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Erst verpacken, dann sterilisieren

Gas-Plasma-Sterilisation: Geeignet für empfindliche Produkte
Erst verpacken, dann sterilisieren

Die Gas-Plasma-Sterilisation ist besonders gut für thermolabile Kunststoffe und für hochwertige elektronische Bauteile geeignet. Als Lohnsterilisierer macht die Meise GmbH das Verfahren auch anderen Medizintechnik-Unternehmen zugänglich.

Auf den ersten Blick wirkt der LapStick wie ein kleines Spielzeugboot mit Stielaugen. Doch im Inneren des Gerätes befindet sich eine Leiterplatte mit empfindlicher Elektronik – keinesfalls geeignet, um von kleinen oder großen Jungs in der Badewanne zu Wasser gelassen zu werden.

Der LapStick ist eine Art Fernbedienung für den LapMan (Laparoscopic Manipulator), ein medizinisches Robotersystem für die Bauchspiegelung. Direkt auf das Instrument des Chirurgen aufgesetzt, lassen sich mit dem batteriebetriebenen Gerät die Bewegungen des Halte- und Führungssystems während des Eingriffs exakt steuern. Entwickelt hat den LapMan das im belgischen Gembloux ansässige Unternehmen Medsys.
„Der LapStick ist für den einmaligen Gebrauch vorgesehen“, erklärt Laurent Ferrière, Chefingenieur bei Medsys, „und muss in sterilem Zustand geliefert werden.“ Da es sich um ein elektronisches Gerät handelt, sind herkömmlichen Sterilisationsverfahren natürlich Grenzen gesetzt. „Die Gamma-Bestrahlung ist ungeeignet, weil dadurch der Programmspeicher gelöscht werden würde“, erläutert Ferrière. Auch Dampfsterilisation komme nicht in Frage – das batteriebetriebene Gerät würde die hohen Temperaturen nicht vertragen. Die Ethylenoxid-Sterilisation schließlich sei wegen der damit verbundenen Explosionsgefahr für dieses Produkt sogar verboten. „In Anbetracht dessen“, fasst der Ingenieur zusammen, „sichert allein die Gas-Plasma-Sterilisation die weltweite Garantie für unser Produkt.“
Auf diesem Gebiet gehört die Meise GmbH Medizintechnik aus Schalksmühle zu den ausgewiesenen Spezialisten in Europa. Das 1983 gegründete Unternehmen, das rund 60 Mitarbeiter beschäftigt, produziert unter anderem Schlauchsysteme für die Dialyse sowie Plasmaflaschen aus Kunststoff. Bereits seit Anfang der 90er Jahre nutzt Meise die Gas-Plasma-Sterilisation. „Andere Verfahren sind für die Schlauchsysteme nicht geeignet“, sagt Nicole Kinze, die bei Meise als Projektmanagerin den Sterilisationsbereich verantwortet. „Beim Autoklavieren beispielsweise treten Weichmacher aus, die den Patienten schädigen können. Das Bestrahlen wiederum verfärbt die Schläuche und macht das Material brüchig.“
Zunächst nutzte das Unternehmen Plasmasterilisatoren vom Typ Sterrad des US-amerikanischen Herstellers Johnson & Johnson. Mit einem Nutzvolumen von 80 l haben sich diese Geräte, die optisch an große Waschmaschinen erinnern, für industrielle Zwecke jedoch als zu klein erwiesen. Also ging Meise Ende der 90er Jahre eine Kooperation mit der Universität Wuppertal und einem Anlagenbauer aus Siegen ein, um ein Produkt zu entwickeln, das den eigenen Ansprüchen genügt. Ergebnis: Die Steriplas 1000, der größte Plasmasterilisator der Welt. Seit Anfang 2001 ist die Anlage in Betrieb. Sie bietet ein Nutzvolumen von 430 l, der Innenraum besitzt ein Fassungsvermögen von 1000 l.
Mit dieser Anlage lassen sich weitaus größere Mengen als zuvor sterilisieren. Das Verfahren selbst funktioniert auf einfache Weise. Eine Mitarbeiterin befüllt einen Transportwagen mit den fertig verpackten Produkten und schiebt ihn in die Anlage. Nach dem Schließen der Tür läuft das Programm an, das sich in fünf Phasen unterteilt:
  • Vakuumphase Absenken des Geräteinnendrucks
  • Injektionsphase Verdampfen von Wasserstoffperoxyd
