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Training für den Knorpel

Testgeräte: Wachsende Zellen für das Tissue Engineering werden geprüft und stimuliert
Training für den Knorpel

Training für den Knorpel
Kommerziell verfügbare Geräte vereinen Stimulation und Test des Gewebes Bild: Bose
Um Produkte des Tissue Engineering zu testen, sind spezielle Prüfmaschinen erforderlich. Diese können aber auch dazu genutzt werden, das Zellmaterial in die gewünschte Verfassung zu bringen.

Von Tissue Engineering ist die Rede, wenn es darum geht, geschädigte oder erkrankte Organe aus lebenden Zellen zu rekonstruieren oder zu verbessern. Dazu verwenden die Forscher zum Beispiel Gewebeproben eines Patienten, lassen dessen Zellen auf einer Trägermatrix wachsen oder bieten spezielle Materialien an, die von den Zellen besiedelt werden können.

Statistiken der World Health Organization aus dem Jahr 2004 belegen beispielsweise, dass jeder Vierte in Deutschland an einer Venenerkrankung leidet und Herzerkrankungen als häufigste Todesursache in Deutschland gelten. Das Tissue Engineering hat das Potenzial, diesen Menschen durch die Entwicklung und Herstellung künstlicher Venen oder Knorpel zu helfen. Bereits jetzt sind im Labor herangezogene Produkte, wie zum Beispiel Haut, erhältlich, und es gibt viele Möglichkeiten, beim Entwickeln solcher Produkte Fortschritte zu machen.
Bis sich dieser Zweig der Biomedizintechnik etablieren kann, sind allerdings noch viele Untersuchungen im Labor erforderlich. Um die neuen Materialien zu untersuchen oder auch die Zellen so zu beeinflussen, dass sie bestimmte Eigenschaften entwickeln, werden technische Hilfsmittel genutzt. Diese entwickelten die Forscher in der Vergangenheit in der Regel selbst. Diese Mühe lohnte sich, da das im Labor kultivierte Gewebe schneller wächst, sobald es belastet– also mechanisch stimuliert – wird. Das unter stimulierenden Bedingungen entstehende Gewebe wird auch fester.
Den bislang üblichen zweistufigen Prozess, die Zellkonstrukte erstens herzustellen und zweitens zu prüfen, soll nun ein Testinstrument vereinfachen, das die US-amerikanische Electroforce Systems Group der Bose Corporation mit Sitz in Eden Prairie entwickelt hat. Das Gerät BioDynamic vereint beide Schritte und ist als kommerzielle Lösung verfügbar. Die Forscher können damit vorprogrammieren, welche mechanischen Reize sie der Zellkultur bieten wollen. Diese sollen den physiologischen Konditionen des menschlichen Körpers ähneln. Welche Faktoren bei der Herstellung der im Labor gezüchteten Gewebe eine Rolle spielen, lässt sich so schneller feststellen.
Das Entwicklungsteam der Bose ElectroForce Systems Group stellte sich bei diesem Projekt mehreren Herausforderungen. Das neue Instrument sollte für den Anwender einfach zu bedienen sein und eine genaue Charakterisierung von biologischen Proben in einer sterilen Umgebung ermöglichen. Darüber hinaus muss es dazu beitragen, dass die lebenden Zellen ihre Funktionen auch außerhalb des Körpers aufrechterhalten können.
Da lebende Zellen und technische Lösungen üblicherweise nicht unter den gleichen Bedingungen gut funktionieren, entwickelte das Team auch einen neuen Linearmotor für das Gerät, der problemlos im Brutschrank arbeiten kann. Die Kammer, in der die Zellen wachsen, lässt sich ausbauen. So können die Proben unter sterilen Bedingungen in die Kammer gebracht werden, was eine bakterielle Verseuchung vermeidet. Diese Kammer ist so konstruiert, dass sie den im Labor üblichen Sterilisationsprozess im Autoklaven übersteht.
Forscher konzentrieren sich im Bereich Tissue Engineering derzeit hauptsächlich auf die Entwicklung von Knochengewebe, Knorpel und Sehnen, Leber- und Bauchspeichelgewebe, Blutgefäßen sowie Herzklappenersatz. Mit Tissue-Engineering-Fachleuten, die sich mit den jeweiligen Zelltypen befassen, arbeiteten die Ingenieure beim Entwickeln des BioDynamic-Testinstrumentes zusammen. Die eigenen Erkenntnisse aus der Praxis sowie ein Verständnis für die Wünsche und Notwendigkeiten der Biologen und Biomediziner bestimmten jede Entwicklungsstufe.
Der Bericht der Europäischen Kommission über Tissue Engineering aus dem Jahr 2004 belegt, dass der Markt für dieses spezielle Feld sowohl im Hinblick auf seinen Umfang als auch auf seine Entwicklung großes Potenzial aufweist. Das BioDynamic-Testinstrument soll die Forscher unterstützen – beim Verbessern ihrer Ansätze und beim Verkürzen der Entwicklungszeit in der Gewebeherstellung und -prüfung. op

Technik in der Prüfmaschine
Mit dem neuen Linearmotor ElectroForce, der in Prüfmaschinen eingesetzt wird, sollen sich zum Beispiel viskoelastische Eigenschaften von Materialien besser auswerten, Gewebe mechanisch prüfen oder Ermüdungstests mit hohen Frequenzen durchführen lassen. Der Antrieb ist als Alternative zu servohydraulischen und elektromechanischen Technologien konzipiert. Das Design des Motors soll hohe Präzision ermöglichen. Es werden weder Luft- oder Öldruck benötigt, noch geht Energie durch Reibung verloren.

Tissue Engineering

Welche Unternehmen und Institute im Tissue Engineering aktiv sind, ist in englischer Sprache unter www.tissue-engineering.net zusammengefasst. Dieses von der Berliner Charité gegründete Internetangebot bietet auch für Einsteiger eine Definition davon, was Forscher unter diesem Fachgebiet verstehen.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in der Schweiz bietet in deutscher Sprache einen Überblick über die Techniken und Herausforderungen des Tissue Engineering. www.bag.admin.ch/transplantation (Stichwort Forschung)
Zellsysteme und Tissue Engineering gehören auch zu den Arbeitsgebieten des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart. www.igb.fraunhofer.de

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