Mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit von Titanimplantaten und -instrumenten zu verbessern, startete ein Projekt zur Optimierung der Leichtmetall-Oberflächen. Als Beschichtungsverfahren wählten die Forscher aus Schwäbisch-Gmünd die plasma-elektrolytische Oxidation.
Titan und Titanlegierungen haben als Werkstoffe eine herausragende Bedeutung für die Medizintechnik. Die Gründe hierfür sind unter anderem die Biokompatibilität des Titans, seine hohe chemische Beständigkeit und Korrosionsbeständigkeit, seine hohe spezifische Festigkeit sowie sein gutes Ermüdungsverhalten.
Da aufgrund einiger ungünstiger Merkmale wie schlechter tribologischer Eigenschaften, der hohen Reibungskoeffizienten sowie der Neigung zu Kaltverschweißung und zu Reibkorrosion die Einsatzmöglichkeiten des Titans nicht voll ausgeschöpft werden können, wurde dieses Forschungsprojekt initiiert. Ziel ist es, die Gebrauchseigenschaften, die Leistungsfähigkeit sowie die Einsatzlebensdauer von Titanimplantaten und -instrumenten zu verbessern. Auch gilt es, ein tieferes Verständnis des Einflusses von Verfahrensparametern auf die Schichteigenschaften zu gewinnen sowie eine Spezifizierung von Prüfverfahren zur Charakterisierung dieser Eigenschaften zu erarbeiten.
Der Lösungsweg zur Verbesserung der Gebrauchseigenschaften des Titans ist die Veränderung der chemischen Natur und der mechanischen Eigenschaften der Titanoberfläche durch Applikation einer Beschichtung. Sie weist unter anderem folgende Eigenschaften auf: gute Haftung auf dem Grundmaterial, hohe Schichthärte, geringer Reibkoeffizient und hohe chemische Beständigkeit. Das Beschichtungsverfahren der Wahl ist die plasma-elektrolytische Oxidation (PEO).
Das Projekt unterteilt sich in mehrere Arbeitsabschnitte. Zunächst wurden die Prozessschritte des Beschichtungsverfahrens qualifiziert, wobei neben den verschiedenen Verfahren zur Vor- und Nachbehandlung besonders die Entwicklung der Anodisationsparameter im Vordergrund stand. Dabei wurden verschiedene Einflussgrößen beim Plasma-Anodisieren wie Elektrolytzusammensetzung, Temperatur und Stromdichte variiert.
Hinsichtlich der Zusammensetzung des stark alkalischen Elektrolyten wurde für die beiden Grundkomponenten (Alkalie und Schichtbildner) ein Parameterfenster für eine anforderungsgerechte Schichtbildung erarbeitet. Außerhalb dieses Fensters können zahlreiche unerwünschte Effekte auftreten, beispielsweise das völlige Ausbleiben einer Funkenentladung oder lediglich die Bildung einer dünnen Interferenz-Schicht wie beim herkömmlichen Farbanodisieren – oder das Auftreten einer Funkenentladung, die sich jedoch lokal „festfrisst“ und so statt Schichtbildung eine örtliche Zerstörung des Werkstücks bewirkt.
Was Elektrolyttemperatur und Stromdichte anbelangt, kann die Schichtbildung prinzipiell in einem breiten Wertebereich erfolgen. Um gleichmäßige, konstante und reproduzierbare Schichteigenschaften zu erzielen, sollten diese Parameter aber dennoch konstant gehalten werden.
Der Einfluss der Variation der verschiedenen Anodisierparameter auf die Schichteigenschaften wurde durch Schicht- und Materialanalysen mittels GDOES und REM/EDX sowie mittels tribologischer Prüfungen untersucht. Es zeigte sich hierbei, dass aufgrund der charakteristischen Eigenschaften der plasma-anodisierten Schichten (geringe Dicke von 1 bis 2 μm, hohe Rauigkeit) in einigen mechanischen beziehungsweise tribologischen Prüfungen stark schwankende, kaum reproduzierbare Messwerte auftraten.
In weiterführenden Versuchsreihen wurde der Einfluss physiologischer Medien wie Ringer-Lösung oder künstlichem Speichel, aber auch korrosiver Medien wie verdünnter Schwefelsäure untersucht, wobei die plasma-elektrolytisch erzeugten Schichten eine hervorragende Beständigkeit aufwiesen. Fluoridhaltige saure Lösungen dagegen greifen die Titandioxidschichten an.
Die mit dem entwickelten Verfahren erzeugten Schichten sind der herkömmlichen Farbanodisation in vielerlei Hinsicht überlegen, zudem können die Prozessparameter in einem weiten Bereich variiert werden, so dass der Beschichter die Möglichkeit hat, das Verfahren auf seine individuellen Anforderungen abzustimmen.
Das IGF-Vorhaben 16965N des Vereins für das Forschungsinstitut für Edelmetalle und Metallchemie (FEM) ist über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert.
Jörg Freudenberger Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie (FEM), Schwäbisch Gmünd
Weitere Informationen Über das Institut für Edelmetallforschung: www.fem-online.de
Plasma-anodisierte Schicht verbessert Titanoberfläche
Ihr Stichwort
- Medizinprodukte aus Titan
- Neues Beschichtungsverfahren
- Plasma-elektrolytische Oxidation
- Biokompatibel, hohe Schichthärte
- Geeignet für hohe Biegebelastung
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Was leisten additive Fertigungstechnologien heute? Mit der neuen Projektionsmikro-Stereolithografie lassen sich Mikroteile als Prototypen oder Serienteile in höchster Genauigkeit und Präzision fertigen. Dies lohnt sich selbst bei kleinen und mittleren Serien. Mehr erfahren Sie…
Teilen: