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Intensivmedizin: Behandlungstipps von der KI

KI in der Intensivmedizin
Drohende Sepsis – Behandlungstipps von der KI

Drohende Sepsis – Behandlungstipps von der KI
Von einer KI generiertes Bild, das wiederum eine KI zeigt, die in der Intensivstation über einen Patienten wacht (Bild: TU Wien)
Eine neu entwickelte künstliche Intelligenz (KI) kann bei Blutvergiftungen passende Behandlungsschritte vorschlagen. Dazu misst sie den zeitlich veränderlichen Zustand von Menschen und berechnet daraus Behandlungsvorschläge. Dabei übertrifft die KI bereits jetzt den Menschen.

Künstliche Intelligenz (KI) ist bereits in der Diagnostik erfolgreich: Der Computer kann zum Beispiel lernen, mit großer Treffsicherheit Bilder danach zu kategorisieren, ob sie krankhafte Veränderungen zeigen oder nicht. Schwieriger ist es allerdings, eine KI darauf zu trainieren, den zeitlich veränderlichen Zustand von Menschen zu untersuchen und Behandlungsvorschläge zu berechnen – genau das gelang nun an der TU Wien in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien.

Warum Ethik früh in die KI-Entwicklung gehört

Mit Hilfe umfangreicher Daten aus Intensivstationen unterschiedlicher Krankenhäuser entwickelten die Forschenden eine künstliche Intelligenz (KI). Diese liefert Vorschläge für die Behandlung von Menschen, die aufgrund einer Sepsis intensivmedizinische Betreuung brauchen.

Sepsis ist eine der häufigsten Todesursachen in der Intensivmedizin und eine enorme Herausforderung für Ärzte und Krankenhäuser: Die frühzeitige Erkennung und Behandlung ist entscheidend für das Überleben der Patienten.

Analysen zeigen, dass die Fähigkeiten der KI hierbei den Menschen bereits übertreffen: „Die Heilungsquote ist mit der Strategie der künstlichen Intelligenz mittlerweile höher als mit rein menschlichen Entscheidungen“, sagt Prof. Clemens Heitzinger vom Institut für Analysis und Scientific Computing der TU Wien. Er ist außerdem Co-Direktor des fakultätsübergreifenden „Center for Artificial Intelligence and Machine Learning“ (CAIML) der TU Wien. Er lobt die Ergebnisse: „In einer unserer Untersuchungen konnte die Heilungsquote in Bezug auf die 90-Tage-Mortalität um rund 3 Prozent auf etwa 88 Prozent gesteigert werden.“

KI für die Medizin berücksichtigt mehr Parameter

Das ärztliche Personal trifft seine Entscheidungen auf Basis gut begründeter Regeln. Meistens weiß es sehr genau, welche Parameter man beachten muss, um die beste Krankenversorgung zu gewährleisten. Der Computer kann aber problemlos auch noch viele andere Parameter berücksichtigen, die ein Mensch vielleicht ignorieren würde – und genau das kann in manchen Fällen zu noch besseren Entscheidungen führen.

Künstliche Intelligenz für die Medizin muss ethisch gut gemacht sein

„Wir setzten in unserem Projekt eine Form von maschinellem Lernen ein, die man als Reinforcement Learning oder bestärkendes Lernen bezeichnet“, sagt Clemens Heitzinger. „Dabei geht es nicht nur um einfache Kategorisierung – etwa die Einteilung von Bildern in solche, die einen Tumor zeigen und solche, die keinen Tumor zeigen –, sondern um einen zeitlich variablen Verlauf. Es geht um die Entwicklung, die eine ganz bestimmte Person im Krankenbett voraussichtlich durchmachen wird.“

Geht es dem Patienten gut, wird der Computer belohnt. Verschlechtert sich der Zustand oder kommt es zum Tod, wird der Computer bestraft. Das Computerprogramm maximiert seine virtuelle „Belohnung“ mit allen Mitteln und entwickelt so aus umfangreichen Krankenhausdaten eine Strategie, mit der man eine besonders hohe Erfolgswahrscheinlichkeit erzielt.

Haftungsfragen bei medizinischen Entscheidungen der KI

Die KI könnte als Zusatzgerät am Krankenbett mitlaufen – und das medizinische Personal sich von ihr beraten lassen oder die eigene Einschätzung mit den Vorschlägen der KI vergleichen. Auch in der Ausbildung kann eine solche KI höchst nützlich sein.

KI in der Medizin: Was Medical Device Regulation und der Artificial Intelligence Act fordern

„Das wirft allerdings wichtige Fragen auf, besonders juristische“, sagt Clemens Heitzinger. „Man denkt da zuallererst wohl an die Diskussion, wer für eventuelle Fehler der KI haftbar gemacht wird.“ Aber das Problem stelle sich auch umgekehrt: „Was ist, wenn die künstliche Intelligenz die richtige Entscheidung getroffen hätte, der Mensch sich aber für eine andere Option entschieden hat, und der Patient deshalb Schaden erleidet?“ Setzt sich der Arzt dann dem Vorwurf aus, man hätte doch der KI besser vertrauen sollen, weil sie einen riesigen Erfahrungsschatz mitbringt? Oder muss es zu jedem Zeitpunkt das Recht des Menschen sein, die Ratschläge des Computers zu ignorieren?

„Das Forschungsprojekt zeigt: Bereits mit heutigem Stand der Technik lässt sich künstliche Intelligenz mit Erfolg in der klinischen Praxis einsetzen – doch eine gesellschaftliche Diskussion über die Rahmenbedingungen dafür und klare juristische Regeln sind noch dringend nötig“, ist Clemens Heitzinger überzeugt.

Kontakt:
Technische Universität Wien
Prof. Clemens Heitzinger
Institut für Analysis und Scientific Computing
Center for Artificial Intelligence and Machine Learning (CAIML)
Telefon: +43 (0)1 58801 10167
E-Mail: clemens.heitzinger@tuwien.ac.at
http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0275358
http://dx.doi.org/10.3390/jcm12041513

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