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Keramik im Ganzkörpereinsatz

Keramische Werkstoffe: Neue Verfahren garantieren eine anwendungsreiche Zukunft in der Medizintechnik
Keramik im Ganzkörpereinsatz

Keramik im Ganzkörpereinsatz
Keramische Spiralfedern in einer Halterung für den Einsatz in der Neurochirurgie Bild: Fraunhofer IKTS
Keramische Werkstoffe werden heute bereits erfolgreich in der Medizintechnik eingesetzt. Durch Miniaturisierung und optimierte Fertigungsverfahren sind neue Anwendungen in der Diagnose sowie der Unfall- und Neurochirurgie zu erwarten.

Keramische Werkstoffe in ihrer Vielfalt der Zusammensetzung kommen heute bereits erfolgreich in der Dental-, Hüft- und Kniegelenkchirurgie zum Einsatz. Voraussetzung dafür ist die Verträglichkeit der eingesetzten keramischen Werkstoffe mit dem menschlichen Körper. Bioinert nennt man die Systeme dann, wenn der Vorteil gerade darin liegt, dass eine mögliche schädliche Wechselwirkung zwischen Implantat und Gewebe ausgeschlossen wird. Im Gegensatz dazu ist bei bioaktiven Systemen eine Wechselwirkung erwünscht: Hydroxylapatit als Hauptbestandteil von Knochen und Zähnen wird temporär eingesetzt, um Biomineralisation und Knochenwachstum anzuregen.

Intensiv wird zur Zeit an einer Lösung für den Bereich der Unfallchirurgie gearbeitet, um mittels Rapid Prototyping Implantate schnell und patientenspezifisch fertigen zu können. Ein aussichtsreicher Ansatz in der Knochentransplantation besteht darin, den Umbau von Hartgewebe-Scaffolds durch Knochenzellen in einem Zweiphasenprozess im Zellreaktor zu fördern. Anschließend wird die Aufnahme im menschlichen Organismus bis zur vollständigen Gewebeintegration mechanisch simuliert. Auf dieses Ziel sind Forschungsarbeiten am Fraunhofer IKTS in Dresden ausgerichtet. Sie beinhalten die Werkstoff- und Wandlerentwicklungen auf der Basis von Piezokeramik für eine kontrollierte niederfrequente und akustische Stimulation.
Besondere funktionelle Eigenschaften von Keramik können aber auch bereits bei der Diagnose helfen, Patienten zu schonen. So liefert zum Beispiel der Computertomograph Somatom Sensation 64 von Siemens nach nur 9 s Aufnahmedauer gestochen scharfe 3D-Bilder vom schlagenden Herzen. Entscheidend für die hohe Bild-qualität ist ein Szintillatorwerkstoff: UFC (UltraFastCeramic). Die spezielle Keramik erfüllt die Aufgabe, die Strahlen der Röntgenröhre schnell und effizient in Lichtsignale umzuwandeln. Dieses Licht wiederum nehmen Photodioden auf und wandeln es in elektrische Impulse, die letztendlich zur Bildinformation umgerechnet werden.
Weitgehend unbemerkt vom Patienten sind somit keramische Hochleistungswerkstoffe unverzichtbar für die moderne medizinische Gerätetechnik geworden. Auch bei Anwendungen in der Medizintechnik kommt es darauf an, die spezifischen Eigenschaften der Keramik zu nutzen und damit die keramische Komponente für genau diese Stelle auszulegen, wo die Vorteile des Werkstoffs zum Tragen kommen.
Bei bipolaren Koagulationselektroden für endoskopische Einsätze gewährleisten beispielsweise keramische Isoliereinsätze sowohl elektrische als auch thermische Isolation zwischen den Elektroden. Diese Eigenschaften von Keramik werden auch am Isoliereinsatz von Resektoskopen genutzt. Das operative Entfernen von Prostata-Gewebe mittels hochfrequentem (HF) Strom ist die am meisten verbreitete Methode zur Therapie der gutartigen Vergrößerung der Prostata. Dabei wird unter Beobachtung durch den Urologen Prostatagewebe mit einer mit HF beaufschlagten Elektrode geschnitten und koaguliert, das heißt, die Gefäße blutstillend wieder verschlossen. Der Isoliereinsatz markiert dabei das Ende des jeweiligen Schneidvorganges.
Keramische Werkstoffe sind aufgrund nichtmagnetischer, nichtmetallischer Charakteristik auch bestens für den Einsatz im Magnetresonanztomographen (MRT) geeignet. Daraus ergeben sich interessante Anwendungen, beispielsweise für den Einsatz in der Neurochirurgie. Noras hat eine spezielle Halterung für die intraoperative Neurochirurgie entwickelt. Eine Schlüsselkomponente ist eine vom Fraunhofer IKTS entwickelte Spiralfeder aus Zirkonoxidkeramik, die für einen definierten Anpressdruck der Schädeldorne an den Schädel des Patienten dient. Dadurch erst wird eine exakte Fixierung erreicht, die zusammen mit der Bildgebung des MRT eine Navigation im Hirn ermöglicht.
Reinhard Lenk Fraunhofer IKTS, Dresden

Erfolgreiche Anwendungen

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Keramik als Material für die Verblendung, zunehmend aber auch als vollkeramische Lösung für Inlays, Kronen und Brücken ist in aller Munde. Neben den Werkstoffeigenschaften sind es im Dentalbereich ästhetische Aspekte, die den Einsatz von Keramik so wertvoll machen. Die Vita-Zahnfabrik aus Bad Säckingen beispielsweise hat mit den Vitablocs TriLuxe ein Produkt entwickelt, das sich an den natürlichen Gegebenheiten orientiert. Durch ein spezielles Fertigungsverfahren lassen sich mehrere unterschiedliche Farbsättigungsgrade in einem Material vereinen. Sie folgen damit dem systematischen Aufbau des Vita Systems 3D-Master, einem neuzeitlichen Farbmess- und Reproduktionssystem.
Auch die Erfolgsstory der Keramik in der Hüftgelenkchirurgie ist eine besondere: Weltweit werden jährlich 900 000 künstliche Hüftgelenke implantiert. In Europa werden bereits heute zu 60 % Keramikimplantate eingesetzt. Die CeramTec AG, Plochingen, hat seit Einführung des Produktes über 4 Millionen Hüften versorgt. Die guten Eigenschaften von Keramikimplantaten im Hüftgelenk sowie die Fortschritte in der Materialentwicklung bieten die Voraussetzung, neue Anwendungen zu erschließen.

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