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Hoffnung am Kap

Südafrika: Zuverlässige Absatzchancen für Medizintechnik
Hoffnung am Kap

Wenn im Sommer vier Wochen lang der Ball rollt, richten sich die Augen der Welt auf Südafrika. Das Land am Kap hofft, dass die Fußball-WM auch wirtschaftliche Impulse gibt – unter anderem im Gesundheitssektor.

Deutschlands Botschafter tragen schwarze Hosen und weiße Hemden: Mit dem Anstoß ihres ersten Gruppenspiels bei der diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft wird die Nationalmannschaft dafür sorgen, dass sich Millionen Menschen für ein Land interessieren, dessen Zukunft besser aussehen soll als seine wechsel- und leidvolle Geschichte: Südafrika.

Als „das schönste Ende der Welt“ bezeichnete einst der britische Seefahrer Francis Drake das Land am Kap der Guten Hoffnung. Doch gerade einmal 16 Jahre ist es her, als am südlichen Zipfel Afrikas die ersten demokratischen Wahlen stattfanden. Wahlen, die das Ende der Apartheid besiegelten – was beispielsweise dem Gesundheitssektor rund 30 Millionen potenzielle neue Kunden zuführte.
Mittlerweile ist Südafrika der stärkste Wirtschaftsmotor auf dem schwarzen Kontinent. Das Land gehört zu den größten Rohstoffexporteuren der Welt. „Dennoch besteht ein erheblicher Investitionsbedarf, vor allem beim Ausbau der Infrastruktur“, sagt Martin Kalhöfer, Leiter Afrika/Nahost bei Germany Trade and Invest (gtai). Zuverlässige Absatzchancen räumt die Außenwirtschafts-Gesellschaft dem Markt für Pharmaka und Medizintechnik ein.
Besonders aufgrund des Wachstums im privaten Gesundheitssektor verzeichnete der Absatz von Medizintechnik in den vergangenen Jahren Steigerungsraten von 7 bis 9 %. Allein 2009 hat Südafrika nach Angaben der gtai Medizintechnik im Wert von rund 2,1 Mrd. Rand (225 Mio. Euro) importiert. Mit einem Anteil von 35 % stehen die USA auf Rang eins der Lieferländer, deutsche Produkte machen etwa 15 % aus.
In den kommenden Jahren plant die Regierung auch umfangreiche Modernisierungen der staatlichen Krankenhäuser, wobei gebrauchte Medizintechnik laut gtai so gut wie gar nicht nachgefragt wird. Neben den Kosten spielen vor allem Qualität und Service eine Rolle.
Diese Aussichten wecken natürlich auch das Interesse deutscher Unternehmer. „Wir sehen ein großes Potenzial im südafrikanischen Markt“, sagt beispielsweise Hendrik Heitland. Um sich persönlich ein Bild von den Bedingungen zu machen , hatte der Exportmanager der Meyra-Ortopedia KG im Oktober 2009 an der von der Lotse GmbH aus Steinfurt organisierten Unternehmerreise MedFoodTech teilgenommen.
Der Hersteller von Rollstühlen und Rehamitteln unterhält bereits Beziehungen zu einem kleinen Händler in Südafrika. Nach dem persönlichen Eindruck vor Ort sollen diese nun auf ein breiteres Fundament gestellt werden. Dabei strebt das Unternehmen an, mit seinen Produkten im gehobenen Mittelpreissegment zu agieren. „Den südafrikanischen Gesundheitssektor dominieren vor allem sehr billige und extrem hochwertige Produkte“, hat Heitland beobachtet. „Dazwischen klafft eine große Lücke.“
Diesen Eindruck bestätigt Sandra Bense von der Lotse GmbH: „Der südafrikanische Medizinmarkt ist fragmentiert und komplex.“ Privatkliniken mit westlichen Standards auf der einen und Dritte-Welt-Bedingungen auf der anderen Seite erfordern eine differenzierte Betrachtungsweise. „Das bedeutet für Entwicklungen im medizinischen Bereich sehr unterschiedliche und sogar gegensätzliche Bedarfe“, betont die Internationalisierungs-Expertin. So werden Alternativmodelle für die weniger entwickelten, ländlichen Gebiete interessant, beispielsweise Anwendungen in der Telemedizin. Jedoch stehen diese Bemühungen erst am Anfang, und zu berücksichtigen ist auch, dass nur rund 30 % der Bevölkerung eine Krankenversicherung haben.
Viele große Medizintechnikunternehmen sind bereits in Südafrika vertreten. Um sich als Hersteller am Markt zu bewegen, muss ein Händler gefunden werden. Diese sind zahlreich vorhanden, nur wenige produzieren selbst. Die Plattform dieser Händler ist die South African Medical Device Industry Association (Samed). „Derzeit werden Vorschriften erarbeitet, die das Inverkehrbringen von medizinischen Geräten regeln sollen“, erklärt Tanya Vogt, Chief Operating Officer bei Samed. Dies betreffe unter anderem notwendige Lizenzen und Zertifikate. Bis zur Umsetzung werde aber noch einige Zeit vergehen, ein bis eineinhalb Jahre könne das noch dauern.
Eine exponierte Rolle für den Vertrieb spielen die Ärzte. Sie besitzen bei der Beschaffung von Medizintechnik eine große Macht. „Wichtig ist jedoch nicht nur der Verkauf von Produkten“, betont Tanya Vogt, „sondern die Schulung des medizinischen Personals.“ Aufgrund des Fachkräftemangels verrichten oft nur unzureichend qualifizierte Beschäftigte ihren Dienst in den Krankenhäusern. Allein in den staatlichen Kliniken fehlen rund 4000 Ärzte.
Mehr als 85 Mrd. Rand (rund 9 Mrd. Euro) will die neue Regierung im Finanzjahr 2009/10 in das Gesundheitssystem investieren. Hilfe aus dem Ausland ist willkommen: „Wir hoffen, dass die deutschen Unternehmer ihre Anstrengungen in unserem Land verstärken,“ betonte Sonwabo E. Funde, Botschafter der Republik Südafrika, auf dem Niedersächsischen Außenhandelstag im April auf der Hannover Messe. Dabei könnten sie sich ein afrikanisches Lebensmotto zu eigen machen: „Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Jens-Peter Knauer Fachjournalist in Waldenbuch

