Das Herz pumpt, Flügel vibrieren, Laute werden erzeugt und empfangen – das Leben ist ohne Schwingungen kaum denkbar. Auch die Medizintechnik bedient sich bei der Entwicklung ihrer Geräte der berührungslos arbeitenden Laser-Vibrometrie.
Ultraschallbasierte bildgebende Verfahren sind als diagnostisches Werkzeug Standard in Krankenhäusern und heute auch in fast jeder Arztpraxis zu finden. Der nächste Schritt ist die Verwendung ultraschallunterstützter oder ultraschallbasierter Instrumente im OP und in der ambulanten Behandlung. Dabei unterscheidet man zwischen den invasiven Instrumenten und den Instrumenten mit indirekten Wirkmechanismen.
Zu den invasiven Instrumenten zählen ultraschallunterstützte Skalpelle, Koagulatoren, Instrumente zur intravenösen Beseitigung von Thrombosen oder zur Liposuktion, aber auch Instrumente zur dentalen Plaqueentfernung. Ihnen ist gemeinsam, dass sie direkt mit dem Gewebe in Berührung kommen. Versagt ein Instrument, beispielsweise durch einen Ermüdungsbruch, können Trümmer im Körper des Patienten verbleiben und akute oder langfristige Schäden verursachen. Dies wird durch eine richtige Auslegung des Instruments verhindert. Die Schwingbewegungen zahnmedizinischer Ultraschall-Scaler zu visualisieren, ist wegen der hochfrequenten Schwingungen und der kleinen Auslenkungen sehr schwierig. Mit Hilfe der Laser-Vibrometrie konnten die Schwingungsmuster dieser Ultraschallwerkzeuge im Detail untersucht werden, um die bestgeeignete Bauform zu finden.
Das Herz aller Vibrometersysteme von Polytec ist das Laser-Doppler-Vibrometer – ein hochgenauer optischer Sensor für die Messung von Schwinggeschwindigkeit und Schwingweg. Er erfasst Schwingungen über Änderungen in der Frequenz des Lichts, das von der vibrierenden Oberfläche zurückgestreut wird. Für die Entwicklung von Ultraschallinstrumenten in der Medizin sind bestimmte Eigenschaften der laserbasierten Schwingungsmessung von Vorteil. Dazu gehört die völlige Rückwirkungsfreiheit, eine hohe Ortsauflösung sowie die Fähigkeit, hohe Frequenzen zu messen.
Bei der Auslegung eines Ultraschallwerkzeugs verwendet man in der Regel ein Simulationsmodell, das im Verlauf der Prototypenphase verifiziert wird. Der ultraschallbasierte Schneideprozess arbeitet mit hohen Energien, daher ist beim Schneiden ein nicht lineares Verhalten anzunehmen, was der Test bestätigen kann. Zu einer solchen Verifikation von FE-Modellen bietet die scannende Vibrometrie ideale Voraussetzungen: Das Verfahren ist punktorientiert. Das heißt, ein Laser (beziehungsweise bei 3D-Verfahren drei Laser) tastet die Oberfläche des Messobjekts an vorgegebenen Punkten automatisch ab und erfasst die lokale Schwingung. Die Punktmessungen werden dann zu einer Schwingform zusammengesetzt. Außerdem kann das Messgitter direkt aus einem FE-Netz gewonnen werden.
Wird der Prototyp breitbandig angeregt, erhält man für alle Anregungsfrequenzen die Schwingformen. Nach einer Modenextraktion in einem Modalanalyseprogramm wird die Übereinstimmung mit dem Modell bestimmt, beispielsweise als MAC-Wert (Modal Assurance Criterion).
Da die Messwerte direkt an den Knotenpunkten des FE-Gitters aufgenommen werden, ist ein gutes Model-Update unter Berücksichtigung der gemessenen Parameter, beispielsweise von Dämpfungswerten, möglich. Ein Vorteil dabei ist, dass die Vibrometer-Messungen auch Eigenschaften abbilden, die sich nur schwer modellieren lassen. Beispielsweise besteht bei dünnen Bauteilen wie Drahtaktoren oder Klingen die Gefahr der Modenkopplung. Das heißt, der eigentlich gewünschte Modus des Aktuators regt einen parasitären Modus, beispielsweise einen Biegemodus an, der dann zu hohen Spannungen im Bauteil und damit zum vorzeitigen Versagen führt.
Da der Bruch beispielsweise einer Schneide während der Operation fatale Folgen haben kann, ist auch die Betriebsfestigkeit und damit die Bestimmung der maximalen Spannungen im Betriebszustand eine unverzichtbare Aufgabe. Wichtig ist die Dokumentation dieses Schritts, um bei immer häufiger werdenden Schadensersatzprozessen den Beweis antreten zu können, dass das Produkt nach dem Stand der Technik ausgelegt war.
Die 3D-Scanning-Vibrometrie bietet zusätzlich auch die Möglichkeit, dynamische Spannungs- und Dehnungsverteilungen zu messen und mit den berechneten Werten zu vergleichen. Dazu wird aus den gemessenen dynamischen Verschiebungen unter Verwendung der Messgittergeometrie die relative Dehnung zwischen den Messpunkten berechnet und damit eine Spannungs- und Dehnungsverteilung dargestellt.
Im Unterschied zu den invasiven Instrumenten sind diagnostische Ultraschallinstrumente und bildgebende Verfahren in der Regel mit einer Sende- und Empfangseinheit ausgestattet, deren beider Schwingungsverhalten charakterisiert werden kann. Als Sender dienen beispielsweise mikrogefertigte Ultraschall-Transducerarrays. Hier kann die Laservibrometrie Detailaufnahmen des zeitlichen Verhaltens liefern, die für Wellenfrontkorrekturen genutzt werden können. su
Methoden-Tool: Einbinden von 3D-Messgittern
Messgitter einer Ultraschall-Werkzeugspitze: Das Messgitter wurde in diesem Fall durch genaue Geometriemessung mittels Triangulation der drei Laserstrahlen des PSV-3D ermittelt.
Gitterimport: Ein Gitter kann aus dem FE-Programm in das Messsystem importiert und dann anhand einiger Referenzpunkte mit der Lage des Messobjekts abgeglichen werden.
Beispiel für gewünschte Schwingformen: Die bei 20 kHz gemessene Schwingform entspricht weitgehend der gewünschten Schwingung, die für die Anwendung notwendig ist. Die Bewegung ist fast über die ganze Länge der aktiven Fläche einheitlich.
Beispiel für unerwünschte Schwingformen: Bei einer etwas höheren Frequenz tritt ein anderer Modus in den Vordergrund, bei dem der aktiven Bewegung eine Biegeeigenform überlagert wird. Dies lässt unbefriedigende Ergebnisse erwarten.
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