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Absatzchancen für deutsche Medizintechnik

Polen: Ansprechende Markteintrittsbedingungen und interessante Perspektiven
Absatzchancen für deutsche Medizintechnik

Laut Experten bietet der Medizintechnikmarkt Polens Perspektiven. Durch ein neues Gesetz werden Krankenhäuser privatisiert und modernisiert. So könnte eine verstärkte Nachfrage nach neuer Technik, auch aus Deutschland, entstehen.

Nahe und doch etwas fern – ein Nachbarland, das man kaum kennt. So erging es mir während meines ersten Besuchs in Polen im Rahmen einer Pressereise im vergangenen Oktober. Diese wurde durch das polnische Wirtschaftsministerium und die Marktforschungsagentur Ageron Polska aus Warschau organisiert. Das Promotion-Programm der polnischen Regierung hatte das Ziel, ausländischen Journalisten und Unternehmern den polnischen Medizintechnikmarkt vorzustellen und die Vorzüge und Möglichkeiten Polens auf diesem Sektor nahe zu bringen.

Die Tradition, medizinische Geräte herzustellen, reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Obwohl die politische Lage damals nicht einfach war, wurden auf dem polnischen Gebiet Firmen gegründet. Allerdings spielten sich die wirklich innovativen und bedeutenden Entwicklungen von Medizingeräten in den Jahren 1920 bis 1940 ab.
Ein interessantes Beispiel ist die Entwicklung von Famed Zywiec S.A. Das Unternehmen hat bereits im Jahre 1921 mit der Herstellung von Betten und Möbeln aus Stahl begonnen und wurde in den darauffolgenden Jahren zu einem der Marktführer im Bereich der Krankenhausausstatter. Famed ist bis heute auf dem Markt präsent, weitere Unternehmen haben sich dazugesellt. Diese beschäftigen sich vorwiegend mit der Entwicklung moderner Technologien für den Krankenhausbedarf.
Dr. Markus Reichel, Geschäftsführer des Dresdner Beratungsunternehmens für internationale Strategien (Dreberis), bewertet den heutigen polnischen Medizintechnikmarkt durchaus als chancenreich (Interview Seite 50). Seine Beratungsfirma führte 2011 ein Vermarktungshilfeprojekt für den polnischen Medizintechnikmarkt durch. Unter den 18 teilnehmenden deutschen Unternehmen war die ACL GmbH aus Leipzig.
Seit 15 Jahren hat sich dieses Unternehmen auf die Entwicklung und Herstellung von geschlossenen Panel-PCs und Displays für den Einsatz in hygienisch sensiblen Bereichen spezialisiert. Rund die Hälfte aller deutschen Universitätskliniken setzen Produkte von ACL ein. Verkaufsleiter Thomas Wollesky zeigt sich über den Verlauf und den erbrachten Mehrwert überaus zufrieden: „Das Projekt hat uns sowohl einen guten Einblick in den polnischen Markt, als auch mehrere potenzielle Distributorkontakte vermittelt. Ein besonders interessanter Kontakt ergab sich zur Varimed GmbH in Leszno.“ Nach mehreren Besuchen vor Ort wurde Varimed zum Distributor für die Leipziger. Der polnische Partner vertreibt unter anderem Endoskopiegeräte von Pentax. ACL liefert dafür die benötigten medizinischen Displays. Vor dem Markteintritt wurden Evaluierungen mehrerer Produkte aus dem ACL-Portfolio gemacht. Im Anschluss wurde anhand von Spezifikationswünschen von Varimed ein Standardprodukt für den polnischen Markt konfiguriert und hergestellt.
Aber auch in entgegengesetzter Richtung funktioniert der Austausch. Laut einer im Oktober 2012 vorgestellten Studie des polnischen Wirtschaftsministeriums über die Branche medizinischer Ausrüstung ist das Bruttoinlandsprodukt in diesem Segment seit 1995 jährlich durchschnittlich um 4,8 % gestiegen. Zwischen Januar und November 2011 lag der Wert polnischer Exportware bei rund 125 Mrd. Euro. Dies entsprach 113 % des gleichen Zeitraums aus dem Vorjahr. Der größte Zuwachs im Export wird Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Tschechien und Russland beigemessen. Die hauptsächlichen Ausfuhrprodukte sind vor allem ophthalmologische Apparate und Instrumente, Elektrokardiographen sowie kryogenische Kammern.
Die polnische Unternehmerin Aneta Dyner berichtet, dass rund 50 % des jährlichen Umsatzes von Chirmed durch die Ausfuhr nach Deutschland generiert wird. Die Exportschwerpunkte des polnischen Unternehmens aus Rudniki/Czestochowy in die Bundesrepublik sind chirurgische und dentale Instrumente. Über den Ausblick auf das laufende Jahr erklärt Dyner, dass Sie eine Umsatzsteigerung von bis zu 25 % erwarte und der Medizintechniksektor „richtig brummen“ werde. Das Unternehmen importiert aus Deutschland vor allem Rohmaterialien wie Edelstahl, Titan sowie Mikroskope und Messinstrumente.
Aufgrund des Gesetzes „über die Erbringung von medizinischen Leistungen“, dass am 1. Juli 2011 in Kraft trat, birgt der polnische Markt viel Potenzial für Hersteller von Medizintechnik. Das Gesetz sieht die Modernisierung des Gesundheitswesens vor. Medizinische Einrichtungen in Polen müssen so bis 2016 die sanitär-hygienischen Standards der Europäischen Union erfüllen. Hierfür sind umfangreiche Investitionen in medizinische Ausrüstung notwendig. Die Nachfrage nach modernen Geräten besteht sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich. Nach Angaben des polnischen Gesundheitsministeriums gibt es derzeit rund 751 Krankenhäuser, davon sind etwa 620 öffentliche Gesundheitseinrichtungen. Zusätzlich müssen rund 40 private Krankenhäuser medizintechnisch versorgt werden. Außerdem verfügt das Land über 17 000 ambulante Gesundheitseinrichtungen. Interessant für deutsche Unternehmen ist auch die größte polnische medizinische Fachmesse Salmed in Poznan. Sie öffnet im Zweijahresrhythmus ihre Tore für Fachbesucher. Vom 10. bis 12. Februar 2014 werden erneut rund 300 Aussteller aus über 20 Ländern erwartet. Laut Veranstalter wurde die Salmed 2012 von über 6000 Fachbesuchern als Branchentreff genutzt.
Auch nach Angaben der Germany Trade and Invest (GTAI) wird die Nachfrage für medizintechnischer Ausrüstung stark zunehmen. Dies rührt zum einen aus dem hohen Bedarf, der durch die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen zu decken ist. Zum anderen könnten durch die erwähnte Kommerzialisierung öffentlicher Krankenhäuser Impulse gesetzt werden. Zusätzlich soll es eine nicht unerhebliche Nachfrage des privaten Gesundheitswesens geben: Aufgrund steigender Löhne sind Patienten verstärkt dazu bereit, mehr Geld für privat-ärztliche Behandlungen auszugeben. Der Bedarf an medizinischem Gerät soll durch die vom Gesundheitsministerium betreuten nationalen Gesundheitsprogramme abgedeckt werden. Benötigt werden hauptsächlich Geräte der bildgebenden Diagnostik, Herzschrittmacher, Dialyseapparate und Ausrüstung für Intensivstationen.
Momentan stellt die Regierung mit 13 Programmen Finanzierungshilfen zur Verfügung. Die Bekämpfung von Krebserkrankungen ist das umfangreichste Programm. Aufgrund der Tatsache, dass die Gesundheitseinrichtungen verpflichtet sind, die Beschaffung von Medizintechnik öffentlich auszuschreiben, könnten sich in den kommenden Jahren Geschäftschancen für Unternehmen bieten. Dies ist auch eine Chance für deutsche Unternehmen in diesem Bereich.
Ein Markteintritt in Polen ist aufgrund der EU-Mitgliedschaft nicht allzu problematisch, wie Unternehmen, die am Dreberis-Programm teilnahmen, berichten. Es gelten die gleichen Regularien und Zertifizierungen wie in Deutschland. Des Weiteren sind internationale Schutzrechte, wie das Patentgesetz, Markenzeichen und Urheberrechte an internationales Recht angeglichen.

