Segeln ohne Menschen an Bord: Im Juli soll der Streckenweltrekord im autonomen Langzeitsegeln aufgestellt werden. Die optimale Route berechnet eine spezielle Software.
Nur eines hat die ASV Roboat mit den diversen Geisterschiffen gemeinsam, die seit Jahrhunderten durch die Geschichte der Seefahrt spuken, vom „Fliegenden Holländer“ bis zur „Mary Celeste“: Das elegante, Hochsee-taugliche Segelboot gleitet ohne menschliche Besatzung über die Wellen. Mitte Juli wird es in Eckernförde wieder ablegen und aus der Kieler Bucht Richtung Dänemark steuern.
„Das Boot funktioniert absolut vollautomatisch“, erklärt der Professor Thom Frühwirth vom Institut für Programmiermethodik und Compilerbau der Universität Ulm, lediglich die Zielkoordinaten müssten vor dem Start eingegeben werden. „Aber die Routenplanung ist natürlich eine Herausforderung.“ Vor allem aufgrund der oft ungenauen Wetterprognosen. Deshalb verarbeitet Frühwirths Software laufend die von Satelliten gelieferten aktuellen Wetter- und Strömungsdaten und ermittelt dann in Verbindung mit den per Satelliten-Navigation einfließenden Standortangaben die jeweils optimale Route.
Dabei kann mitunter die längere Strecke durchaus die günstigere sein. Auch deswegen arbeitet die Software dem Österreicher zufolge „zweigleisig“: Eine kurzfristige Planung jeweils für die nächsten Stunden und eine längerfristige für einige Tage. Eine weitere Software steuert daraufhin unter Berücksichtigung verschiedener Sensordaten sowie der Bootscharakteristik die notwendigen Segelmanöver, Wenden oder Halsen inklusive.
Insofern ist der Name des Boots durchaus Programm: ASV steht für Autonomous Sailing Vessel, Roboat für Roboterboot. Entwickelt hat das technische Meisterwerk, das als weltweit führendes Roboter-Segelboot gilt, ein Forscherteam der österreichischen Gesellschaft für innovative Computerwissenschaft (InnoC), inzwischen bereits mehrfach Weltmeister im autonomen Robotersegeln.
In dem Boot sind gleich mehrere anspruchsvolle wie zukunftsträchtige Technologien vereint. Nicht nur, dass die Segel mit Hilfe von Elektromotoren getrimmt werden: Die Energie für Rechner und Steuerungselemente liefert eine bordeigene Hybridtechnik bestehend aus Solaranlage und einer Direkt-Methanol-Brennstoffzelle. Sie lädt die beiden Blei-Gel-Batterien auf, wenn keine Sonne scheint.
Das Ziel bei dem Weltrekordversuch im Juli: „60 Seemeilen wollen wir schaffen“, so Frühwirth, „das hat bisher noch niemand erreicht“.Zugleich zeichneten sich eine konkrete Nutzungen der Technologie ab: bei der Sammlung von Messwerten auf See etwa oder der Kontrolle von Fischbeständen. Wissenschaftler aus Wien und Oregon/USA zum Beispiel planen bereits den Einsatz in der Walforschung.
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