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Dauertest bestanden!

Implantattechnik: 5-Achsen-Bearbeitung für die Wirbelsäulenchirurgie
Dauertest bestanden!

Spaltmaße werden enger, Bauteile filigraner: Die Maßstäbe, die im Prototypen- und Musterbau gelten, sind auch in der Serienfertigung von Implantaten Alltag. Beim Fräsen werden deshalb von der Maschine Präzision und Prozesssicherheit erwartet.

Die Entwicklung innovativer Implantate und Instrumente für die Wirbelsäulen- und Unfallchirurgie zählen zu den Schwerpunkten der Biedermann Motech in Villingen-Schwenningen. 1988 gegründet, ist das Unternehmen heute ein mittelständischer, international ausgerichteter Hersteller mit 65 Mitarbeitern. Die Kernkompetenz des Unternehmens liegt in der Entwicklung und Herstellung innovativer Implantate und Instrumente zur klinischen Versorgung typischer Wirbelsäulenerkrankungen und -verletzungen, die zu Instabilitäten führen und dadurch eine Stabilisierung oder Balancierung erforderlich machen. In diesem stark wachsenden Markt behauptet das Unternehmen über das Joint Venture mit DePuy Spine weltweit die Position zwei. Einen wesentlichen Anteil daran hat der Prototypen- und Musterbau.

Neue Entwicklungen und seriennahe Teile werden hier gefertigt, Chirurgen vorgestellt und anschließend in Dauertest mit bis zu 10 Millionen Zyklen auf Lebensdauer untersucht. Gefertigt wird in Villingen-Schwenningen nahezu ausschließlich auf Schweizer Werkzeugmaschinen. Aus gutem Grund, so Dierk Rith, Leitung Musterbau und Fertigungskoordinator: „Die Bauteile werden zunächst über die Finite-Elemente-Methode berechnet, um die Sicherheit annähernd zu bestimmen. In der Medizintechnik – und das gilt auch für Implantate – werden allerdings auch die Toleranzen immer enger, die geforderte Präzision der Produkte immer höher. Da sind die Präzision und die Prozesssicherheit einer Fräsmaschine schon allein wegen der notwendigen Reproduzierbarkeit von entscheidender Bedeutung. Dass wir deshalb mit Maschinen von Fehlmann fertigen, ist also kein Zufall.“
Die Picomax 55 des Schweizer Herstellers arbeitet bereits seit sechs Jahren in Villingen-Schwenningen. In das Bearbeitungszentrum Picomax 60 hat man vor einem Jahr investiert. Der Grund hierfür war, dass nicht nur die Präzision, sondern auch die Komplexität der Bauteile immer mehr zunimmt. Mit dem automatischen Teile-Schwenktisch war das schließlich der Einstieg in die präzise 5-Achsen-Bearbeitung.
Die Entscheidungskriterien für solche Maschinen sind in der Medizintechnik freilich unterschiedlicher Natur: So war bei Biedermann Motech zunächst die geringe Raumhöhe ein Aspekt. Deshalb sollte es eine kompakte Maschine sein, die dennoch steif, thermostabil und prozesssicher ist. Außerdem musste sie für die Bearbeitung von Titanlegierungen eine entsprechende Leistung und Stabilität mitbringen. Nun ist der Musterbau bei Biedermann Motech sicher nicht mit einer herkömmlichen Fertigung zu vergleichen. Für Stückzahlen bis zu 15 Bauteilen brauchte man weder eine Produktionsmaschine noch ein Formel-1-ähnliches Zentrum. Wichtiger waren Flexibilität, Zugänglichkeit und ein entsprechendes Werkzeughandling.
Darüber wollte sich Dierk Rith in Seon auch zunächst informieren: „Fehlmann ist für seine hochpräzisen Maschinen bekannt, und unsere Picomax 55 bestätigt das auch. Wir wollten uns trotzdem vor Ort ein Bild machen. Was wir gesehen haben, hat uns überzeugt. Das ist noch echter Maschinenbau und nicht nur das Zusammenschrauben weltweit zugekaufter Komponenten. Für unsere Bedürfnisse ist das deshalb ein nahezu perfektes Konzept.“
Selbst wenn der Musterbau nicht mit einem Fertigungsbetrieb zu vergleichen ist, sind die Maschinen in Villingen-Schwenningen bestens ausgelastet und mit den neusten Steuerungen ausgerüstet. Die Bauteile, überwiegend anspruchsvoll, auch mit filigranen Geometrien, werden in einer Werkstatt mit Laborcharakter gefertigt. Ein „Labor“ ohne Klimatisierung allerdings. Auch deshalb war die Thermostabilität der Maschine von besonderer Bedeutung. Im Gegensatz zu anderen Herstellern misst Fehlmann die Temperatur nicht an der Spindel ab, sondern berücksichtigt hier die Raumtemperatur und kompensiert entsprechend.
Die Stabilität beziehungsweise die Steifigkeit der Maschine im Verhältnis zu den Abmessungen und der Kompaktheit war aber trotz Feinmechanik in Villingen-Schwenningen ein wichtiges Thema. Einige Hersteller mussten hier nach Auskunft von Dierk Rith bereits im Vorfeld passen. Wie elementar die Stabilität und damit ja auch die Präzision bei Biedermann Motech ist, macht das Beispiel ventraler Platten für den HWS-Bereich deutlich. Nur die geringste Kerbwirkung an einem solchen Implantat kann zu fatalen Folgen führen. Selbst die von Biedermann Motech entwickelten polyaxialen Knochenschrauben müssen im Mikrometer-Bereich stimmen, um die vielfältigen Funktionen zu gewährleisten.
Neben der hohen Präzision wird vom Musterbau aber auch schnelles Reagieren erwartet. Wie flexibel man hier sein muss, macht deutlich, dass heute auf den Maschinen Implantate, morgen Vorrichtungen und übermorgen eventuell spezielle chirurgische Instrumente angefertigt werden müssen. Zudem muss schnell reagiert werden, wenn dringend ein Spezial-Implantat für eine anstehende OP gebraucht wird. Schnelles Umrüsten ist also an der Tagesordnung. Deshalb war den Verantwortlichen wichtig, dass die Maschine auch hinsichtlich Ergonomie überzeugt. Dazu zählen die Programmierung, das Werkzeughandling und die Zugänglichkeit. Nach Auskunft von Dierk Rith gibt es hier trotz intensiver Vergleiche nichts Passenderes am Markt.
Ob kleinste Bohrungen oder das Fräsen eines 8er Torx, ob Schrauben-Stab-Systeme, Knochenplatten, Wirbelkörper- oder Bandscheiben-Platzhalter, für die Verantwortlichen war die Investition in das neue Bearbeitungszentrum auch und vor allem eine Vertrauensfrage. Und wie Rith bestätigt, sei man trotz zahlreicher sachlicher und nüchterner Vergleiche immer wieder bei Fehlmann gelandet.
  • Manfred Lerch Fachjournalist in Filderstadt
  • Weitere Informationen Zum Implantat- und Instrumentehersteller Biedermann Motech: www.biedermann.com Zum Schweizer Maschinenbauer Fehlmann: www.fehlmann.com

  • Ihr Stichwort
    • Werkzeugmaschinen
    • 5-Achsen-Bearbeitung
    • Präzision auch in der Serienfertigung
    • Thermostabilität
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