„Der Arzt hat das Sagen“

Differenzierte Angebote für Südafrika: Zwei Märkte in einem Land

Der Markt für Medizinprodukte ist in Südafrika von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft geprägt. Die Internationali- sierungsexpertin Sandra Bense erläutert, was die Hersteller auf diesem schwierigen Terrain beachten müssen.
Wie ist der Markt für Medizintechnik in Südafrika derzeit strukturiert?
Der Gesundheitssektor Südafrikas und damit auch der Markt für Medizintechnik ist in zwei Klassen unterteilt: 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung können sich eine private Versorgung leisten und werden auch in hervorragend ausgestatteten, fachlich auf Weltniveau agierenden privaten Krankenhäusern behandelt. 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung haben keine Krankenversicherung. Für sie bieten die öffentlichen Krankenhäuser eine entsprechend rudimentäre Versorgung an.
In welchen Bereichen herrscht der größte Bedarf?
Benötigt werden vor allem günstige Produkte im Bereich der medizinischen Grundversorgung. Sie sollten zuverlässig sein und wenig Instandhaltungsaufwand verursachen. In den vergangenen Jahren wurde zunehmend Digitaltechnik eingeführt, darüber hinaus wurden Röntgengeräte ersetzt. Teleradiologie und Telepathologie spielen eine größere Rolle, gerade in ländlichen Gebieten.
Welche Chancen bietet Südafrika für die Hersteller von Medizinprodukten?
96 Prozent der Medizingeräte in Südafrika werden importiert. Im öffentlichen Sektor kommen aufgrund des Preisdrucks häufig Produkte aus Indien oder China zum Zuge. Bei Hightech-Anlagen spielen nach wie vor die traditionellen Anbieter aus westlichen Ländern eine große Rolle. Hier wird auch schneller modernisiert, was kürzere Produktlebenszyklen und somit eine interessante Wiederverkaufsfrequenz bedeutet.
Welche speziellen Bedingungen müssen die Hersteller erfüllen?
Für elektrische medizinische Geräte benötigen Hersteller eine CE-Zertifizierung und für den Vertrieb eine Lizenz mit einer Registrierungsnummer. Um an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen, müssen sie den bestehenden SABS-Standard erfüllen. Für bestimmte Produkte sind auch die Codes des National Pharmaceutical Product Index bindend.
Was sollten Hersteller beim Vertrieb sonst noch beachten?
Wichtig ist vor allem der direkte Kontakt zu Arzt und Anwender. Bei der Beschaffung von Medizinprodukten haben in der Regel die Ärzte das Sagen. Wer sie von seinen Produkten überzeugen will, sollte auf Trade Shows verzichten. Besser ist die Teilnahme an medizinischen Kongressen.
Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung des Marktes ein?
Ich rechne mit einer stärkeren Verknüpfung des privaten Sektors mit dem öffentlichen. Die FIFA etwa stellt für die WM bestimmte Qualitätskriterien bei der medizinischen Versorgung. Diese können staatliche Krankenhäuser in der Regel nicht erfüllen, weshalb die Regierung die privaten mit ins Boot geholt hat. Eine stärkere Vernetzung und damit höhere Standards könnten sich dauerhaft positiv auf die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung auswirken – und auf die Chancen der Importeure von Medizinprodukten.
Jens-Peter Knauer Fachjournalist in Waldenbuch
Weitere Informationen www.lotse-gmbh.de www.sabs.co.za
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