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PFAS-Substitution: Ensinger Plastics berät Anwender

Mögliches PFAS-Verbot in der EU
PFAS-Substitution: Ensinger berät zu Alternativen

Nach Alternativen zu PFAS fragen heute schon die Anwender, obwohl noch gar kein Verbot ausgesprochen wurde. Anwendungsingenieur Sebastian Roller erläutert, was der Kunststoffspezialist Ensinger mit seinen Kunden diskutiert.

Dr. Birgit Oppermann
birgit.oppermann@konradin.de

In der EU wird seit Anfang 2023 über ein mögliches Verbot von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS)) heißt diskutiert. Befürworter eines Verbots verweisen auf die Risiken, die von den so genannten Ewigkeitschemikalien ausgehen, sobald sie in die Umwelt gelangen. Das passiert derzeit sowohl im Rahmen der Herstellung dieser Chemikalien als auch dann, wenn die Produkte, die PFAS enthalten, entsorgt werden müssen. Kritiker des Verbots befürchten, dass Unternehmen in eigentlich allen Branchen unzumutbare Einschränkungen in ihrer Produktion hinnehmen müssten – und zum Beispiel auch, dass ein Verbot zahlreiche Medizinprodukte aus dem Markt fallen lassen würde, weil diese ohne PFAS wichtige Eigenschaften verlieren würden.

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Mit der Frage, wie eine Zukunft ohne PFAS aussehen könnte, befasst sich auch der Nufringer Kunststoffspezialist Ensinger GmbH. Genauer gesagt geht es um eine Zukunft ohne PTFE und ohne den opaken, teilkristallinen, thermoplastischen Fluorkunststoff PVDF, das Polyvinylidenfluorid. Das sind die beiden wesentlichen Substanzen aus der PFAS-Gruppe, die Ensinger nutzt.

PFAS-Verbot bedroht die Hightech-Industrien

Zwei PFAS sind für Ensinger wichtig, auch als Additive

Stäbe und Platten als Halbzeuge bieten die Nufringer aus diesen Werkstoffen an. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Compounds, die PTFE mit 10 bis 20 % Gewichtsanteil als Additiv enthalten, um die Gleiteigenschaften der aus solchen Compounds hergestellten Bauteile zu verbessern. Klingt nach wenig – doch laut Sebastian Roller, Applikationsingenieur bei Ensinger, sind die beiden PFAS „wichtige Polymere für unser Portfolio und auch als Additiv wichtig“.

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Sebastian Roller berät als Ensinger-Applikationsingenieur die Anwender, die künftig auf Kunststoffe ohne PFAS setzen wollen
(Bild: Ensinger)

Die PFAS enthaltenden Halbzeuge von Ensinger sind nicht auf Biokompatibilität geprüft. Jedoch werden im Bereich Medizintechnik daraus zum Beispiel Instrumente und Instrumentengriffe oder auch Halterungen hergestellt, in denen Medizinprodukte während der Sterilisation fixiert sind. Dabei spielen die besseren Gleitreibeeigenschaften eine Rolle.

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„Wir sind allerdings schon länger damit beschäftigt, nach PTFE-freien Hochleistungskunststoffen zu schauen“, berichtet Roller. Die Kunden fragen das seinen Erfahrungen zu Folge inzwischen auch gezielt an.

Während am Anfang das Interesse aus Konzernen am größten war, scheint das Thema inzwischen bei allen Betriebsgrößen angekommen zu sein. „Wenn eine ganze Compliance-Abteilung eine Fragestellung bearbeitet, sind die Vorgaben, die wir bekommen, natürlich früher dran und rigoroser. Das kann heißen, dass grundsätzlich kein PTFE mehr akzeptiert wird, weder als Halbzeug noch als Additiv.“

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Gleitanwendungen: Festschmierstoffe substituieren PFAS

Für Gleitanwendungen gibt es laut Roller in solchen Fällen schon Alternativen, an denen Entwickler bei Ensinger im Bereich Compoundierung arbeiten. „Da wir die Anforderung bekommen, dass die Werkstoffe auch bei 100 oder 200 Grad Celsius beständig sein müssen, können wir nicht in Richtung UHMWPE gehen. Aber es gibt schon Additive für andere Kunststoffe als PE, mit denen wir zu stabilen verschleißbeständigen Werkstoffen kommen können, die das Gleiten fördern.“

Verschiedene Festschmierstoffe seien dafür interessant, als Basis komme PEEK in Frage. „Damit kommt man schon sehr nahe an die Gleiteigenschaften heran, die man von PTFE kennt.“ Und auch wenn manchmal mehr oder weniger Abstriche bei den Erwartungen an die Gleiteigenschaften erforderlich sind: Es gibt auch Fälle, in denen der Ersatz-Werkstoff die Anwender überrascht und überzeugt – zum Beispiel weil er verschleißbeständiger ist als der PTFE-haltige Vorgänger.

Medizintechnik-Branche: Unsicherheit durch mögliches Pfas-Verbot

PFAS-freie Kunststoffe werden bereits erfolgreich eingesetzt

Solche Werkstoffe liefert Ensinger bereits aus. Sie werden laut Roller auch schon erfolgreich in Projekten eingesetzt, allerdings noch nicht in der Medizintechnik. „Es gibt bisher keine Untersuchungen zur Biokompatibilität dieser Werkstoffe, und wir planen derzeit auch nicht, in dieser Richtung aktiv zu werden“, sagt er.

Dennoch könnten die Werkstoffe für den Einsatz in Medizinprodukten interessant sein, die nicht direkt mit dem menschlichen Körper in Kontakt in Kontakt kommen. Ansatzpunkte seien Komponenten wie Gleit- oder Schiebeelemente oder Verschlussschrauben, die bisher aus PTFE-haltigen Materialien bestehen. „Wenn tatsächlich ein generelles PFAS-Verbot kommt, würden solche Lösungen natürlich gebraucht.“

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PFAS lassen sich nicht ohne Weiteres eins zu eins ersetzen

Eine Alternative zu PTFE, die alle Eigenschaften dieses Werkstoffes wie die Gleitfähigkeit, Chemikalien- und Temperaturunempfindlichkeit, auf einmal ersetzen kann, sieht Roller nicht. „Es würde wohl sehr schwierig werden, so etwas zu entwickeln, und in kurzer Zeit ist überhaupt nicht mit derlei zu rechnen.“


Über Ensinger

Die Ensinger Gruppe mit Hauptsitz im baden-württembergischen Nufringen beschäftigt sich mit der Entwicklung, Fertigung und dem Vertrieb von Compounds, Halbzeugen, Composites, Fertigteilen und Profilen aus technischen Kunststoffen. Ihre Produkte werden in verschiedenen Branchen eingesetzt, darunter die Medizintechnik, für die Medical-Grade-Kunststoffe im Portfolio verfügbar sind. In vielen Bereichen hat Ensinger das Qualitätsmanagementsystem gemäß DIN EN ISO 13485:2016 eingeführt. Das Unternehmen beschäftigt heute rund 2700 Mitarbeiter und unterhält weltweit 34 Fertigungsstandorte und Vertriebsniederlassungen.

www.ensingerplastics.com

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