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„Die Tür zur automatischen Bildanalyse ist aufgestoßen“

Nobelpreisträger Professor Binnig: Maschinelle Inspektion medizinischer Bilder hebt diagnostische Qualität
„Die Tür zur automatischen Bildanalyse ist aufgestoßen“

Die Pharmaindustrie schätzt die digitale Bildverarbeitung als Werkzeug zur Massendatenanalyse. „In der Medizin erwacht das Interesse“, konstatiert Professor Gerd Binnig. Für Definiens hat er die Cognition Network Technology (CNT) entwickelt: Künstliche Intelligenz für Pathologen.

Wie arbeitet das neu entwickelte Bildanalyseverfahren?

Die Cognition Network Technology erkennt zuerst die Pixelinformationen eines Bilds, dann werden die Daten anhand von Farbe, Form und Größe sinnvoll strukturiert in Fragmente, Segmente und Objekte. Wie im menschlichen Gehirn entsteht ein hierarchisches Netz der Bildinhalte – liegen neben einem Kreis Messer und Gabel, so wissen wir, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Teller ist. Konventionelle Algorithmen bearbeiten hingegen das gesamte Bild und klassifizieren die Punkte meist nur nach Farbe.
In der Medikamentenentwicklung hat Ihre Software einen festen Platz. Welche Prozesse werden hier unterstützt?
Um beispielsweise die Ungiftigkeit eines Medikaments zu beweisen, wird mit Zellkulturen und Zellschnitten gearbeitet. Das ist ein langwieriger Prozess, bei dem innerhalb eines Tages bis zu 200 000 Bilder mit komplexen Inhalten halb- und vollautomatisch entstehen. CNT beschleunigt deren Analyse, indem sie Zellen erkennt sowie trennt und automatisch durch einen Umgebungsvergleich zelluläre Bestandteile identifiziert wie den Zellkern.
Welche weiteren Einsatzfelder in Lebenswissenschaften sind viel versprechend?
Licht- und elektronenmikroskopische 2-D- und 3-D-Bilddaten sind heute etablierte Informationsquellen in der Medizin und Biologie. In der Medizin erwacht gerade das Interesse an einer automatischen Vordiagnose von Datensätzen wie beispielsweise der Charakterisierung von Gewebe- und Zellzuständen. Die Tür zur schnellen, zeitnahen und automatischen Bildanalyse ist aufgestoßen.
Was sind denn die Schwächen alternativer Methoden?
Die althergebrachten Verfahren sind dann erfolgreich, wenn die gesuchten Strukturen homogen sind und ein klarer Kontrast zum Hintergrund besteht – was in medizinischen Aufnahmen selten der Fall ist. Und die manuelle Auswertung ist zeit- und ressourcenaufwendig. Dabei sind Ärzte schon heute mit den riesigen Informationsmengen überfordert und die Datenbanken schwellen ja noch an. Zudem fehlt es – eine höchst bedenkliche Entwicklung – zunehmend an Pathologen. Quantitative Verfahren sind außerdem objektiver: CNT ist in der Interpretation weit weniger Schwankungen unterworfen.
Wie kommt CNT in den Markt?
Die Software wird integriert durch Gerätehersteller und Lösungspartner wie Evotec, Palm Microlaser Technologies, Beecher Instruments oder Dmetrix. An der Weiterentwicklung beteiligt sich neuerdings auch das renommierte Massachusetts Institute of Technology in Cambridge.
In welche Richtung wird die Software optimiert?
Natürlich verbessern wir konstant vordefinierte, aber modifizierbare Analyseprozesse, die Detektionsalgorithmen sowie Mess- und Datenakquisitionsaktionen. Und wir arbeiten am einfacheren Training.
Was wird sich am Training des Systems verbessern?
Bisher muss der Mediziner dem Programmierer erklären, was auf einer medizinischen Aufnahme eine Leber oder Lunge ist, und der bringt es dem Computer bei. Nun sind wir in dem Stadium, in dem der Mediziner das System alleine eintrainiert. Und wir haben auch bereits gute Ansätze, dem Anwender transparent zu machen, welches Verfahren für welches Objekt geeignet ist, um dieses aus der Pixelsuppe herauszufischen. Generell haben wir die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit für die Analyse komplexer Systeme nutzbar gemacht – unser Fernziel ist eine Technologie, die das Verhalten größerer biologischer Systeme wie der Zellen simuliert.

Bildgestützte Diagnostik
An der Auswertung medizinischer Digitalbilder feilen nicht nur Gerätehersteller wie Siemens, GE Healthcare, Philips oder Toshiba. In Projekten sind Imaging-Systeme mit Generalanspruch oder Spezialanwendungen entstanden, die sich auf Bildtypen oder anatomische Bereiche konzentrieren. Eine Liste der Forscher- und Entwicklergruppen im deutschsprachigen Raum bietet die Deutsche Gesellschaft für medizinische Informatik. www.imse.med.tu-muenchen.de/mi/agbild/bvgruppen.html
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