  • Diffusionsphase Verteilen des Wasserstoffperoxyds auf das Sterilisationsgut
  • Plasmaphase Überführen des Wasserstoffperoxyds in die Plasmaphase mittels Hochfrequenz
  • Belüftungsphase Reste des Wasserstoffperoxyds zerfallen zu Sauerstoff und Wasser
Ein Wagen durchläuft das Programm zwei Mal für jeweils rund 45 Minuten. „Wir überwachen den gesamten Zyklus online, zeichnen ihn sekundengenau auf und dokumentieren das Ganze“, betont Nicole Kinze. Das Verfahren erfüllt die gesetzlichen Vorgaben nach DIN EN ISO 14937 für nicht standardisierte Sterilisationsverfahren. Die Validierung muss dabei für jedes einzelne Produkt erfolgen.
Besondere Ansprüche stellt die Gas-Plasma-Sterilisation lediglich an die Verpackung. Diese muss so engmaschig sein, dass das Gas hindurchkommt – Keime aber nicht. Stark absorbierende Materialien wie Baumwolle, Papier und Kartonagen sind für das Verfahren nicht geeignet, ebensowenig Produkte mit hoher Restfeuchte, leicht oxidierbaren Oberflächen sowie geschlossene Hohlkörper.
Seit Mai vergangenen Jahres bietet Meise das Verfahren auch im Rahmen der Lohnsterilisation an – unter anderem für das belgische Unternehmen Medsys. Dieses hatte seine Produkte zuvor bei BGS sterilisieren lassen. Als der Bestrahlungsdienstleister die Gas-Plasma-Sterilisation aus dem Programm nahm, wechselte Medsys zu Meise. Chefingenieur Ferrière ist mit dem Service zufrieden: „Wir schicken die LapSticks mit einem Paketdienstleister nach Deutschland und bekommen die Produkte innerhalb kurzer Zeit in sterilisiertem Zustand zurück.“ Die Kosten bleiben im Rahmen, auch weil der Dienstleister über die leistungsfähige Steriplas 1000 verfügt. Für den Standardprozess – eine Kammer in 90 Minuten – stellt Meise 180 Euro in Rechnung, sofern der Wagen voll beladen ist. Als relativ kostenaufwendig habe sich allerdings die Validierung erwiesen. „Nur ein paar Labore bieten diesen Service an“, berichtet Ferrière, „zudem dauert die Validierung ziemlich lange und ist im Vergleich mit anderen Sterilisationsverfahren relativ teuer.“ Für den LapStick sei das Verfahren jedoch das beste, betont der Chefingenieur, und: „Wir haben in Meise einen sehr guten Partner gefunden.“
Bei dem Medizintechnik-Spezialisten in Schalksmühle gibt man sich mit dem Erreichten jedoch nicht zufrieden. Insbesondere den Bereich der Lohnsterilisation will das Unternehmen weiter ausbauen. „Die nächste Gas-Plasma-Sterilisationsanlage ist bereits bestellt, und sie wird das doppelte Fassungsvermögen bieten“, kündigt Nicole Kinze an. Anfang 2010 soll die neue Anlage in Betrieb gehen. Ihr Name: Steriplas 2000.
Jens-Peter Knauer Journalist in Waldenbuch
Weitere Informationen: www.meise.com www.medsys.be

Vorteile
Die Gas-Plasma-Sterilisation mit der Steriplas 1000 bietet vor allem für Produkte aus Kunststoff und für hochempfindliche Bauteile eine Reihe von Vorteilen:
  • Niedrige Arbeitstemperatur Bei 45 bis 55 °C ist die Sterilisation thermolabiler Materialien möglich. Kunststoffe verformen und verfärben sich nicht. Energiesparend.
  • Kein Einsatz von toxischen Chemikalien oder Radioaktivität Es fallen keine toxischen Rückstände an. Damit ist das Verfahren ungefährlich für Bediener und Patienten. Umweltschonend.
  • Kurze Sterilisationszeit Das Sterilisationsgut wird schonend behandelt. Die kurze Umlaufzeit erlaubt den mehrmaligen Einsatz am Tag.
  • Keine Korrosionsgefahr Damit ist auch das Sterilisieren von hochempfindlichen elektronischen Bauteilen möglich.
  • Validierung Die Gas-Plasma-Sterilisation ist nach DIN EN ISO 14937 für nicht standardisierte Sterilisationsverfahren validiert.

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