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Menschen gezielt einsetzen

Laborautomatisierung: Millionen von Analysen – Ergebnis in 45 Minuten
Menschen gezielt einsetzen

Das Universitätsklinikum Würzburg hat seine Laborprozesse in weiten Teilen automatisiert und liefert trotz großer Probenzahlen in kurzer Zeit die Resultate für die Patienten. Gute Vorbereitung und Schulungen waren die Voraussetzung dafür.

Organisation ist alles – auch in klinischen Labors, die unter Zeitdruck mit hoher analytischer Qualität arbeiten müssen. Kostendruck in Krankenhaus- und Laborbetrieben sowie wachsende Anforderungen an hochwertige und effiziente Probenbearbeitung sind Beweggründe, wesentliche Abläufe im Labor zu automatisieren.

Nur ist so ein Schritt keine Kleinigkeit. Für das Universitätsklinikum Würzburg bot sich aber mit dem Umzug des Zentrallabors in das im Jahr 2009 neu errichtete Zentrum für Innere Medizin (ZIM) die Möglichkeit, die laborinternen Abläufe neu zu strukturieren und in wesentlichen Teilen zu automatisieren. Zwei zentrale Ziele wurden definiert: Routine- und Notfalldiagnostik sollten auf einer gemeinsamen analytischen Plattform zusammengeführt werden, und die analytische und zeitliche Qualität der Probenbearbeitung sollten so gestaltet sein, dass das Labor gemäß DIN EN ISO 15189 akkreditiert werden kann.
Angesichts der Größe der Einrichtung und der Vielzahl von Proben, die es im Universitätsklinikum Würzburg zu bearbeiten gilt, war das eine Herausforderung. Das Klinikum ist ein Krankenhaus der Maximalversorgung und deckt mit 1433 Planbetten die Regionen Nordbayern, Südhessen, Südthüringen sowie das nördliche Baden-Württemberg ab. Im Jahr 2010 wurden rund 52 000 stationäre und 200 000 ambulante Patienten behandelt. Das Zentrallabor ist als interdisziplinäre und damit übergeordnete Serviceeinrichtung in den Diagnose- und Therapieprozess eingebunden. Es bietet Routine- und Notfalldiagnostik mit etwa 700 Einzelparametern rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche an. Im Jahr 2010 wurden etwa 330 000 Laboraufträge mit insgesamt rund 4,1 Millionen Einzelanalysen bearbeitet.
Wie aktuelle Analysen zeigen, wurden die festgelegten Ziele mit Einführung der Automatisierung erreicht. Die Turnaround-Zeit (TAT) für Notfall und Routineaufträge hat sich verbessert: Notfallaufträge bewegen sich weiterhin konstant unter 45 min. Die Bearbeitungszeit von Routineaufträgen ist von 110 min auf 93 min deutlich gesunken.
Automatisierung ist also ein hilfreicher Ansatz, die Leistung eines Labors bezüglich Durchsatz und Qualität zu steigern. Ein Vorteil automatisierter Systeme ist außerdem die standardisierte Abarbeitung von Routineprozessen. Menschliche Fehler, wie sie bei sich wiederholenden Tätigkeiten auftreten können, bleiben auf diese Weise vermeidbar – wobei eine Automatisierung bei unveränderter Personalstruktur möglich ist.
Obwohl die Laborautomatisierung in der Praxis also viele Chancen bietet, birgt sie auch Herausforderungen. Zwar wird der ‚Faktor Mensch‘ in der Laboranalytik weitgehend elminiert. Ganz ohne menschliches Zutun läuft das System jedoch nicht, und es ist zugleich so komplex, dass Schulungen unverzichtbar sind. Um ein automatisiertes System erfolgreich zu implementieren, ist es daher wichtig, betroffene Mitarbeiter frühzeitig einzubinden und zu motivieren. Entscheidend ist, die Chancen für Automatisierung in Abwägung möglicher Herausforderungen frühzeitig zu erkennen.
Michael Neumann Universitätsklinikum Würzburg

Ihr Stichwort
  • Laborautomatisierung
  • Standardisierung von Abläufen
  • Eingangskontrolle
  • Bewertung von Befüllung und Probenqualität
  • Schulung der Mitarbeiter

  • Automatisierte Probenbearbeitung
    Die Automatisierung erlaubt dem Zentrallabor am Uniklinikum Würzburg erstmalig, Abläufe zu parallelisieren. Das entzerrt den Probenstrom, und die Proben werden den Analysesystemen gleichmäßiger zugeführt.
    Das Prä- und Postanalytikmodul Cobas P 612 von der Roche PVT GmbH, Waiblingen, übernimmt rund um die Uhr Aufgaben, die bisher manuell durchgeführt wurden. Schon bei der Eingangskontrolle wird mit Hilfe eines Barcode-Scanners geprüft, ob das Etikett auf dem Röhrchen lesbar ist. Eine Infrarotkamera stellt fest, ob es korrekt befüllt ist, und eine optische Kamera erkennt, ob für das jeweilige Probenmaterial wie Blut oder Urin das korrekte Probenetikett verwendet wurde. Mit Unterstützung der optischen Kamera ist es auch erstmals möglich, die Qualität des Probenmaterials – und damit den Einfluss auf die Analysenparameter – schon im Vorfeld des Analyseprozesses zu bestimmen. Die Bewertung der Probenqualität konnte in der Präanalytik bisher nur durch eine visuelle Einschätzung des Laboranten vorgenommen werden.
    Die so vorbereiteten Proben werden anschließend automatisch zentrifugiert, geöffnet, aliquotiert und auf Systemracks für die Analysensysteme verteilt. Da in der Analytik selbst die meisten Prozesse auch vor dem Umzug des Labors schon automatisiert waren, gab es hier nur wenige Veränderungen. Für die klinisch-chemische und immunologische Analytik werden jetzt jedoch auch die abgestimmten Probenmaterialmengen automatisiert vorpipettiert. Zwei Postanalytikmodule archivieren schließlich die Laborproben – wiederum automatisiert.
    Das gesamte System wird durch das Laborinformationssystem (LIS) der Berliner Swisslab GmbH, einer Roche-Tochter, gesteuert. Es war schon vor dem Umzug im Einsatz und unterstützt auch weiterhin die Beurteilung und Validierung der Ergebnisse, die Befunderstellung und die automatische Befundverteilung. Das LIS dokumentiert auch die Archivposition im Rack, so dass die Probe im Bedarfsfall schnell und zuverlässig per Hand zugänglich ist – bei bis zu 16 500 Proben, die im Mittel etwa 9 Tage aufbewahrt werden, sorgt das für den nötigen Überblick.
    Als Ausfallkonzept und für Situationen geringeren Probeaufkommens wurde in Zusammenarbeit mit Swisslab zusätzlich das innovative Konzept des „virtuellen Probenverteilers“ entwickelt und umgesetzt. Der „virtuelle Probenverteiler“ bildet die Funktionalität des realen Prä- und Postanalytikmoduls auf einem manuellen Arbeitsplatz ab. Er wird dem LIS als vollwertiges zweites Modul gemeldet und schafft damit eine weitere Möglichkeit für die Probenregistrierung.
    Mitarbeiter können damit flexibel agieren und das für die jeweilige Situation angemessene System verwenden – und die Probenregistrierung und -verteilung bei geringem Probenaufkommen auch manuell durchführen.
    Zur Entlastung in Spitzenzeiten und als Backupkonzept wiederum steht eine weitere Prä- und Postanalytikstraße vom Typ Modular Pre-Analytics von der Roche Diagnostics GmbH zur Verfügung.
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