Um eine Erfindung zu schützen, müssen nationale, europäische oder internationale Regelungen für die Patentanmeldung berücksichtigt werden. Je nachdem, wie man dabei vorgeht, fallen die Kosten früher oder später im Produktlebenszyklus an.
Umfassenden europäischen oder sogar außereuropäischen Schutz für ihre Idee wünschen sich die meisten Anmelder – und kommen schnell dahinter, dass man aus Kostengründen nicht alles haben kann. Wer aber durch Nutzung der Regelungen im internationalen Umfeld die richtige Strategie verfolgt, erreicht eine Menge.
Im Patentrecht existieren übernationale Verträge, die das Bündeln von Anmeldeverfahren ermöglichen. So lassen sich hohe Kosten aus separaten nationalen Anmeldungen vermeiden. Bedeutend für die europäischen Marktteilnehmer sind das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) und der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT). Durch die Reihenfolge, in der man von diesen Regelungen und dem nationalen Patentrecht Gebrauch macht, können die Kosten und deren Fälligkeit kontrolliert werden.
Dabei spielt das Prioritätsrecht, das in den internationalen Regelungen und im nationalen Patentrecht gemäß der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) gilt, eine wichtige Rolle. Darin ist festgelegt, dass die Patentfähigkeit einer Erfindung bei der Nachmeldung am selben Stand der Technik gemessen wird, der für die Erstanmeldung relevant ist. Neuer Stand der Technik, der zwischen den Anmeldetagen der Erst- und Nachanmeldung entsteht, beeinträchtigt die Patentfähigkeit der Nachanmeldung also nicht.
Das Prioritätsrecht kann jeder in Anspruch nehmen, der für seine Erfindung eine nationale – beispielsweise deutsche – Erstanmeldung eingereicht hat und eine Nachanmeldung zum Beispiel gemäß EPÜ oder PCT folgen lässt. Bei beiden Verfahren werden die einzelnen Länder, auf die der Patentschutz ausgeweitet werden soll, erst später im Verfahren gewählt. Dafür bleiben im PCT-Verfahren 30 oder 31 Monate ab dem Tag der Erstanmeldung. Beim EPÜ-Verfahren erfolgt die abschließende Festlegung der Länder erst nach der Erteilung des Patents.
Wer die Möglichkeiten des Prioritätsrechts ausnutzt, kann also seine Entscheidung darüber, in welchen Ländern er die Schutzrechte anmelden will, verzögern. Die Nachanmeldung an sich muss allerdings innerhalb von zwölf Monaten nach dem Anmeldetag der Erstanmeldung eingereicht sein, damit das Prioritätsrecht greift.
Das Hinauszögern des internationalen oder europäischen Patentschutzes ist jedoch nicht immer das oberste Ziel des Anwenders. Wenn Neuentwicklungen noch nicht am Markt platziert sind oder Wettbewerber noch nicht aktiv geworden sind, kann es auch von Vorteil sein, sich so früh wie möglich alle Schutzrechte zu sichern. Falls solcher Zeitdruck nicht besteht, sieht aber eine häufig empfohlene Strategie die beschriebene Erstanmeldung nach deutschem Patentrecht vor, gefolgt von einer PCT-Nachanmeldung innerhalb von zwölf Monaten. Die PCT-Nachmeldung wird dann – bei Bedarf – zum Beispiel in eine europäische (EP) oder US-Patentanmeldung überführt.
Die Anmeldereihenfolge DE-PCT-EP kann die unter Umständen recht hohen Kosten für die EP-Anmeldung und die Investition in die PCT-Anmeldung verzögern. So kann der Anmelder die Amtsgebühren und Anwaltskosten zurückstellen und letztendlich überflüssige Kosten vermeiden. In die Nachanmeldung können auch neue technische Merkmale der Erfindung aufgenommen werden, die sich bei der Weiterentwicklung seit dem Erstanmeldetag ergeben haben. Die zeitliche Verteilung der Kosten wird nachfolgend an einem Beispiel erläutert, das der Strategie DE-PCT-EP folgt, und bei dem sechs europäische Länder benannt werden.
Eine erste Amtsrecherche und eine kurze amtliche Einschätzung der Patentfähigkeit des deutschen Patent- und Markenamtes bekommt man bei dieser Strategie relativ kostengünstig meist bereits innerhalb der ersten neun bis elf Monate, und somit vor Ablauf der Prioritätsfrist von zwölf Monaten. Dies hilft zu entscheiden, ob eine internationale PCT-Anmeldung lohnt.
Das Prüfungsverfahren der DE-Erstanmeldung kann man durch Rücknahme der Anmeldung abbrechen. Das reduziert die Kosten. Eine angemeldete Erfindung wird spätestens 18 Monate nach dem Prio- oder Anmeldetag (der frühere von beiden entscheidet) veröffentlicht, im Beispiel also durch die Veröffentlichung der PCT-Anmeldung.
