreher GmbH & Co. KG aus Engelsbrand nun den Prozess optimiert.

Das grundsätzliche Verfahren ist dabei das Gleiche geblieben. Um Ra-Werte von 0,01 zu erzielen, werden Metallteile mit einem Poliergranulat und Polier-Compound in Kontakt gebracht. Schnelle, drehende Bewegungen in einem Behälter pressen das Granulat mit hohen Druck auf die Oberfläche der Teile und erzeugen im Kontakt die erwünschte gleichmäßige Flächeneinebnung.
Bisher bereiteten schwere oder längliche Platten, Instrumente und Nägel bei loser Bearbeitung – wie auch in Trommel- oder Virbationsanlagen üblich – aber Schwierigkeiten. Das Berühren oder Aneinanderschlagen der Teile war während des Prozesses nicht vermeidbar. Im Schleppfinishverfahren können die Teile zwar fixiert werden. In der Praxis bedeutete dies aber, dass Implantate auf Aufnahmeträgern fixiert, während des Prozesses gedreht und schließlich erneut manuell fixiert werden mussten. Abgesehen vom hohen Arbeitsaufwand führte das mehrfache Fixieren nicht immer zur gewünschten gleichmäßigen Einebnung der Oberfläche.
„Heute können wir auch die langen und schweren Knochenplatten im Highendfinish bis auf einen Ra Wert von 0,01 bearbeiten“, sagt Olaf Sommer, Vertriebsleiter beim Engelsbrander Oberflächentechnik-Experten Dreher. Möglich wird das durch Revolvertrommeln, die für die Medical-Line-Serien Apollo, Gemini und Saturn entwickelt wurden. Jedes Teil bekommt hier seinen eigenen Platz in einer Röhre – von den Engelsbrandern „Tube“ genannt –, die mit dem Poliergranulat befüllt wird. Die Röhren werden dann in die Trommelhalter der Medical-Line-Serie eingesetzt.
Das Poliergranulat bewegt sich durch die Rotation der gesamten Trommel frei in den einzelnen „Tubes“ und schleift oder poliert die Metallteile darin gleichmäßig. In einem Prozessschritt können nach diesem Prinzip bis zu 80 Platten oder andere Teile bis 300 mm Länge behandelt werden.
Da sowohl der Typ des Granulates als auch dessen Menge in der Röhre das Ergebnis beeinflussen, haben sich die Maschinenbauer für das Befüllen eine prozesssichere Lösung einfallen lassen: die paralell zu den Maschinen entwickelte Befüllstation BS 1. Hier wird automatisch jede Röhre mit dem gleichem Polier- oder Schleifgranulat beschickt. Die zu befüllende Revolvertrommel kommt dazu auf einen Einschubschlitten, fährt darauf in die Anlage ein und wird innerhalb weniger Sekunden Röhre für Röhre mit dem Verfahrensmaterial befüllt. Erst dann werden die zu bearbeiteten Implantate eingesetzt. Prozessdaten wie Geschwindigkeit und Dauer des Prozesses muss der Bediener dann nur noch einmalig eingeben. Das Prozessende wird visuell und akustisch angezeigt, und das Polier oder Schleifgranulat kann auch hier – wie üblich – mehrmals benutzt werden.
Getestet wurde das Verfahren mit den Revolvertrommeln bereits für Knochenimplantate, Medizintechnische Instrumente, Schrauben, Nägel, Dentalimplantate und weitere Metallteile für die Medizintechnik. „Für den Anwender ist es von Vorteil, dass er in jeder einzelnen Röhre auch unterschiedliche Teile in einem Vorgang bearbeiten kann“, erläutert Firmeninhaber Gregor Dreher.
Und wenn kleinere Chargen anstehen, müssen auch nicht alle vier in einer Anlage zur Verfügung stehenden Revolvertrommeln eingesetzt werden. Der Betrieb mit zwei Trommeln ist möglich, wobei nur eine von beiden mit den zu bearbeitenden Teilen befüllt werden muss. Die parallel eingesetzte Ausgleichstrommel kann nur mit Poliergranulat laufen. „Natürlich wird es interessante Anwendungen geben, für die wir noch keine Erfahrungen haben“, sagt Sommer. In solchen Fällen bieten die Engelsbrander an, den Prozess mit Musterteilen zu erproben. op

Alles dreht sich
Die Medical-Line-Anlagen arbeiten unter anderem als Planetenfliehkraftsytem. Darin rotieren die zentrale Achse, die Revolvertrommeln sowie die einzelnen Röhren in entgegengesetzter Richtung. Durch die überlagerten Bewegungen ruft das Granulat den gewünschten Schleif- oder Poliereffekt hervor. Die Granulate variieren in Korngrößen und Materialien, die von Kunststoffen bis hin zu gemahlenen Nussschalen reichen. Letztere sind gesundheitlich unbedenklich und lassen sich vor allem in der Medizintechnik sehr gut einsetzen.

Ihr Stichwort
  • Schleppschleifen/-polieren
  • Gleichmäßige Oberflächen auch bei langen und schweren Teilen
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