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Herr Kempf, Medical Mountains hat sich mit einem Positionspapier an den Konsultationen zum möglichen PFAS-Verbot beteiligt. Wie viele Unternehmen in der Branche nutzen Ihrer Einschätzung nach PFAS?
Es ist davon auszugehen, dass fast alle Unternehmen PFAS verwenden. Das fängt mit den eigenen Produkten an, beispielsweise mit dem Einsatz von PTFE in Schläuchen. PFAS werden aber auch in Maschinen verwendet, kommen in Dichtungsringen vor, als Hilfs- oder Betriebsstoffe. Es gibt sie in Laborgeräten und der Ausrüstung für die Analytik. Wer eine Bestandsaufnahme macht, die über die eigenen Produkte hinausgeht, und auch entlang der Lieferkette schaut, wird etwas finden und damit von einem möglichen PFAS-Verbot betroffen sein.
Wie ist angesichts dieser Einschätzung die Stimmung bei den Unternehmen, was dieses Thema angeht?
Sehr angespannt, und es gibt auch viel Unsicherheit. Eine der größten Sorgen ist, dass viele Unternehmen gerade mit großem Aufwand die Hürden der MDR überwinden und nun schon das nächste Thema auftaucht, dass Änderungen an Produkten und Prozessen erfordern könnte – und damit auch eine neue Runde an Zertifizierungen auslösen würde. Der Eindruck ist, dass keine Ruhe mehr einkehrt. Darüber hinaus sind PFAS oft in besonders innovativen Produkten im Einsatz. Entfallen aufgrund eines Verbotes diese Substanzen, könnte das auch das Ende der Produkte selbst bedeuten. Denn ein Ersatz, so hören wir das aus der Forschung, ist nicht einfach zu finden oder zu beschaffen.
Gasphasenfluorierung: Mögliches PFAS-Verbot könnte Fragen aufwerfen
Noch gibt es kein Verbot, mögliche Übergangsfristen erstrecken sich über viele Jahre. Wie präsent ist das PFAS-Thema jetzt schon bei den Unternehmen?
Wer PFAS in den eigenen Produkten verwendet, ist sicher schon alarmiert. Manche fangen jetzt auch schon an, nach Alternativen zu suchen und zumindest dort auf PFAS zu verzichten, wo es mit vertretbarem Aufwand machbar ist. Das bindet Kapazitäten. Die Botschaft, dass sich da etwas tut, ist also angekommen, auch wenn die Behörden derzeit betonen, dass es noch Änderungen und Ausnahmeregelungen geben könnte. Allerdings gibt es auch noch eine Reihe von Unternehmen, die davon ausgehen, dass das Thema sie nicht betrifft, da sie selbst keine PFAS verwenden. Das könnte noch zu Überraschungen führen.
Was sollten Unternehmen jetzt tun?
Wir empfehlen auf jeden Fall überall, wo das noch nicht erfolgt ist, eine Bestandsaufnahme zu erstellen und die Lieferkette mit einzubeziehen. Ein paar Hinweise darauf, wo PFAS im Einsatz sind, finden sich im Positionspapier, das Medical Mountains im Jahr 2023 zusammengestellt und während der Konsultationsphase zum möglichen PFAS-Verbot bei der ECHA eingereicht hat. Auch diese Aufstellung ist nicht zu 100 Prozent vollständig, bietet aber schon viele Anhaltspunkte für die Suche. Für einen allerersten Überblick gibt es auch ein Handout zum Thema, das im Rahmen der Med Alliance BW entstanden ist.
Planen Sie Beratungen oder Forschungsprojekte zum Thema?
Es gibt bereits eine offen Arbeitsgruppe PFAS, die sich mit dem Thema beschäftigt. Interessenten können sich gern noch anschließen. Eine E-Mail an Medical Mountains genügt, dann teilen wir die nächsten Termine mit und laden die Interessenten ein. Diesen Austausch halte ich für sehr wichtig, damit Unternehmen von den Erfahrungen der anderen profitieren können. Da stößt man vielleicht auf Fragen, die man sich selbst noch gar nicht gestellt hat. Geplant ist auch, Experten dazu zu holen.
Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass ein wie auch immer geartetes PFAS-Verbot kommt?
Wir haben inzwischen von den Behörden schon die Signale bekommen, dass sich in Sachen PFAS auf jeden Fall etwas ändern wird. Es ist natürlich auch richtig, dass man besonders besorgniserregende Substanzen reguliert und deren Gebrauch beschränkt. Da sehe ich aber durchaus Unterschiede, was die Monomere angeht, die besonders risikobehaftet sind, und auf der anderen Seite die Polymere, die man ganz gut handeln kann. Wie die Regulierung am Ende aber genau aussieht, kann heute noch niemand wirklich abschätzen.