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Blower fürs Beatmungsgerät: Schneller mit 3D-Druck

Entwicklung
Blower fürs Beatmungsgerät: Schneller mit 3D-Druck

Blower fürs Beatmungsgerät: Schneller mit 3D-Druck
Ein Modell des Blowers, der von der IMT entwickelt wurde (Bild: IMT)
Die Hürden für den Einsatz von additiver Fertigung in der Medizintechnik sind hoch. Vor allem, wenn zusätzlich Ansprüche wie Biokompatibilität erfüllt werden müssen. Die IMT AG stellte sich dieser Herausforderung bei der Entwicklung eines Blowers, der als zentrale Komponente für Beatmungsgeräte benötigt wird.

Christoph Untersander
IMT, Buchs, Schweiz

Trotz langjähriger Erfahrung in der Beatmungstechnik sah sich die IMT Information Management Technology AG aus Buchs wie viele andere im Zuge der Covid-19 Pandemie mit neuen Problemen konfrontiert. Neben dem vielfach höheren Bedarf an Beatmungsgeräten und Zubehör erschwerten politische Entscheide und zusammenbrechende Supply Chains die Bereitstellung von Geräten.

Mit dieser Situation konfrontiert entschied sich das Schweizer Unternehmen ein Beatmungsgerät zu entwickeln, welches mit weiterhin erhältlichen Komponenten gebaut werden kann. Dies mit dem Ziel, bei einer Beatmungsgeräte- Knappheit in der Schweiz das Gerät mit einer Ausnahmebewilligung auf den Markt zu bringen. Das Szenario ist zum Glück nie eingetreten, trotzdem wurde das Gerät innerhalb weniger Monate fertig entwickelt.

Die hohen Anforderungen an Komponenten in einem Beatmungsgerät schränkte die Auswahl an Komponenten neben der Bauteilknappheit zusätzlich ein. Beim Blower, als Lüfterrad oder Turbine eines der zentralen Komponenten des Beatmungsgerätes, war die Verfügbarkeit so klein, dass ein eigener Blower entwickelt wurde. Zu den Anforderungen an solch einen Blower gehören Drehzahlen bis 60 000 U/min, Lebensdauer von mehreren 10 000 Stunden, Temperaturbereich von –20 °C bis +60 °C, Vibrationen bis 15G rms, Biokompatibilität und natürlich Fertigbarkeit in relevanten Stückzahlen und Lieferfristen.

Durchdachtes Design reduziert Material und Bauteile

Die hohe Flexibilität, welche die additive Fertigung bietet, kombiniert mit der Verfügbarkeit und den angestrebten Stückzahlen führte zur Auswahl dieses Verfahrens. Innerhalb kürzester Zeit wurde nach dem Motto „fail fast, fail early“ ein funktionierender Prototyp entwickelt. Diese kurze Entwicklungszeit wurde unterstützt durch einen kombinierten Ansatz von klassischem Ingenieurwesen und Design. Dabei wurden die größten Risiken früh und wo möglich parallel bearbeitet, um die Entwicklungszeit minimal zu halten.

Neben der eigentlichen Funktion als Blower standen auch die Fertigbarkeit und besonders der Zusammenbau im Fokus der Gestaltung. Der Slogan „think additive“ wurde konsequent bis in die Details umgesetzt um Material, Anzahl Bauteile und Durchlaufzeit zu minimieren. Design-Iterationen innerhalb von zwei Tagen waren nur durch die Wahl von additiver Fertigung und zuverlässiger Lieferanten möglich. Mit einer einzigen Nachbearbeitung für einen Presssitz konnten alle additiv gefertigten Teile ohne Klebstoffe oder Schweißung verbunden werden.

Gemäß Datenblätter kamen zwei Materialien und 3D-Drucktechnologien in Frage, die auf dem Papier alle Anforderungen erfüllten. Messungen der VVOC-Emissionen (Volatile Organic Compounds, also flüchtige organische Verbindungen) schränkten diese dann auf ein Verfahren und Material ein. Dieses wurde auf relevante Eigenschaften wie Zugfestigkeit und Kriechverhalten untersucht. Dabei wurden Materialproben einer beschleunigten Alterung unterzogen und periodisch überprüft. Weitere wichtige Faktoren waren die Fertigungstoleranzen und die Streuung ebendieser innerhalb des Bauraums des 3D-Druckers. Zur Qualitätssicherung wurde das Nesting der Teile zusammen mit einem Referenzstück und Zugproben definiert. Diese sind nach einem festgelegten Muster im Bauraum verteilt und müssen bei jedem Batch vermessen werden.

Die gedruckten Teile wurden dann per CT vermessen und mit den Herstellerangaben bezüglich Fertigungstoleranz abgeglichen. Dabei wurde festgestellt, dass die Dimensionsgenauigkeit nicht homogen ist, was jedoch durch aufgeweitete Profiltoleranzen im Design berücksichtigt werden kann. Da das Design des Blowers bereits auf additive Fertigung ausgelegt war, mussten trotzdem keine Änderungen am Design vorgenommen werden.

Prozessvalidierung und Teststand für die Blower

Nun war es möglich mit der Prozessvalidierung des additiven Herstellverfahrens zu beginnen. Diese wurde analog jener von einem Spritzgussprozess in Angriff genommen. Spezifisch wurden IQ, OQ und PQ durchgeführt wobei cmk-Werte ≥=1.33 erreicht werden konnten.

Um die geforderte Lebensdauer zu garantieren wurde ein Teststand entwickelt, auf dem 32 Blower mit verschiedenen Betriebsmustern getestet wurden. Dies geschah unter erhöhter Temperatur und erhöhter elektrischer Spannung, um den Worstcase zu simulieren. Die festgelegte zyklische Lebensdauer wurde um ein Mehrfaches übertroffen. Weiter wurden die Spezifikationen des Blowers während einem Highly accelerated life test (HALT), der in einem externen Labor durchgeführt wurde, ohne Vorbehalt erreicht.

Dieses Projekt hat gezeigt, dass additive Fertigung wie sie heute existiert auch für hochdynamisch belastete Teile in der Medizintechnik eingesetzt werden kann. Voraussetzung dafür ist eine verfahrensgerechte Gestaltung sowie eine vollumfängliche Validierung des Designs sowie der Herstellverfahren.


Weitere Informationen

Zum Schweizer Partner für die Beratung, Konzepterstellung, Produktentwicklung und

Regulatory Services von
innovativen Medizingeräten:

www.imt.ch

Auf der Messe: Halle 3C, Stand 517


Kontakt zum Unternehmen:

IMT Information Management Technology AG
Gewerbestr. 8
CH-9470 Buchs
www.imt.ch

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