Die internationale Patentanmeldung (das PCT-Verfahren) ist ein gemeinsames Anmeldeverfahren für ein Bündel von Ländern. Es bietet eine zentrale Recherche und optional eine vorläufige internationale Prüfung der Patentfähigkeit. Die Gebühren für ein solches PCT-Verfahren liegen im Beispiel bei etwa 5000 Euro. Es endet, wenn man sich für das EP-Verfahren entscheidet, spätestens 31 Monate nach dem Prioritätstag. Dann kann die internationale Patentanmeldung auf Wunsch des Anmelders vor den regionalen – im Beispiel dem Europäischen Patentamt – und nationalen Patentämtern in unabhängigen Prüfungsverfahren fortgeführt werden. Die Recherche des deutschen Patent- und Markenamtes sowie auch die vorläufige Prüfung aus dem PCT-Verfahren sind für die nachfolgenden Prüfungsverfahren nicht bindend, bieten dem Anmelder aber eine wichtige Entscheidungshilfe für das weitere Vorgehen. Das im Beispiel gewählte EP-Prüfungsverfahren führt zu einem gemeinsamen EP-Patent, das in allen vom Anmelder benannten Ländern gilt. Es muss allerdings in jedem einzelnen Land validiert werden, was mit unterschiedlichen Gebühren verbunden ist. Im Beispiel würden Kosten von etwa 9000 Euro entstehen. Regional und national fallen zudem Jahresgebühren an, die jährlich gestaffelt ansteigen. Die deutschen Jahresgebühren liegen derzeit bei 70 Euro für das dritte Jahr, 350 Euro für das zehnte und 1940 Euro für das letzte, zwanzigste Jahr der Patentlaufzeit.
Amtliche Prüfbescheide informieren den Anmelder oder seinen Patentanwalt während aller Verfahrensstadien. Während des EP-Prüfungsverfahrens fallen bis zur Erteilung des europäischen Patents fallabhängig zwei bis drei Bescheidserwiderungen mit Anwaltskosten von insgesamt etwa zwei- bis dreitausend Euro an.
Der vollständige Schutz durch das Patent setzt erst mit der Veröffentlichung der Patenterteilung ein. Wer absieht, dass seine Erfindung schon während der Anmeldephase von im Beispiel 46 Monaten von Wettbewerbern unerlaubt benutzt wird, setzt eventuell auf eine Gebrauchsmusterabzweigung aus der laufenden Patentanmeldung. Ein Gebrauchsmuster bietet Schutz ab dem Eintragungstag, ist aber auf zehn Jahre beschränkt. Es kommt nur für den Schutz von Erzeugnissen oder Vorrichtungen in Frage, nicht aber für den Schutz von Verfahren. Im einen wie im anderen Fall ist zu berücksichtigen, dass selbst formale Fehler während der Anmeldung zum Rechtsverlust führen können und ein Schutzrecht im Ernstfall ähnlich wie ein Gesetzestext angewandt wird. Es empfiehlt sich deshalb, die Anmeldung von einem Patentanwalt formulieren und betreuen zu lassen.
Dr. Christian Kirchner Wallinger & Partner, München
Weitere Informationen Über die Kanzlei Wallinger & Partner: www.wallinger.de
Ist Software patentierbar?
Der Patentschutz betrifft technische Erfindungen, was vielerorts zu der Einschätzung führt, dass Software nicht patentierbar sei. Was im Sinne des deutschen Patentrechts als „technisch“ angesehen wird, hat sich aber gewandelt. Die Rechtsprechung im Gebiet der Softwarepatente hat mittlerweile Kriterien erarbeitet, um die Patentierbarkeit zu beurteilen. Patentierbare Erfindungen müssen demnach zwar zunächst immer noch technisch sein. Das trifft aber schon dann zu, wenn man für den Einsatz der Software eine Vorrichtung wie einen PC verwenden muss. Für eine Steuerungs- oder Auswertungssoftware, die zum Beispiel in einem Medizinprodukt Sensorinformationen verarbeitet, dürfte die Frage nach der Technizität also öfter unkritisch sein. Als Hürde bleibt die Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit. Es werden dabei nur die anspruchsgemäßen Merkmale berücksichtigt, die dazu beitragen, eine technische Aufgabe mit technischen Mitteln zu lösen. Geschäftsideen, wissenschaftliche Entdeckungen und Pläne für gedankliche Tätigkeiten sind durch technische Schutzrechte nicht schützbar. Nicht technische Merkmale eines (Software-)Verfahrensanspruchs tragen grundsätzlich nicht zur technischen Lösung bei.
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