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Mit Ultraschall auf den Zahn gefühlt

Zahntechnik: Effiziente Alternative zu Abformmasse und Gipsmodell
Mit Ultraschall auf den Zahn gefühlt

Für die Geometrievermessung von präparierten Zähnen als Basis zur computergestützten Herstellung von Kronen und Brücken entwickeln Medizintechniker und Zahnmediziner an der RWTH Aachen einen intraoralen Ultraschallmikroscanner.

Intraorale lichtoptische Systeme zur digitalen Datenerfassung gibt es schon länger, doch haben sie sich laut Stefan Heger, Projektleiter am Lehrstuhl für Medizintechnik der RWTH Aachen, auf dem Markt nicht durchgesetzt: „Ein Nachteil dieser Systeme ist ihre Beschränkung auf Licht. Dadurch können unterhalb des Zahnfleischs liegende Präparationsgrenzen nicht erfasst werden.“ Außerdem stören Blut und Speichelfluss die Abformung, so dass der Mund des Patienten stets trocken gehalten werden muss. Auch müsse meist ein spezielles Puder auf den Zahn aufgetragen werden, um die Reflexionseigenschaften der Zahnoberfläche für die lichtoptische Abtastung zu optimieren.

Somit erweist sich das Verfahren als relativ aufwendig – wenn auch weniger als die traditionelle Methode, die Abformung der Zähne mittels einer elastischen Masse im Mund des Patienten, welche dieser oft als unangenehm empfindet. Danach muss zunächst im Zahntechniklabor ein Gipsmodell hergestellt werden, an Hand dessen die Modellierung des Zahnersatzes manuell erfolgt. Will der Zahntechniker eine computer-basierte Modellierung und CAD/CAM-gestützte Herstellung, kann er das Gipsmodell mit einem extraoralen Lasersystem abtasten lassen. „Fehler, die bereits während der Abformung im Mund entstanden sind, werden damit aber ebenfalls erfasst“, argumentiert der am Projekt beteiligte Zahnmediziner Professor Joachim Tinschert. Die Folge: Der Zahnersatz passt nicht richtig und muss daher vom Arzt nachbearbeitet werden. Tinschert: „Extraorale Systeme stellen somit nur eine teilweise Verbesserung dar. Die Fertigungskette bleibt komplex, fehleranfällig und umständlich.“
Ohne diese Nachteile kommt hingegen das an der RWTH Aachen entwickelte Verfahren zur intraoralen Datenabnahme per Ultraschallscanner, kurz IDA, aus. Die Idee, statt Lichtscannern ein Ultraschallgerät zu verwenden, leuchtet ein: Denn Ultraschall kann Blut, Speichel und Weichgewebe wie Zahnfleisch relativ problemlos durchdringen. So können unterhalb des Zahnfleischs liegende Präparationsgrenzen viel besser erfasst werden als mit Licht. Ultraschall gilt im Diagnosebereich als unschädlich und wird etwa bei Schwangeren seit langem eingesetzt.
Die mechanische Fixierung der Scan-Einheit erfolgt dabei über eine Bissschiene, die für eine ausreichende Stabilität während des Scan-Vorgangs sorgt sowie Bewegungsartefakte ausschließt. Eine detailgetreue Digitalisierung der Zahngeometrie wird durch zusätzliche Scanebenen in einem Winkel zur Kaufläche erreicht.
Das Verfahren birgt laut Heger Vorteile für Patienten und Zahnarzt, aber auch für Labore: „Das Einbinden ultraschallbasierter Scandaten in CAD/CAM-Fertigungstechniken führt zu einer rationelleren Herstellung von fest sitzendem Zahnersatz.“ Um den Scanner als OEM-Produkt anbieten zu können, wird IDA eine offene Schnittstelle zu CAD/CAM-Systemen erhalten. Bis das Verfahren marktreif ist, dauert es allerdings noch eine Weile: Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte und in Kooperation mit Industrie und Zahnmedizinern durchgeführte Projekt startete im Sommer 2009 und läuft noch bis Mitte 2012. In Vorstudien wurde allerdings bereits die Machbarkeit mit sehr hoher Genauigkeit in axialer Abtastrichtung erfolgreich demonstriert.
Sabine Koll Fachjournalistin in Böblingen

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