Schritte zur Firmengründung in Polen
Notwendige Behördengänge:
      • Ausfertigung einer notariell beglaubigten Gründungsurkunde
      • Eintragung in das Landesregister des Wirtschaftsgerichts
      • Registrierung beim Statistischen Hauptamt
      • Eintritt in die Sozialversicherung
      • Beantragung einer Gewerbekonzession
      • Einrichtung eines polnischen Bankkontos
      • Registrierung beim Finanzamt
Benötigte Unterlagen:
      • Antrag auf Eintragung in das Register
      • Gründungsurkunde
      • Auszug aus dem Handelsregister
      • Erklärung des Unternehmens für die Gründung einer Vertretung in Polen
      • Erklärung des Unternehmens, welcher Teil des Aktiens- (oder Gründungskapitals) eingezahlt wurde
Rechtsformen und sonstige Modalitäten
      • Kommanditgesellschaft (KG)
      • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH); Mindestkapital: 12 500 Euro
      • Aktiengesellschaft (AG); Mindestkapital: 125 000 Euro
      • Gesetzlicher Mindestlohn: 360 Euro pro Monat
      • Arbeitszeitregelung: bis zu 8 Stunden, in Ausnahmefällen auch bis zu 12 Stunden

Ihr Stichwort
      • Gesundheitssystem
      • Wachstumsmarkt
      • Firmengründung
      • Import-Regularien
      • Krankenhausbedarf
      • Bildgebende Diagnostik
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