Zusammenarbeit von Ärzten, medizinischen Einrichtungen und Unternehmen der Medizintechnologie braucht die Regeln der „Healthcare Compliance“ – ohne dass diese die gemeinsame Arbeit verhindern. Darin waren sich Experten und Teilnehmer der vierten BVMed Healthcare Compliance-Konferenz einig.
Unterstützt werden die Compliance-Bemühungen der MedTech-Branche nicht nur durch den 1997 aufgestellten Kodex Medizinprodukte, sondern auch durch Mustervertragselemente oder die Informationen und Praxisbeispiele der Kampagne „ MedTech Kompass – für transparenten und gute Zusammenarbeit“ .
Oberstes Ziel ist, zu vermeiden, unter Korruptionsverdacht zu geraten, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Industrie sei als Innovationsmotor für die MedTech-Branche erwünscht. Die Zusammenarbeit sei aber strafrechtlich mit Risiken behaftet. Da die Gesetzestexte oft nicht einfach zu verstehen sind, hat der BVMed bereits 1997 den „Kodex Medizinprodukte“ mit praktischen Handlungsempfehlungen erarbeitet und 2006 gemeinsam mit dem Verband der Krankenhausdirektoren (VKD) Musterverträge für verschiedene Bereiche vorgelegt. Mit dem „MedTech Kompass“ werden die vier wichtigsten Prinzipien für „Healthcare Compliance“ kommuniziert.
- Trennungsprinzip: Zuwendungen dürfen nicht im Zusammenhang mit Beschaffungsentscheidungen stehen
- Transparenzprinzip: Jede Zuwendung und Vergütung muss offengelegt werden
- Dokumentationsprinzip: Alle Leistungen müssen schriftlich festgehalten werden
- Äquivalenzprinzip: Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen
Mit dem Kompass soll zudem ein „Netzwerk für mehr Sicherheit“ geschaffen werden: mit regelmäßigen Schulungen, Informationsveranstaltungen und Publikationen. Zu den notwendigen organisatorischen Maßnahmen gehört die Einführung eines Compliance-Managements mit einem Compliance-Verantwortlichen. Wichtig seien zudem regelmäßige Schulungen oder ein Vertragsmanagement mit einheitlichen Formular- und Vertragsmustern.
Dr. Peter Dieners, Rechtsanwalt und Partner bei Clifford Chance in Düsseldorf, bezeichnete das Thema „Transparenz“ als die neue Herausforderung für Unternehmen im Gesundheitsbereich. Strenge gesetzliche Transparenzregelungen gibt es beispielsweise in den USA, Frankreich, Tschechien und der Slowakei. Selbstregulierte Transparenzregelungen gibt es bereits in Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden. Ziel ist es, korruptes Verhalten durch eine erhöhte Transparenz zu vermeiden. Die Mindestanforderung war bislang, dass der Arzt, mit dem das Unternehmen zusammenarbeitet, den Dienstherren informieren und eine Genehmigung einholen muss. Die neuen Transparenzregelungen gehen darüber hinaus, indem sie Vertragsbeziehungen zwischen medizinischen Einrichtungen, Ärzten und Unternehmen der Öffentlichkeit zugänglich machen. Bei der Umsetzung dieser strengen Transparenzregelungen werden Fragen des Kartell- und Wettbewerbs- sowie des Datenschutzrechtes eine große Rolle spielen, so Dr. Dieners.
In den USA tritt 2013 der „Sunshine Act“ in Kraft, der die vollständige Offenlegung von Zahlungen und sonstigen Zuwendungen an Ärzte und Kliniken fordert. Der Schwellenwert liegt bei 10 US Dollar. Die Offenlegung beinhaltet die Namen und die konkreten Beträge. Das Gesetz gilt für Einkaufsorganisationen und Hersteller, die in den USA tätig sind. Auch in Frankreich wird es eine Offenlegungspflicht für Zahlungen und sonstigen Zuwendungen über 60 Euro geben. Die Offenlegung soll halbjährlich auf den Webseiten der Unternehmen erfolgen.
In den Kodizes der Medizinproduktebranche – beispielsweise dem BVMed-Kodex oder dem Eucomed-Verhaltenskodex – ist das Transparenzprinzip bereits enthalten, allerdings nicht so weitreichend wie die gesetzlichen Neuregelungen. Der europäische MedTech-Verband Eucomed arbeitet daher derzeit an einem „White Paper“ zu Transparenzanforderungen. Außerdem verleiht Eucomed ein „Ethical Business Logo“, wenn Unternehmen einen eigenen Verhaltenskodex etab liert haben, einen Ansprechpartner im Unternehmen benennen und ausführliche und regelmäßige Schulungen über den Eucomed Kodex durchführen.
Rechtsanwalt Peter Hartmann ging auf die erneute Verschärfung des Zuwendungsverbotes bei der Verordnung von Hilfsmitteln (§ 128 SGB V) ein. Absatz 1 untersagt die Abgabe von Hilfsmitteln über Depots bei Vertragsärzten. Absatz 2 untersagt unterschiedliche Formen von Zuwendungen. Der Gesetzgeber will Kooperationen ermöglichen, aber finanzielle Verpflichtungen verhindern. Unverständlich sei allerdings, warum dies im SGB V geregelt werde. Seit Anfang 2012 sind Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern als neues Beispiel für „wirtschaftliche Vorteile“ hinzugekommen. Ein Verstoß gegen das Zuwendungsgebot stellt nun zudem einen Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten dar. Damit riskiert der Arzt den Entzug seiner Zulassung. Komplementäre Regelungen finden sich im nordrhein-westfälischen Krankenhausrecht mit dem Verbot von Zuweisungsentgelten auch bei stationärer Behandlung.
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