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Bei der Teilereinigung Sacklöcher und Hinterschnitte erreichen

Teilereinigung mit CNp
Bei der Teilereinigung auch Sacklöcher und Hinterschnitte erreichen

Bei der Teilereinigung auch Sacklöcher und Hinterschnitte erreichen
Die Instrumente für die Mikrochirurgie haben komplexe geometrische sowie enge kapillare Strukturen. Wegen dieser Eigenschaften lassen sie sich mit klassischen Verfahren nur schwer reinigen Bild: LPW
Cyclic Nucleation Process | Wenn Teile mit komplexen Geometrien zu reinigen sind, ist der Cyclic Nucleation Process eine interessante Alternative zur Ultraschallreinigung. Ein Hersteller filigraner Geräte für die Hochfrequenzchirurgie hat damit gute Erfahrungen gemacht.

Gerhard Koblenzer
LPW Reinigungssysteme, Riederich

Um die Patientensicherheit zu gewährleisten, ist nicht nur eine präzise Fertigung, sondern auch eine hochwertige industrielle Reinigung gefragt. Diese kann knifflig werden, wenn kritische Kontaminationen auf sehr komplexe Geometrien treffen.

Ultraschall stößt bei solchen Anwendungen irgendwann an seine Grenzen. Bei der Günter Bissinger Medizintechnik GmbH in Teningen, einem Hersteller von Geräten für die Hochfrequenzchirurgie, wird aus diesem Grund seit kurzem ein Anlagensystem eingesetzt, das nach einem anderen Prinzip arbeitet: dem CNp-Prozess. Entsprechende Maschinen bietet die LPW Reinigungssysteme GmbH aus Riederich mit der Baureihe Power Jet Medical an. Darin lassen sich Teile mit hoher Packungsdichte unterbringen und reinigen. Sie bietet Flexibilität bei verschiedenen Produktionsprozessen, was im Hinblick auf die MDR interessant sein kann.

Alle Fertigungsrückstände
müssen sicher entfernt werden

Die Anforderungen, die die neue Anlage zu erfüllen hatte, definiert Benedikt Florian aus der QM-Abteilung bei Bissinger: Demnach sollten sowohl die Endprodukte gereinigt werden als auch Zwischenreinigungen von einzelnen Bauteilen und Baugruppen möglich sein. Dabei müssen Fertigungsrückstände wie etwa Polierpasten, Stäube aus Metall und Kunststoff sowie Öle, Fette, Aceton und Alkohol beseitigt werden. Zeitgleich sollen die metallischen Oberflächen passierviert werden. „Die Reinigungsergebnisse werden schließlich mittels Zytotoxizitätstest nach ISO 10993-1 bewertet“, erklärt Florian.

Bisher nutzte Bissinger dafür eine Ultraschall-Reinigungsanlage mit fünf Becken. Laut Florian „scheiterte dieses System bei der Reinigung von besonderen oder komplexen Produkten wie sehr feinen Pinzetten oder Handgriffen für die minimal-invasive Chirurgie.“ Des Weiteren sei der Prozess nicht automatisiert gewesen. „So konnte nicht zu hundert Prozent sichergestellt sein, dass alles nach den vorgegebenen Parametern ablief.“

Für die Beschaffung eines neuen Anlagensystems wurden bei Bissinger daher eine Reihe von Kriterien definiert.

  • Die Anlage sollte den Prozess automatisch ablaufen lassen können.
  • Der Gesamtdurchsatz sollte höher sein als bei der bisherigen Reinigungsanlage.
  • Die Anlage sollte bei steigendem Durchsatz erweiterbar sein.
  • Die gereinigten Teile sollten nicht nur den derzeitigen, sondern auch künftigen Reinheitsanforderungen stand-
    halten.
  • Die Anlage sowie der gesamte Prozess sollten validierbar sein.
  • Für einfaches und intuitives Bedienen der Anlage sollte die Programmauswahl über ein Barcodesystem erfolgen.
  • Reinigungsprotokolle sollten digital archiviert werden.
  • Gefordert wurde ein möglichst geringer Wasserverbrauch.
  • Und nicht zuletzt sollte die Anlage auch in der Lage sein, komplexe Geometrien zu reinigen.

