Verkauft ein Unternehmen einen Geschäftsbereich, behält Teile davon jedoch im Unternehmen, kommen auf die IT-Abteilung neue Aufgaben zu. Hersteller von Medizinprodukten benötigen dafür funktionale Strategien an der kritischen Schnittstelle zwischen Organisation, Prozessen und IT-Systemen.
Die IT ist für den reibungslosen Ablauf von Prozessen unerlässlich, ebenso wie für deren zuverlässige Dokumentation. Bei Herstellern spezieller Produkte unterliegen die Daten den gesetzlichen Anforderungen für Medizinprodukte; dies bedeutet, dass alle Computer-Systeme, in denen solche Informationen bearbeitet werden, als Teil der Geschäftsdokumentation durchgehend vorgehalten werden müssen. Zudem muss das zentrale SAP-System einer Validierung unterzogen werden, die es, einmal erlangt, aufrechtzuerhalten gilt. Dies bedeutet im alltäglichen Betrieb bereits besondere Aufmerksamkeit; kündigen sich jedoch strukturelle Veränderungen im Unternehmen an, können diese Regulierungen zur Zerreißprobe für die IT werden.
Ein Beispiel hierfür ist ein Carve-Out-Projekt. Nicht zuletzt für die IT bedeutet das Aufgaben, die für sie nicht alltäglich sind, etwa den Umbau bestehender IT-Infrastrukturen und Datenmigrationen unter Zeitdruck. Verkauft ein Technologiekonzern einen pharmazeutischen Geschäftsbereich, behält Teile davon jedoch im Unternehmen, wirft das arzneimittelrechtliche Fragen auf, die von Experten auf diesem Gebiet beantwortet werden sollten. So geschehen beim Technologiekonzern Heraeus in Hanau. Das Unternehmen plante, einen Geschäftsbereich zu veräußern; ein Teil des Bereichs, die Heraeus Medical, sollte jedoch im Konzern verbleiben. Diese Einheit stellt Knochenzement her, der für Gelenkprothesen wie künstliche Hüftgelenke benötigt wird – der Unternehmensbereich unterliegt daher den gesetzlichen Anforderungen für Medizinprodukte. Alle logistischen Daten der zu veräußernden Geschäftseinheit wurden von einem SAP-System gesteuert. Die Daten gemäß den gesetzlichen Regelungen für Medizinprodukte einwandfrei dem neuen Besitzer zur Verfügung zu stellen und die Daten der Heraeus Medical mit Hilfe eines Migrationsprojekts im eigenen Konzern zu halten, war eine Herausforderung für das IT-Team.
Für die Erhaltung der Daten und der damit verbundenen Unternehmenssteuerung und Datenhistorie, benötigte Heraeus jedoch Unterstützung aufgrund der geltenden behördlichen Anforderungen. Die bereits erwähnte, bedeutende Validierung des zentralen SAP-Systems musste auch bei einer Migration aufrechterhalten bleiben. Anderenfalls hätte Heraeus Medical seine eigenen historischen und aktuellen Daten nach der Migration aus dem SAP-System nicht nutzen dürfen.
Heraeus musste zudem seine Spezifikationen zuerst verifizieren, bevor sie migriert werden konnten. Diese Migrationsqualifizierung stellt für viele Unternehmen eine Herausforderung dar – zumal in diesem Fall das Zeitfenster nur wenige Tage betrug. Auf Geschäftsführungsebene wurde die Entscheidung getroffen, einen strategischen Projektpartner an Bord zu holen, der über die Methodik verfügt, diese Validierung und das Projektmanagement sehr schnell umzusetzen. Heraeus entschied sich für die MSG Industry Advisors, Ismaning, da dieses Beratungsunternehmen über Life Science & Healthcare-Expertise verfügt. Der Verkaufsvertrag war bereits unterzeichnet worden, als die Ismaninger zum Projekt stießen.
Zunächst musste ein behördenkonformer Validierungsplan erstellt werden, in dem alle geplanten Maßnahmen des Carve-Out-Projekts erfasst sind. In diesem Rahmen sollte auch die bestehende Validierungsdokumentation gesichtet und in einem Erfahrungsbericht zusammengefasst werden, um den Lebenszyklus des Bestandssystems zu dokumentieren. Projektleiter Manfred Hörter, Principal Business Consultant Life Science & Healthcare bei MSG: „Unsere primäre Aufgabe in solchen Projekten ist das Erfüllen der Compliance-Anforderungen unter Berücksichtigung der strategischen Leitplanken des Unternehmens. Wir sind Ansprechpartner von der Geschäftsführung bis zur IT und setzen den gemeinsamen Plan mit dem interdisziplinären Team um.“
Die zehn Tage zwischen Projektbeginn bis zur Systemfreigabe ließen nur sehr wenig Zeit. Auf die Erstellung des Migrationsplans folgte ein System-Erfahrungsbericht zur Dokumentation des validierten Zustandes. Die Installations-Qualifizierung galt es danach zu validieren und einem Review zu unterziehen, gefolgt von der Verifikation kritischer Prozesse in SAP. Zuletzt erstellte das Team einen Systemfreigabebericht sowie den Migrationsbericht. Mit einer vierwöchigen Überwachungsphase im laufenden Betrieb konnte MSG das Projekt erfolgreich abschließen. „IT in der Medizintechnik ist aufgrund der speziellen gesetzlichen Anforderungen per se eine Herausforderung“, kommentiert MSG-CEO Thomas Praska. „Doch einmal integrierte IT-Systeme wieder zu trennen, hebt nochmals die Ansprüche.“
Christoph Piller MSG Industry Advisors, Ismaning
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