In den USA wird diskutiert, ob und wie die Regeln für die Zulassung von Medizinprodukten verändert werden sollen. Das Meinungsspektrum reicht von Korrekturen am 510(k)-Paragraphen bis zur völligen Neuordnung. Zulassungsexperte Dr. Michael Dörffel gibt einen Überblick.
Herr Dr. Dörffel, warum steht der 510(k)-Paragraph derzeit in der Diskussion?
In den vergangenen Jahren hat der US-Kongress moniert, dass auf dem US-amerikanischen Markt Medizinprodukte angeboten würden, deren Gerätesicherheit nicht gegeben sei. Die FDA sollte die Situation verbessern und bekam Mittel zur Verfügung gestellt. Damit konnte zum Beispiel das Personal aufgestockt werden – was die Behörde in die Lage versetzt, im Rahmen der bestehenden Regelungen genauer zu kontrollieren und häufiger Firmeninspektionen durchzuführen. Diese erhöhte Aufmerksamkeit ist bei Produktzulassungen spürbar und zeigt sich in Nachfragen zu Details aus der Dokumentation. Darüber hinaus stehen aber die gesetzlichen Regelungen selbst zur Diskussion, nachdem das Institute of Medicine, das IOM, sogar die 510(k)-Regelung an sich in Frage gestellt und eine komplette Neuordnung der Zulassungsverfahren nahgelegt hat.
Was wird da alles diskutiert?
Das ist wegen der unterschiedlichen Strömungen nicht einfach zu beantworten. Die FDA hat schon im August 2010 einen 25-Punkte-Plan zur Überarbeitung des 510(k) Prozesses – inklusive Zeitplan – veröffentlicht. Bisher hängen die begonnenen Aktivitäten diesem Zeitplan aber hinterher. Die Ratschläge vom IOM sieht die FDA kritisch und zögert, das etablierte Verfahren komplett zu kippen – schließlich gibt es derzeit keine Alternative dazu.
Welche der kleineren Veränderungen sind denn schon in Arbeit?
Es gibt zum Beispiel einen Entwurf zur Dokumentation von Änderungen an bereits zugelassenen Produkten. Der Entwurf geht zum Teil sehr detailliert auf Änderungen und deren Relevanz ein. Das könnte für die Industrie hilfreich sein, um Unsicherheiten zu vermeiden. Ausdrücklich wird aber erwähnt, dass das Dokument nicht alle Fälle abdecken kann. Der detailliertere Leitlinien-Vorschlag kann bis zum 25. Oktober kommentiert werden – und es ist damit zu rechnen, dass zum Beispiel die Vereinigung der amerikanischen Medizinproduktehersteller, Advamed, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird. Auch das Zulassungsverfahren für Produkte, für die es auf dem amerikanischen Markt nichts Vergleichbares gibt – das De-Novo-Verfahren – soll transparenter und schneller werden. Diese Guidance soll Ende September veröffentlicht werden.
Ist aktuell mit Änderungen zu rechnen?
Ich denke, nein. Der Trend zu besonders detaillierten Prüfungen ist in dieser Zeit der Unsicherheit allerdings verständlich.
Wenn es Änderungen gibt: In welche Richtung wird es gehen?
Ich gehe davon aus, dass die Regelungen eher verschärft werden und die Medizinproduktehersteller auf lange Sicht mit mehr Aufwand bei der Zulassung eines Produktes für den amerikanischen Markt rechnen müssen. Noch sind wir aber nicht soweit.
Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de
FDA 510(k)
Um Medizinprodukte der Klasse II auf den US-Markt zu bringen, müssen Dokumente nach Paragraph 510(k) des Federal Food, Drug, and Cosmetic Act eingereicht werden – um eine „FDA-Clearance“ zu bekommen. Die Dokumente sollen zeigen, dass das Medizinprodukt mit einem anderen vergleichbar ist, das bereits in den USA auf den Markt kam. Betrachtet werden unter anderem Technik, Werkstoffe, Spezifikationen sowie der bestimmungsgemäße Gebrauch. Lässt sich kein vergleichbares Produkt finden, steht gegebenenfalls die Anwendung des „De- Novo“-Prozesses an. Der 510(k) Prozess muss auch durchlaufen werden, wenn ein Produkt „maßgeblich“ verändert wird.
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