Im Alter baut sich die Knochensubstanz vieler Menschen ab. Dieser als Osteoporose bezeichnete Prozess bleibt oft unbemerkt, selbst wenn es zu Brüchen an den Wirbelkörpern kommt. Mittels Röntgenuntersuchung oder Computertomographie (CT) könnte die Wirbelfraktur zwar nachgewiesen werden, aber dazu kommt es nicht immer. Zum Beispiel weil das CT aus anderen Gründen gemacht und ein Wirbelbruch im Alltagsstress in der Klinik übersehen wird.
Um die Osteoporose-Diagnostik zu veressern, haben Forschende um Prof. Claus-Christian Glüer, Klinik für Radiologie und Neuroradiologie in Kiel am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), nun eine Software entwickelt. Das Programm verwendet Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) und kann damit automatisch auf Computertomographien, die aus den verschiedensten Gründen aufgenommen werden, Hinweise auf Osteoporose und prognostisch ungünstige Wirbelbrüche erkennen.
KI erkennt zuverlässig Osteoporose in CT-Bildern
Oft werden CT-Bilder vom Brustkorb aufgenommen, um zum Beispiel die Lunge anzuschauen. Die Wirbelsäule ist zwar auf dem Bild zu sehen, wird aber nicht geprüft, weil vielleicht ein anderes Problem im Vordergrund steht. „Unser Programm kann bei solchen Untersuchungen im Hintergrund laufen. Es schaut sich automatisch die Wirbelsäule an und gibt einen Hinweis auf Frakturen der Wirbelkörper, die ansonsten vielleicht nicht entdeckt worden wären“, erklärt Eren Yilmaz, Informatiker und Erstautor der Studie. Das ist wichtig, denn das Vorhandensein von Wirbelfrakturen erhöht das Risiko weiterer Brüche erheblich.
Die Software arbeitet mit so genannten neuronalen Netzen. Das sind Algorithmen, die der Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachempfunden sind, und häufig eingesetzt werden, um Muster zu erkennen.
An 159 CT-Bildern der Wirbelsäule, die aus sieben Krankenhäusern Deutschlands stammten, haben die Forscher die KI getestet. Erfahrene Radiologen begutachteten zuvor die Bilder und entdeckten 170 Frakturen. „90 Prozent der Fälle mit Frakturen klassifizierte das neuronale Netz korrekt sowie 87 Prozent der Wirbel ohne Frakturen“, berichtet Yilmaz.
KI erkennt milden und schweren Grad
Darüber hinaus kann das Programm aber nicht nur Brüche erkennen, sondern auch zwischen milden Frakturen (Grad 1) und schwereren (Grad 2 oder höher) unterscheiden. „Diese Diagnostik ist für Abschätzung des zukünftigen Frakturrisikos entscheidend“, so Yilmaz. Dies gelte insbesondere auch für Hüftfrakturen, die gerade im Alter mit hoher Einschränkung von Lebensqualität und erhöhter Sterblichkeit einhergehen.
„Wir entwickeln somit ein Frühwarnsystem zur Prävention schwerwiegender Konsequenzen von Osteoporose“, sagt der Informatiker. Für den generellen Einsatz in der Klinik ist die Technik noch nicht verfügbar. Sie soll aber in absehbarer Zeit zumindest für Forschungszwecke eingesetzt werden können.
Kontakt:
UKSH, Campus Kiel
Eren Yilmaz
Sektion Biomedizinische Bildgebung
Telefon: +49 (0)431 500 15123
E-Mail: eren.yilmaz@rad.uni-kiel.de
https://doi.org/10.1117/12.2653526
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