Die Power-Jet-Medical-Anlage mit CNp-Reinigung, für die sich die Verantwortlichen bei Bissinger schließlich entschieden, wurde passend zu den Anforderungen konzipiert: Sie verfügt über ein geschlossenes Maschinensystem mit vollautomatischem Ablauf der Prozesse. Nach dem Einlesen der Waschprogramme über Barcode erfolgt eine Plausibilitätsprüfung, und Arbeitsanweisungen wie das Einlegen der Instrumente im Waschgestell werden aufgerufen. Die Waschergebnisse werden mit einem Ausdruck auf Papier protokolliert und dokumentiert.

Unter Vakuum werden aus dem Wasser reinigende Bläschen

Der entscheidende Prozessschritt, die Zyklische Nukleation oder kurz CNp, beruht auf Abläufen, die sich aus dem Wechsel des Aggregatzustands von Wasser ergeben. Das Wasser ist im Reinigungsmedium enthalten.

Um einen Aggregatzustandswechsel zu erzeugen, wird in der jeweiligen Arbeitskammer ein Vakuum erzeugt. Das bringt das Wasser bereits bei 60 °C dazu, in den gasförmigen Zustand überzugehen. Wird das Vakuum belüftet und fällt der Druck damit schlagartig auf den Normalwert zurück, wechselt auch das Wasser vom Aggregatzustand gasförmig auf flüssig. Die kleinen Wasserdampfblasen implodieren und erzeugen damit Kavitäten. Dadurch entsteht neben einem asymmetrischen Flow ein mechanischer sowie kavitätischer Effekt direkt auf der gesamten Bauteil-Grenzfläche: So werden Schmutzpartikel selbst in Hinterschnitten und Sacklöchern abgelöst. Dies war bei Bissinger mit der bisherigen Ultraschallanlage nicht zufriedenstellend zu erreichen gewesen, da der Schall nicht durch Material dringen kann und somit nicht an Hinterschnitte oder Sacklöcher gelangte.

Die für das Vakuum verantwortlichen Vakuumpumpen tragen auch zur Trocknung bei und werden hier im Wechselspiel mit einem Heißluftgebläse eingesetzt. Die Anlage LPW Power Jet 530 T4 Twin CNp besteht aus zwei Arbeitskammern, die zeitgleich betrieben werden können. Jede Kammer verfügt über zwei angeschlossene, aber voneinander getrennte Tanks. Um eine direkte Verschleppung von Substanzen aus Tank 1 in Tank 2 über die Arbeitskammer zu vermeiden oder diese zumindest zu reduzieren, wird zwischen den einzelnen Prozessschritten die Arbeitskammer mit VE-Wasser gespült.

Bissinger nutzt die neue Anlage seit etwa einem Jahr, und Benedikt Florian äußert sich zufrieden: „Das System war das erste seiner Art und hatte anfangs ein paar kleine Kinderkrankheiten. Diese wurden aber von LPW zeitnah und nachhaltig behoben.“ Derzeit seien noch kleine Softwareanpassungen erforderlich, da sich zusätzliche Anforderungen ergeben hätten. „Alles in Allem sind wir sehr zufrieden und froh, mit diesem System den aktuellen sowie künftigen Anforderungen, auch im Hinblick auf die neue MDR, gerecht werden zu können.“

www.lpw-cleaning.de

Auf der Messe T4M: Halle 9, Stand D61


Über den Anwender

Seit 1974 fertigt die Günter Bissinger Medizintechnik GmbH im baden-württembergischen Teningen Instrumente für die Hochfrequenzchirurgie. Zum Produktportfolio des 100 Mitarbeiter-Unternehmens zählen etwa Resektoskope, bipolare Pinzetten, Scheren, Klemmen, Zangen und Nadelelektroden.

www.bissinger-medizintechnik.com

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