Statt Blut abzunehmen und zu untersuchen, können Ärzte zukünftig Veränderungen auch durch die Haut hindurch beobachten. Das verspricht ein neues Messverfahren, das fluoreszierende Farbstoffe an markierten Molekülen erfasst und als Plattformtechnologie zu bezeichnen ist.
Wenn heutzutage die Funktion eines ausscheidenden Organs wie der Niere überprüft werden soll, gilt stark vereinfacht folgendes Prinzip: Eine Substanz wird in den Blutkreislauf injiziert. Anschließend wird mehrfach Blut entnommen, um zu untersuchen, wie viel dieser Substanz ausgeschieden oder in andere Substanzen umgewandelt wurde. Wenn dies in einem erwarteten Zeitraum gelingt, so spricht es für ein voll funktionsfähiges Organ. Aussagekräftige Ergebnisse bekommt man aber nur aus dicht aufeinander folgenden Messungen, was Patient und Personal belastet.
Hier setzt die neu entwickelte Messmethode an, die im Rahmen des EU-geförderten Projekts Place-it unter Federführung der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) entstand. Auch das neue Verfahren basiert darauf, dass das Organ – im Projekt zunächst die Niere – eine Substanz aus dem Körper eliminieren soll. Beobachtet wird dies anhand eines gesundheitlich unbedenklichen Markers, der einmalig injiziert wird: Fruchtzuckerketten, die mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert sind und die sich im ganzen Körper verteilen.
Was aus ihnen wird, zeigt ein auf die Haut aufgebrachtes „intelligentes“ Pflaster. Es sendet über eine Leuchtdiode in regelmäßigen, kurzen Abständen ein blaues Lichtsignal. Wo die markierten Fruchtzuckerketten von diesem Licht getroffen werden, kommt aus dem Körpergewebe als Rückmeldung grünes Licht mit einer höheren Wellenlänge. Dieses wird von einer Photodiode im Pflaster empfangen und mit einem in die Elektronik des Pflasters eingebauten Sender an einen PC übertragen. Je stärker die Rückmeldung, desto mehr Kontrollsubstanz ist noch vorhanden – oder anders herum: desto weniger konnte das Organ bis zum Messzeitpunkt eliminieren.
Das Verfahren hat sich in ersten Untersuchungen bei gesunden Organen wie auch bei eingeschränkter Organfunktion als valide erwiesen, liefert also zutreffende Ergebnisse. Auch kurzzeitige Änderungen, etwa ein rasches Anfluten der Kontrollsubstanz, zeichnet es zuverlässig auf.
Im Rahmen des EU-geförderten Projekts wurde als erstes Beispiel das Beobachten der Nierenfunktion ausgewählt – ein Thema von großer Bedeutung, da es in den westlichen Industrieländern immer mehr Diabetiker gibt. Deren häufig in Mitleidenschaft gezogene Nieren brauchen eine regelmäßige Überprüfung ihrer Funktion.
Die besondere Bedeutung des „schlauen Pflasters“ liegt aber in den Perspektiven, die es der Medizin und der Wissenschaft eröffnet: Als Plattformtechnologie lässt sich das Verfahren unkompliziert auf andere Anwendungsbereiche übertragen und sollte ähnlich auch für andere Organe funktionieren. Die Messmethode als solche bleibt bestehen, Veränderungen betreffen lediglich die organspezifische Testsubstanz – und eine solche ist meist ohnehin bekannt oder lässt sich leicht ermitteln.
Weitere Informationen Zum Teilprojekt: www.ma.uni-heidelberg.de/inst/zmf Zum Großprojekt Place-it: www.place-it-project.eu
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